Fürs Abwasser plötzlich das 17-Fache bezahlen? Wo gibts denn so was? In Glarus Süd. 2011 wurden dort die Abwasser-Grundgebühren von einem Jahr aufs andere massiv erhöht. Der Unmut darüber ist nachhaltig: «Ich habe über all die Jahre bei der Gemeinde und beim Regierungsrat reklamiert. Genützt hat es nichts», sagt Einwohnerin Veronika Mitterer*.

Stattgefunden hat die rekordverdächtige Preiserhöhung in Linthal, einer der Teilgemeinden von Glarus Süd. Bis 2010 betrug die Grundpauschale 60 Franken. Dann wurde eine neue Gebührenordnung erlassen. Seither basiert die Grundgebühr für die Siedlungsentwässerung auf der Parzellenfläche, multipliziert mit einem Faktor für die jeweilige Nutzungszone. So wurden aus den ursprünglichen 60 Franken Grundgebühr satte 1020 Franken (inklusive Mehrwertsteuer).

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Die Versicker-Regel

Das neue Regime traf nicht alle Bewohner gleich hart: Wenn nachweislich 80 Prozent des nicht verschmutzten Wassers auf dem Grundstück versickern, wird die Gebühr um 70 Prozent reduziert. «Dieses System verstehen viele nicht», kritisiert Veronika Mitterer.

Für Unmut sorgt auch das krasse Missverhältnis zwischen Grund- und Mengengebühren. Wer Wasser spart, hat nicht viel davon. 2017 stammten 59 Prozent der Wasserversorgungseinnahmen aus der Grundgebühr, aber nur 41 Prozent aus der Mengengebühr. Bei der Abwasserentsorgung war das Verhältnis mit 63 zu 37 Prozent noch schiefer. 

Das widerspricht der Verordnung über die Siedlungsentwässerung der Gemeinde. Danach sollten die Grundgebühren «in der Regel 30 Prozent der Gesamteinnahmen» ausmachen.

Das werde sich ändern, sagt der zuständige Gemeinderat Hansheinrich Wichser. Allerdings nicht so, wie es sich die Einwohner erhofften. «Wir werden auf Anfang 2019 die Mengengebühren beim Wasser erhöhen», kündigt Wichser an. Der Preis für einen Kubikmeter steigt von 1 Franken auf Fr. 1.20, beim Abwasser von 80 Rappen auf Fr. 1.50. Die Grundgebühren bleiben gleich.

Begründet wird die saftige Preiserhöhung mit hohen Kosten für das Leitungsnetz und die Sanierung der Abwasserreinigungsanlage Glarnerland. Als finanzschwache Gemeinde will Glarus Süd diese Kosten vollständig aus den Wasser- und Abwassergebühren decken.

Den Preisüberwacher umgangen

Die Preiserhöhung hat allerdings einen Makel. Gemäss Artikel 14 des Preisüberwachungsgesetzes muss der Preisüberwacher vor einem geplanten Gebührenentscheid angehört werden. Das ist nicht passiert. Weil die Investitionen so dringlich seien, argumentiert Gemeinderat Wichser.

«Die Gemeinde hat so das Risiko, dass ihr Entscheid aufgehoben wird, wenn dagegen Beschwerde geführt wird», sagt Rudolf Lanz von der Preisüberwachung. In den Zürcher Gemeinden Freienstein-Teufen und Weisslingen ist genau das passiert. 

Die Anhörungspflicht existiert seit über 30 Jahren. Doch wenn niemand rekurriert, geschieht auch nichts. Falls eine Gemeinde eine Gebührenerhöhung anmeldet, prüft der Preisüberwacher unter anderem, ob die neue Gebührenstruktur dem Verursacherprinzip entspricht. Von zonengewichteten Tarifen, wie sie Glarus Süd hat, rät er ab. Das verstünden die Bürger nicht. 

Gemeinderat Wichser scheint hier denn auch verhalten kompromissbereit: «Das ist nicht in Stein gemeisselt.» 

 

* Name geändert

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Dani Benz, Ressortleiter
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