Letztes Jahr gerieten 3471 Personen in den Schweizer Bergen in Not und brauchten Hilfe. Das ist Negativrekord – und ein Fünftel mehr als im Vorjahr. 180 Menschen starben (siehe Infografik «Tödliche Bergunfälle»), zeigt die Bergnotfallstatistik des Schweizer Alpen-Clubs (SAC).

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Nicht nur Kletterer, Gleitschirmfliegerinnen oder Basejumper gerieten in Gefahr. Auch beim Wandern musste mehr Menschen geholfen werden als 2019. Während des ersten Corona-Shutdowns im Frühjahr 2020 gab es zwar weniger Unfälle als im Vorjahr. Mit den Lockerungen Mitte Mai stieg die Zahl der Notfälle wieder an.

Notfälle beim Bergwandern

Im Jahr 2020 gerieten 1627 Personen in Schweizer Bergen in eine Notlage. 2019 waren es 1189 Personen und 2018 noch 1445 Personen.

So viele Personen gerieten in den Schweizer Bergen beim Bergwandern in eine Notlage.

Quelle: SAC; Infografik: Andrea Klaiber
Pandemie lockte in die Berge

«Es waren sehr viel mehr Leute in den Bergen als in normalen Jahren. Auch viele Anfängerinnen und Anfänger», sagt Bruno Hasler, Bereichsleiter Ausbildung und Sicherheit beim SAC. Die Zunahme hänge «mit grosser Wahrscheinlichkeit» mit der Pandemie zusammen. Auch dieses Jahr könnte es wieder zu mehr Bergunfällen kommen, vermutet der passionierte Bergsteiger und Bergführer. «Schönes Wetter Genaue Wettervorhersagen 6 Meteo-Apps und ihre Vorteile im Vergleich und Reiseeinschränkungen: Das sind die Voraussetzungen für einen wiederholten Ansturm in die Alpen.»

Buchtipp
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Vor allem im Frühling und Frühsommer können auch einfache Bergwanderwege gefährlich werden, zum Beispiel wenn schattige Hänge noch voller Schnee oder Eis sind. 2020 gab es auf solchen Wegabschnitten besonders viele Unfälle, sechs endeten tödlich.

Bruno Hasler empfiehlt: «Wenn eine Eisplatte einen steilen Abschnitt versperrt und man weder Steigeisen noch Pickel dabeihat, kehrt man besser um. Stolpern oder Ausrutschen kann hier das Leben kosten.» Die Gefahren unterschätzten Wandern Diese Risiken und Gefahren lauern auf dem Wanderweg viele Neueinsteigerinnen und Ungeübte.

Gründe für Wanderunfälle

Die Infografik zeigt, wodurch Berggängerinnen und Berggänger im Jahr 2020 in eine Notlage gerieten und verunfallten.
Quelle: SAC; Infografik: Andrea Klaiber
Fatale Fehleinschätzung

Das belegt auch eine mehrjährige Studie der Beratungsstelle für Unfallverhütung mit 4200 Teilnehmenden, die den Ursachen (siehe Infografik oben) von Bergwanderunfällen in der Schweiz nachging. Mangelndes Wissen und Selbstüberschätzung gehörten zu den wichtigsten Gründen.

Die Umfrage ergab: Viele Wanderinnen und Wanderer wissen nicht, dass die weiss-rot-weissen Routen anspruchsvoller sind als gelb markierte Wanderwege. Sie haben keine Ahnung, dass auf den Bergwanderwegen exponierte Stellen mit Absturzgefahr drohen. Die Folge: Sie wählen zu anspruchsvolle Routen. «Für diese Bergwanderwege muss man trittsicher und schwindelfrei sein sowie eine gute Kondition haben», so Experte Hasler.

«Bei leichten Wanderwegen wiegen sich manche in falscher Sicherheit und sind dann bei steilen ­Abschnitten schnell überfordert.»

