Was erwartet man im WG-Zimmer eines Studenten am ehesten? Viele Bücher? Bei Oliver Ingold stehen nur ein paar in einem schmalen Regal. Daneben ein Bett, ein Schrank, ein Pult – und über 200 Zimmerpflanzen.

Sie stehen in Gruppen auf dem Schreibtisch, wo gerade noch Platz für den Laptop bleibt. Sie baumeln vom Schrank, sie schlängeln sich an Holzleisten entlang in die Höhe. Sie kuscheln sich in einem Terrarium aneinander und stehen zahlreich rund ums Fenster. Und das auf 13 Quadratmetern. In diesem Zimmer in einer Berner Altbauwohnung sind die Pflanzen in den letzten drei Jahren zu einem Dschungel gewachsen.

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Oliver Ingold hatte nicht viel mit Pflanzen zu tun, als er 2019 hierherzog. Er ist zwar im ländlichen Oberaargau aufgewachsen, verbrachte viel Zeit draussen und zog auch das ein oder andere Bäumchen aus einem Avocadokern. Aber zum Pflanzenfreak wurde er erst, als er sein erstes WG-Zimmer in Bern einrichtete.

Als Deko kaufte er ein paar Zimmerpflanzen. Für ihre Pflege suchte er im Internet nach Tipps. Dabei lernte er viele Pflanzenfans kennen, die in Foren fachsimpeln und auf Instagram mit ihren Sammlungen prunken. Welches Problem man auch immer hat: Die Community weiss Rat – und zwar schnell.

Samen beobachten

Der Student deckte sich bei Gleichgesinnten mit Ablegern, Stecklingen oder Samen ein. Weil Budget und Platz beschränkt sind, reicht es nur für kleine Gewächse. «Aber das Wichtigste ist mir sowieso, wenn ich beobachten kann, wie die Pflanze immer grösser wird.» Mittlerweile kauft er am liebsten nur Samen. So kann er die einzelnen Stadien des Wachstums mitverfolgen.

Ingold lässt den Blick über seine Pflanzen schweifen. Er weiss genau, welche wo steht, wie es ihr geht, was sie braucht. «Ich kann nicht genau sagen, woher meine Faszination kommt.» In Räumen mit Pflanzen sei er jedenfalls lieber als in solchen ohne. Lernt man umgeben von Pflanzen allenfalls besser? «Nicht unbedingt. Ich lasse mich gern ablenken, wenn ich die Pflanzen anschaue und da eine sehe, die man umtopfen könnte, oder dort einen Trieb, den ich aufbinden sollte.»

Hohe Luftfeuchtigkeit hilft tropischen Pflanzen

Er mag die Arbeiten, die für seinen grünen Daumen anfallen. Substrat mischen, wässern, dürre Blätter ausputzen – und tüfteln! Teure Gadgets liegen bei ihm nicht drin, er bastelt sie selber. So hat er bei einer alten Kaffeemaschine die Wasserpumpe ausgebaut und mit einem Sprühaufsatz versehen – jetzt kann er seine Pflanzen im Terrarium per Knopfdruck einnebeln. Ab und an muss eine Patientin versorgt werden. Vielleicht hat sie zu wenig Licht, zu viel Wasser, zu wenig Nährstoffe. «Ich sehe den Pflanzen meist an, woran es liegen könnte», sagt der angehende Zahnarzt.

Weil dicht beieinanderstehende Pflanzen auch leichter Krankheiten und Schädlinge übertragen können, wendet Ingold einen Trick an: Er topft seine Pflanzen in ein möglichst leichtes Substrat ein. Es trocknet nach dem Giessen schneller und schafft so weniger Lebensgrundlage für Pilzsporen und Ungeziefer.

Die engen Verhältnisse haben aber auch einen Vorteil: Durch die Verdunstung, die über die Blätter stattfindet, schaffen die Pflanzen in ihrer Umgebung eine hohe Luftfeuchtigkeit Wohnklima Pflanzen gegen dicke Luft – ideal für Gewächse aus tropischen Gefilden.

