Das Melderecht ist kein Antragsrecht. Anträge zu stellen, ist nämlich nur einem kleinen Personenkreis vorbehalten (siehe z.B. ZGB 368, 376, 381 etc.), während jedermann meldungsberechtigt ist, wenn er das Gefühl hat, dass jemand Hilfe und Unterstützung nötig hat - also Freunde, Verwandte oder Nachbarn. Wer im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit auf eine hilfsbedürftige Person aufmerksam wird und dies meldet, macht sich zwar unter Umständen der Amtsgeheimnisverletzung schuldig, handelt aber rechtmässig (StGB 14). Wer hingegen einem Berufsgeheimnis untersteht, muss sich vom Berufsgeheimnis entbinden lassen (StGB 321 Ziff. 2). Erfolgt die Meldung mit böser Absicht, kann dies ehrverletzend sein (StGB 173 ff).
Im Erwachsenenschutz sind Personen in amtlicher Tätigkeit meldepflichtig. Im Kindesschutz gilt, dass nicht nur Personen in amtlicher Tätigkeit meldepflichtig sind. Der Bundesrat schreibt in der Botschaft zum Erwachsenenschutz dass der Begriff der amtlichen Tätigkeit weit auszulegen sei: "Darunter fällt die Tätigkeit jeder Person, die öffentlich-rechtliche Befugnisse ausübt" (Botschaft, 7076). Also gehören auch Lehrpersonen, Amtsärzte etc. dazu, die dem Gemeinwesen obliegende öffentlich-rechtliche Aufgaben erfüllen. Die Meldepflicht geht dem Amtsgeheimnis, kantonalen Schweigepflichten und Berufskodizes vor.
Meldungen können auch anonym gemacht werden. Empfehlenswert ist dies jedoch nicht: Die Behörde kann dann keine Rückfragen stellen.
Wer eine Meldung macht, hat keinen Anspruch auf Auskunft, ob Schritte eingeleitet wurden oder ob eine Massnahme angeordnet wurde.