Müssen jetzt alle zurück ins Homeoffice?
Um Energie zu sparen, könnten Grossraumbüros diesen Winter kalt bleiben. Nur: Dürfen Firmen deswegen erneut Homeoffice anordnen?
Veröffentlicht am 27. September 2022 - 16:43 Uhr,
aktualisiert am 6. Oktober 2022 - 14:58 Uhr
Wenn es schlecht läuft, drohen der Schweiz Versorgungsengpässe bei Gas und Strom. Das ist nicht neu. Neu ist aber, dass Firmen gerade laut darüber nachdenken, in den Grossraumbüros die Heizungen abzudrehen und ihre Angestellten zurück ins energiesparende Homeoffice zu schicken.
«Mehrere Optionen»
Für den Fall, dass die Behörden in diesem Winter von den Firmen verlangen, den Stromverbrauch zu reduzieren, prüfe man mehrere Möglichkeiten, schreibt Novartis auf Nachfrage des Beobachters. «Dazu gehören unter anderem die Nutzung von Hybrid-/Remote-Arbeitsmodellen, wo immer dies möglich ist, und die reduzierte Beheizung von Gebäuden.»
Auch die Post schreibt, dass erneut geprüft werden könnte, «wie mit Homeoffice umgegangen wird». Das sei aber nur eine von mehreren Optionen. Zudem hätten Bürostandorte, verglichen mit den Logistikstandorten, einen geringen Strombedarf.
Andere Firmen äusserten sich nicht so deutlich. Konkrete Massnahmen würden erst kommuniziert, wenn die Mitarbeitenden informiert worden seien. Nicht wenige rechnen wahrscheinlich gerade aus, wie viel Energie eingespart werden könnte, wenn ihre halb leeren Grossraumbüros nicht mehr länger beheizt, belüftet und beleuchtet werden müssten. Nicht erstaunlich, wenn sie ihre Mitarbeitenden im Dienste des Energiesparens schon bald zurück in die eigenen vier Wände beordern.
Aber dürfen Firmen das auch? Ja, sagt Beobachter-Expertin Katharina Siegrist: «In Ausnahmesituationen müssten Arbeitnehmende vorübergehendes Homeoffice wohl akzeptieren.» Aber: Rein wirtschaftliche Gründe reichten für unfreiwilliges Homeoffice nicht. Gerichtsentscheide dazu gibt es bisher nicht. «Am besten versucht man, eine einvernehmliche Lösung zu finden und flexibel zu bleiben.»
Spesen schriftlich vereinbaren
Das Arbeiten zu Hause muss jedoch mit fairen Spesen geregelt sein, sagt Expertin Siegrist. Wenn Angestellte Teile ihrer vier Wände geschäftlich nutzen, können sie zum Beispiel die Kosten für Drucker, Möbel, Internet und – so hat das Bundesgericht einst entschieden – auch einen Beitrag an die Mietkosten geltend machen. «Am besten hält man zuvor in einer schriftlichen Vereinbarung fest, was für die angeordnete Arbeit im Homeoffice gelten soll», sagt Siegrist. «Arbeitgebende können ihre Energiekosten also nicht einfach auf ihre Mitarbeitenden abwälzen.»
Das Gesetz schreibt nicht vor, wie warm es im Büro sein muss. Mit Blick auf eine mögliche Strommangellage hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) seine Weisungen dazu aktualisiert. Arbeitsplätze, an denen sitzend gearbeitet wird, können im Winter grundsätzlich auf bis zu 21 Grad heruntergekühlt werden. Solange die Gesundheit der Arbeitnehmenden gewährleistet ist, geht es sogar noch kühler. Die Arbeitgeberin muss aber Rücksicht nehmen auf kälteempfindliche Personen wie Schwangere, Jugendliche oder ältere Mitarbeitende. Suchen Sie das Gespräch mit Ihrer Vorgesetzten, sollten Sie wegen klammer Finger nicht mehr vernünftig arbeiten können. Wenn die Arbeitgeberin Sie ins Homeoffice schickt, muss sie für die dadurch entstehenden zusätzlichen Kosten aufkommen (siehe oben).
(Katharina Siegrist)
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