Das Bundesamt für Sport schlägt alle Rekorde
Eine neue Datenbank zur Verwaltung von Jugend+Sport kostet das Bundesamt für Sport über 10 Millionen Franken mehr als vorgesehen – und könnte noch teurer werden.
Veröffentlicht am 7. November 2019 - 16:55 Uhr
637'000 Kinder turnen, sprinten oder rudern jährlich bei Kursen von Jugend+Sport (J+S), gecoacht von rund 80'000 Leiterinnen und Leitern in mehr als 80'000 Kursen. Verwaltet wird die riesige Organisation in der Nationalen Datenbank für Sport (NDS). Die ist nun aber in die Jahre gekommen. Deshalb beantragte das Bundesamt für Sport (Baspo) 2017 beim Bundesrat einen Verpflichtungskredit, um eine neue Applikation zum Preis von 11,2 Millionen Franken beschaffen zu können.
Zu diesem Zeitpunkt hatten die Verantwortlichen in Magglingen eine erste Zusatzrunde bereits hinter sich. Den Aufsehern der Eidgenössischen Finanzkontrolle war aufgefallen, dass das Baspo einen entscheidenden Schritt vergessen hatte: die Abklärung, ob es tatsächlich eine eigens entwickelte Datenbank braucht oder ob eine Standardlösung mit entsprechenden Anpassungen zweckdienlicher und kostengünstiger wäre. Mit dem Befund konfrontiert, liess das Baspo eine Marktanalyse zu den verfügbaren Applikationen erstellen.
Das Ausschreibungsverfahren, an dem fünf IT-Firmen teilnahmen, führte Anfang 2018 zu einem ersten bösen Erwachen: Der Zuschlag ging an die Firma Queo Swiss, die einen Gesamtpreis von 16,06 Millionen Franken offerierte, knapp 5 Millionen mehr als vom Bundesrat bewilligt.
Nun zeigt aber ein Baspo-internes Dokument: Auch diese Summe wird bei weitem nicht reichen. Die Kosten für das IT-Grossprojekt sind regelrecht explodiert. Statt auf rund 16 Millionen kommt das IT-Projekt plötzlich auf 24,4 Millionen Franken zu stehen. Das Budget habe angepasst werden müssen, da der «Zuschlagsempfänger teurer angeboten hat als geplant», heisst es im Dokument, das dem Beobachter vorliegt. Eine mittlerweile zurückgezogene Klage eines unterlegenen Mitbewerbers habe zudem für eine Projektverzögerung und damit für Mehrkosten gesorgt.
Das ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Ein Blick in die von der Finanzkontrolle verlangte Marktanalyse von 2016 offenbart: Es wäre vermutlich wesentlich billiger gegangen. Die Wirtschaftsprüfer von KPMG kamen damals zum Schluss, dass es durchaus bestehende Lösungen gibt, die «die funktionalen Anforderungen der neuen NDS-Plattform gut bis sehr gut abdecken». Die Kosten dafür verortete die Beratungsfirma vorsichtig «im Bereich eines höheren einstelligen Millionenbetrags».
Trotzdem meldete das Baspo im Mai 2018, die neue Applikation werde von Queo Swiss «von Grund auf neu entwickelt». Heute will Baspo-Mediensprecher Christoph Lauener davon nichts mehr wissen: «Die Firma verwendet diverse Standardelemente und setzt sie zu einem neuen System zusammen.»
Die massiv höheren Kosten hingegen bestätigt Lauener. Für das System stehe keine IT-Standardlösung zur Verfügung. Vor der Ausschreibung des Auftrags sei deshalb «keine verlässlichere Schätzung möglich» gewesen. Die in der KPMG-Analyse genannten möglichen Kosten seien «stark unterschätzt» worden. «Sie basierten auf dem damals noch unvollständigen Wissen, welchen Umfang ein solches System haben könnte.»
