Mit privater Samenspende zum Wunschkind?
Offene Beziehungen sind im Trend, klassische Familienrollen weichen sich auf. Doch wenn es um Familiengründung geht, hinkt das Gesetz hinterher.
Veröffentlicht am 6. März 2025 - 06:00 Uhr
Nur Ehepaare – auch gleichgeschlechtliche – dürfen eine professionelle Samenspende durchführen lassen.
Mirko Steiner wünscht sich ein Kind – seine Partnerin aber nicht. Steiner, der eigentlich anders heisst, findet auf der Website Familyship.org eine Möglichkeit, trotzdem Vater zu werden.
Die Plattform soll verschiedenste Menschen mit Kinderwunsch zusammenbringen. So kann man zum Beispiel nach einer «Mutter mit Tantenfunktion» oder einem Samenspender suchen. Steiner registriert sich und kommt mit einem lesbischen Paar in Kontakt. Bei einem ersten Treffen klickt es sofort auf beiden Seiten, das Trio verabredet sich mehrmals.
«Mit drei Personen ist es halt komplizierter als mit zwei.»
Mirko Steiner (Name geändert), wünscht sich ein Kind
«Wir wollten, dass beide biologischen Elternteile eine Rolle spielen im Leben des Kindes. Aber die Verantwortlichkeiten müssen klar sein», erzählt Steiner. Innerhalb weniger Monate wollen sie konkreter werden, müssen aber noch die rechtliche Seite klären.
Steiner fragt beim Beratungszentrum des Beobachters nach. Und erfährt: Das Vorhaben ist in der Schweiz rechtlich so nicht vorgesehen. Hinzu kommt, dass man sich noch nicht lange genug kennt.
«Mit drei Personen ist es halt komplizierter als mit zwei – und wenn dann noch die ungenügende gesetzliche Lage hinzukommt, hat man den Salat», sagt er. Das Trio entscheidet sich schliesslich gegen die gemeinsame Elternschaft.
Warum die Rechtslage dieser Konstellation hinterherhinkt:
1. Samenspende steht nur verheirateten Paaren offen
Mirko Steiner und das Paar können keine professionelle Samenspende durchführen lassen. Denn: Diese steht nur Ehepaaren zu – auch gleichgeschlechtlichen.
Nicht davon profitieren können eingetragene Partner, Konkubinatspaare und Singles. Durchgeführt wird die Spende von einer entsprechenden Klinik, wobei sich die Wunscheltern den Spender nicht frei aussuchen können.
2. Das gilt für Erzeuger und Partnerin
Wenn Steiner und das Paar eine private Samenspende durchziehen, dann gilt er rechtlich als Vater. Das wäre in diesem Fall so beabsichtigt. Möchte aber jemand einem befreundeten Paar damit nur einen Gefallen tun und nicht als Vater gelten, dann riskiert man, durch eine Vaterschafts- und Unterhaltsklage zu finanziellen Leistungen verpflichtet zu werden. Und das Kind ist erbberechtigt.
Die Partnerin der leiblichen Mutter dagegen hat gar kein rechtliches Verhältnis zum Kind – und damit auch keinerlei Ansprüche bei einer Trennung. Will man also – wie in unserem Beispiel – zu dritt ein Kind gross ziehen, ist rechtlich gesehen immer jemand aussen vor. Das kann zu Spannungen und unschönen Situationen führen.
3. Die Möglichkeiten für gleichgeschlechtliche Paare
Immerhin wurden die Schweizer Gesetze in den letzten Jahren etwas modernisiert. Das lesbische Paar mit Kinderwunsch kann heiraten und eine Samenspende durchführen lassen. Dann gelten beide als Eltern und haben die damit verbundenen Rechte.
Verheiratete Männer sind in ihren Möglichkeiten etwas eingeschränkter: Sie können gemeinsam ein Kind adoptieren, eine Eizellenspende oder eine Leihmutterschaft ist aber nach wie vor verboten.
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