Alles muss weg!
Wer Esswaren nicht verschwendet, darf ein gutes Gewissen haben – muss aber mit Übergewicht leben.
Veröffentlicht am 31. August 2023 - 06:00 Uhr
Die grossen Fragen der Menschheit sind bekanntlich:
- Wer sind wir?
- Woher kommen wir?
- Wohin gehen wir?
- Warum fällt das Butterbrot immer auf die Butterseite?
Immerhin die letzte Frage kann die Wissenschaft beantworten: Die Schwerkraft bevorzugt die schwerere Seite der Brotscheibe.
Und so beginnt das Problem. Zumindest meins. Als ich ein kleines Kind war, fiel mir ein von meiner Grossmutter akkurat geschmiertes Konfibrot auf den Boden. Routiniert spülte sie das Ganze unter fliessendem Wasser ab und streckte es mir wieder hin – zum geflissentlichen Verzehr. «Das wäre ja Verschwendung», sagte sie. Klatschnasses Konfibrot, der Geschmack meiner Kindheit – noch heute steigt er mir in den Mund, wenn ich dran denke.
Meine Grossmutter hatte Krieg und Anbauschlacht erlebt. So konnte sie kein Bröösmeli verschwenden. Und weil kleine Kinder so wunderbar formbar sind, ging mir das in Fleisch und Blut über.
Heute nennt sich die Verschwendung trendig Foodwaste – und ist entsprechend beliebt. «Rund ein Drittel aller essbaren Anteile von Lebensmitteln geht zwischen Acker und Teller verloren oder wird verschwendet», weiss das Bundesamt für Umwelt. «Das entspricht etwa der halben Umweltbelastung des motorisierten Individualverkehrs der Schweiz.» Da muss doch jemand etwas tun.
Zum Beispiel ich.
Wenn die Kinder Rüebli übrig lassen, esse ich sie (die Rüebli, nicht die Kinder). Jedes verschmähte Gipfeli meiner Frau putze ich locker weg. Kein Kerngehäuse eines Apfels kommt ungeschoren an mir vorbei, kein Teller ungeleert davon. Was bei mir nicht mehr reinpasst, wird eingefroren und später lecker aufgetaut.
Das will niemand essen
So entstehen Menüs, die niemand essen will. Dann muss wieder Papa ran. Etwa bei Nudeln mit Reis und Kartoffelstock. Das kann zwar geschmacklich niemals mit nassem Konfibrot mithalten. Bringt aber vollfettes Völlegefühl.
Wenn ich dann unsere minimalisierten Reste in den Grüncontainer leere, sehe ich, was die Nachbarn so dort deponieren. Mehrgängige Menüs gammeln da. Vielleicht sollte ich mich aus Protest auf die Strasse kleben, wenn jeweils der Lastwagen der Grünabfuhr anrollt. Aber im Moment fühle ich mich etwas zu schwer dafür.
2 Kommentare
Verantwortungsbewusstes Konsumieren hat mit Überlegung zu tun betreffend vorausschauender-planender Ernährung!
Zudem sind Grundnahrungs- und Lebensmittel unterschiedlich lang haltbar, was ebenfalls berücksichtigt werden muss!
Die Schweizer Bevölkerung ist verwöhnt mit Kühlschrank und Co!
Entsprechend wird eingekauft, sinnvollerweise natürlich direkt bei verantwortungsbewusst wirtschaftenden Bauern/Bäuerin (nachhaltig öko-logische Mischkulturen-Landwirtschaft)!
Saisonales Gemüse, Obst, Beeren und hofeigene Produkte...,
Lager-Gemüse und Obst einkaufen und entsprechend lagern: wunderbar eignen sich Holzkisten mit Sand gefüllt kühl lagern im Keller, etc für Kartoffeln, Wurzelgemüse.
Der Titel müsste korrekt heissen: Nur nicht selbstkochende Satitiker werden mit Foodwaste dick :-). Wenn ich dies auf mich anwende werden Ingenieure und Sozialpädagoginnen mit Foodwaste zu Veganern. Diese Gruppe verliert im ersten Jahr 5 - 15 kg Körpergewicht.