In der Zwischenzeit wurde dieses Wissen immer besser – und der Preis für das System immer höher. Statt mit rund 16 Millionen für die Leistungen von Queo Swiss und ihren Unterlieferanten rechnet man mittlerweile mit 18,6 Millionen Franken. Die Leistungen des Baspo schlagen mit zusätzlichen 5,8 Millionen zu Buche. 2016 war man noch von 3,7 Millionen ausgegangen.
Noch ist aber nicht mal sicher, ob die nun veranschlagten 24,4 Millionen reichen: «Innerhalb des Budgets sind noch einige Posten vorhanden, die heute noch nicht final geschätzt werden können», heisst es im dem Beobachter zugespielten Dokument.
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4 Kommentare
Es bedarf unbedingt einer Gesamtkontrolle aller Bundesämter und deren Leitungen betreffend: effektiver Eignung, Fähigkeiten, Sinn machender Aktivitäten/Arbeit zum "echten" essentiellen und existenziellen Wohl der Schweizer Bevölkerung (ArbeitgeberIn)!?
Es gibt verschiedene Bundesämter und deren "Leitungen", welche absolut inakzeptabel sind betreffend Entscheidungen, Arbeit...(Bundesamt für: Migration, Soziales-Seco, BAG, BLV, BLW, BVET, BAFU, ENSI,....)! "Der Fisch beginnt immer am Kopf zu faulen"!
Da es schon eine solche Datenbank gab, wäre es ja eine relativ einfache Geschichte gewesen, die 'alten' Anforderungen zu evaluieren, neue Anforderungen zu identifizieren und schliesslich darauf aufbauend die neue Datenbank zu spezifizieren und dazu konsequenterweise einen Festpreisvertrag zu errichten. Dass keine verlässlichere Schätzung möglich gewesen und immer noch nicht sei, ist gerade in diesem Fall schlicht Humbug und ist der Bequemlichkeit, wenn nicht gar der Faulheit des Auftraggebers zuzuschreiben. Man ist in Magglingen offensichtlich harter Arbeit ausgewichen.
Viel einfacher ist es, einen nach oben offenen Dienstleistungsvertrag oder ein ähnliches Konstrukt rauszuhauen, dann etwas von agilem Vorgehen zu schwafeln, so dass am Schluss niemand für nichts mehr verantwortlich oder gar haftbar ist. Dann werden laufend weitere Anforderungen draufgepackt, die man vorher geflissentlich 'vergessen' hat, Änderungen ohne Ende fallen an (man ist eben agil) etc.
Und warum? Weil ganz am Ende dieser guteidgenössischen Katastrophen eh' immer (i-m-m-e-r) der Steuerzahler haftet. In der Kasse der Bundesverwaltung sind die paar lausigen Milliönchen sowieso nur Spielgeld und bis der historische Flop des Opernhauses in Sydney (13-fache Kostenüberschreitung) übertroffen wird, können die Helden von Magglingen und Solothurn noch lange weiterwursteln. Abgesehen davon ist dies noch lange nicht das letzte Mal, dass wir Steuerzahler uns solchen Bockmist und laue Ausreden einer ebenso unfähigen Kommunikationsabteilung gefallen lassen müssen.
Das darf heute nicht mehr sein. Datenbanken sind heute etabliert. Die Auswahl bestehender Adressdatenbanken ist riesig. Diese anpassen Kosten keine zweistelligen Millionen.
Vor 50 Jahren habe ich noch Sortierr.outinen schreiben müssen - Tempi passati
Ich frage mich persönlich schon lange, warum bei Ausschreibungen vom Bund das Angebot des Günstigsten Bewerbers nicht als verbindlich angesehen wird. Wenn dies der Fall wäre, so dürfte doch der Preis maximal +/-10% vom Angebot abweichen. Klar kann es mal sein, dass etwas unvorhergesehenes hinzukommt, oder vergessen wurde. Aber schlussendlich sollte der Bund doch auch seine Ausgaben schützen können, oder?