Kinder sammeln Geld für Kinder – und laden zur Pressekonferenz
Achtjährige laden zur Pressekonferenz ein. Ihr Ziel: Geld sammeln, damit Kinder auf Madagaskar satt werden und gesund aufwachsen.
Veröffentlicht am 8. Dezember 2022 - 14:00 Uhr
Stand genau so im Schreiben der Zolliker Schulkinder vom November 2022 an den Beobachter:
«Sehr geehrte Damen und Herren Wir, die 2. Klasse von Schulhaus Oescherr in Zollikon, laden Sie zusammen mit Manu Burkart (Cabaret Divertimento) zur Kinder-Presskonforenz für die Sternenwochen ein.»
Viele Dutzend Trottinette kleben am Schulhaus, aber Velos sieht der Berichterstatter keine. Warum das? «Achtjährige dürfen nicht mit dem Velo zur Schule fahren», weiss eine Mutter. Ach so.
18 Achtjährige warten im Schulhaus Oescher in Zollikon ZH auf den Besuch von Presseleuten. Die waren von Kinderhand eingeladen worden. Goldfarben auf blauem Papier baten Anouk, Lenia, Loïc und Leonardo und ihre Gspänli: «Bitte melden Sie sich an oder ab. Liebe Grüsse und bis bald.»
Seife und Öpfelringli
Pressekonferenzen samt Suppe, Schnitzel und Schnäpsli waren in Mode, da waren die Eltern dieser Kinder selber noch Kinder. Bloss Covid lockte ein paar Monate lang die Presseleute aus ihren Grossraumbüros zu den Konferenzen. Nach Bern. Und plötzlich bekam die Nation ihre mehr oder weniger gescheiten Fragen in Echtzeit serviert.
In Zollikon sitzen sechs Kinder vorn, und in der Mitte sitzt ein Kabarettist. Sie stellen das Projekt vor. Geld sammeln für Kinder auf Madagaskar. Dafür werden auf dem Dorfplatz Seifen, Lavendelsäckli und Öpfelringli verkauft. Alles hergestellt in der Schule. «Genau. Öpfel trülle und in Dörrex inetue. Und mängisch isch s Bütschgi steckeplibe», sagt Sabrina Jud, die Lehrerin.
«Auf Madagaskar sind die Leute glücklicher, weil sie nicht so viel haben. Wir sind nicht so glücklich, weil wir so viel haben.»
Ein Kind aus der 2. Klasse im Schulhaus Oescher in Zollikon ZH
Das Geld geht an Unicef, das Kinderhilfswerk der Uno. Unicef will damit Erdnusspaste kaufen. Die Kinder auf Madagaskar essen wegen einer langen Dürre fast nur Reis. «Darum sind sie zu leicht und oft krank. Sie sind auch zu klein. Sie brauchen mehr Vitamine. Und anderes Essen.» Sagt ein Kind aus Zollikon.
Gibt es Fragen? Ja. «Wer seid ihr denn?», fragt ein Kind. Der Schuldirektor nickt anerkennend. Die knapp zehn Presseleute, leicht erstaunt, stellen sich einzeln vor. Sie bekommen die Pressemappe, hübsch beschriftet. Mit einem goldenen Stern verziert. Und einem Sablé, sternförmig, selbst gebacken. Mit Smiley drauf. Im Cellophan-Säckli.
Zürcher Zäune
Der Berichterstatter geht zu Fuss nach Zürich zurück. Zaun nach Zaun, Villa nach Villa und Bauprofil nach Bauprofil. Er nimmt den Gedanken des Zolliker Kindes mit, das sagte: «Auf Madagaskar sind die Leute glücklicher, weil sie nicht so viel haben. Wir sind nicht so glücklich, weil wir so viel haben.»
Da rückt ein Schild in seinen Blick: «Bei VERDACHT Tel. 117. GEMEINSAM GEGEN EINBRECHER. Ihre Polizei.»
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