Bruno Hasler, Bereichsleiter Ausbildung und Sicherheit beim SAC

«Wanderschuhe Wandern Nichts geht über gute Schuhe oder Turnschuhe haben alle daheim. Sobald man Lust hat, kann man wandern gehen. Dann ist man schnell überfordert und kommt in eine Notlage, weil man zu wenig Kenntnisse hat», sagt Hasler. Wer am Thunersee bade oder im T-Shirt am Ufer flaniere und dann kurz das Bähnchen hinauf nehme, sei oft schlecht ausgerüstet (siehe Wander-Checkliste für eine optimale Ausrüstung). Oben am Berg kann das Wetter schnell umschlagen, Windschutzjacke, warme Kleider und Mütze gehören eingepackt. Ebenso Sonnenschutz, eine Notfallapotheke sowie ein Handy.

Am wichtigsten sei aber eine gute Planung, sagt Bruno Hasler. Vor der Tour müsse man sich zwingend mit der Route auseinandersetzen, das Wetter beachten, sich über die Schwierigkeiten informieren und lieber einmal zu oft die Hüttenwartin anrufen und sich über die Verhältnisse vor Ort erkundigen.

Illustration: Berg- und Alpinwanderskala

Klicken Sie hier, um zur Infografik zu gelangen.

Quelle: Beobachter
Richtig informiert

Gute Hinweise und Einschätzungen über diverse Wanderungen findet man auf spezifischen Websites (siehe «Weitere Infos zu Wanderungen»). Auch die Wanderskala des SAC, die sogenannte T-Skala von T1 bis T6, gibt gute Anhaltspunkte. T1 meint leichte Wege (gelb markiert), ab T3 (weiss-rot-weiss) heisst es bereits «anspruchsvolles Bergwandern» – Trittsicherheit ist da absolute Bedingung (siehe Infografik zu den Signalisationen von Wanderwegen).

Der beliebte Bergwanderweg mit den 47 Kehren auf den Grossen Mythen Grosser Mythen Matterhorn für Wanderer in der Zentralschweiz gilt zum Beispiel als T3 – ein Fehltritt kann einen an diesem steilen Felshang das Leben kosten. Laut Hasler sind aber Wanderungen, die nur einzelne schwierige Stellen aufweisen, oft noch gefährlicher: «Der Mythen ist auch für Laien schnell als ‹gefährlich› erkennbar, dementsprechend vorsichtig sind sie. Bei anderen Wegen wiegen sich manche in falscher Sicherheit und sind dann bei steilen Abschnitten schnell überfordert.» Er rät, zuerst mit einfachen Wanderungen zu beginnen und sich erst bei genügender Erfahrung und Sicherheit an die schwierigeren Wege zu trauen.

Wer sich die nötigen Grundkenntnisse in einem Kurs aneignen möchte, findet zahlreiche Wander- und Bergsportschulen oder auch den SAC, die solche Ausbildungen anbieten. Geführte Wanderungen in Gruppen seien eine gute Alternative, wenn man noch unsicher ist. «Manchmal lohnt es sich auch, für eine schwierige Tour einen Wanderleiter oder eine Bergführerin zu engagieren Bergunfall Wenn Alpinisten verunglücken », meint Bruno Hasler.

Tödliche Bergunfälle

Die Infografik zeigt die Anzahl tödlicher Unfälle nach Aktivität in den Jahren 2010 bis 2020
Quelle: SAC; Infografik: Andrea Klaiber
Weitere Infos
  • Ob man wirklich bereit ist fürs Bergwandern, zeigt der Online-Selbsttest der Beratungsstelle für Unfallverhütung und Schweizer Wanderwege.
  • Gute Wander-Sites mit Routenbeschreibungen: www.hikr.org und www.gipfelbuch.ch
  • Hütten des Schweizer Alpen-Clubs, Aktuelles rund ums Thema Berg: www.sac-cas.ch
Wander-Checkliste

Was Sie bezüglich Wanderroute beachten und man am Abend vorher in den Rucksack packen sollten, sehen Sie in der Wander-Checkliste des Beobachters.

zur Checkliste

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Quelle: Beobachter Edition
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Birthe Homann, Redaktorin
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