Das und noch viel mehr hat Ingold herausgefunden oder von seinen Onlinefreundschaften gelernt. Einige von ihnen trifft er ab und zu auch physisch zum Fachsimpeln oder für einen Pflanzentausch. Dann rückt er die Töpfchen im Zimmer nochmals ein wenig näher zusammen und macht Platz für die Neuankömmlinge.

Ein Glück, braucht Oliver Ingold nicht so viele Bücher für sein Studium. Die sind nämlich inzwischen online.

FAQ: 6 Tipps für Zimmerpflanzen

Mit welcher Erde Pflanzen eintopfen?

Für einige Pflanzengattungen gibt es passend gemischte Erde, etwa für Kakteen oder Orchideen. Für alle anderen kann man Zimmerpflanzenerde oder Blumenerde verwenden. Wenn man Perlit oder Sand beimischt, wird die Erde leichter und trocknet schneller. Um die Umwelt zu schonen, nur torffreies Substrat kaufen. Wenn umgetopft werden muss, wird zirka ein Viertel des Wurzelballens weggeschnitten und das Substrat erneuert.


Wo sollten Zimmerpflanzen stehen?

Kakteen und Sukkulenten stehen gern in der Nähe von Heizkörpern. Pflanzen aus tropischen Regionen mögen viel Luftfeuchtigkeit und gedeihen im Badezimmer oder der Küche gut. Generell gilt: Zugluft mögen die wenigsten Pflanzen. Und wie hell sie gern stehen, lässt sich im Allgemeinem am Blattgrün ablesen: Je dunkler das Grün, desto dunkler kann sie stehen. Die meisten Pflanzen mögen und brauchen aber viel Licht.


Wie sollte man Zimmerpflanzen giessen?

Die meisten Pflanzen brauchen während der Wachstumsphase im Frühling und Sommer mehr Wasser als im Winter. Damit die Wurzeln nicht faulen: überschüssiges Wasser aus Übertöpfen oder Untertellern immer abgiessen. Die meisten Pflanzen überstehen vorübergehende Trockenheit besser als Staunässe. Pflanzen mit weichen, haarigen Blättern mögen es nicht, wenn Wasser darauf fällt. Tropenpflanzen und Farne hingegen lieben es, wenn die Blätter ab und zu genässt werden.


Zimmerpflanzen düngen – wann und wie?

Die meisten Zimmerpflanzen müssen während der Wachstumsphase von Frühling bis Herbst mit Dünger versorgt werden. Am einfachsten ist ein Flüssigvolldünger. Grosse, verholzende Pflanzen können auch mit einem Langzeitdünger versorgt werden.


Welche Zimmerpflanzen soll man kaufen?

Grünschnäbel holen sich am besten erst einmal etwas Unkompliziertes ins Haus: Efeututen, Monstera, Kletter-Philodendron, Bogenhanf, Palmlilien, Wachsblumen oder Einblatt. Aus Samen von exotischen Früchten Exotische Früchte Selber anpflanzen – lohnt sich das? wie Papaya, Mango, Avocado, Drachenfrucht oder Passionsfrucht lassen sich auch Pflanzen ziehen. Grosse Samen kann man bis zur Keimung in feuchtes Haushaltspapier wickeln und in ein Gefäss legen. Deckel zu und zwischendurch nachschauen, ob sich etwas tut. Wenn der Samen keimt, wird er in ein Töpfchen mit Anzuchterde gesteckt.


Wo gibts mehr Infos für Pflanzenfans?

Viele Zimmerpflanzenfans tauschen sich über die Facebook-Gruppe «Zimmerpflanzen und Triebe» aus. Einige Bücher geben einen guten Überblick und vor allem Detailinfos zu einzelnen Pflanzen, zum Beispiel:

  • Fran Bailey, Zia Allaway: «Alles über Zimmerpflanzen», DK-Verlag, 2010, 224 Seiten, Fr. 31.90.
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