Raum voller Gefühle
Kein Raum wird auf so vielfältige Weise genutzt wie das Schlafzimmer. Und in keinem Raum wohnen so viele Erinnerungen.
Veröffentlicht am 9. September 2004 - 16:09 Uhr
Mein Schlafzimmer zeigen? Nie im Leben! Menschen zu finden, die einen Blick hinter ihre Schlafzimmertür erlauben, ist alles andere als einfach.
Den Berner Paartherapeut Klaus Heer erstaunt das nicht: «Das Schlafzimmer ist ein emotional und symbolhaft aufgeladener Ort. Hier hat man, sei es als Paar oder Einzelperson, die widersprüchlichsten Dinge erlebt, an denen man Fremde nicht teilhaben lassen will.» Entsprechend stark ist die Bindung zu diesem Raum.
Im Schlafzimmer werden Kinder gezeugt, manchmal auch geboren, Krankheiten auskuriert, und manchmal wird auch gestorben. Für welche weiteren Tätigkeiten hält man sich ebenfalls im Schlafzimmer auf? Mehr als die Hälfte der Schweizerinnen und Schweizer gaben bei einer Umfrage an, das Zimmer auch zum Lesen zu nutzen, ein Viertel auch zum Musikhören und Fernsehen. Jede dritte Person entspannt sich regelmässig darin, und jeder sechsten dient es als Arbeitsraum.
Bloss ein Siebtel der befragten Frauen und Männer dagegen tauscht täglich Intimität und Zärtlichkeit im Schlafzimmer aus.
Keine Antwort gab auf die Frage, wie oft im Schlafzimmer gezankt wird: Sie möchte im Bett noch lesen, ihn stört das Licht. Das offene Fenster verschafft ihr frische Luft, ihm eine böse Erkältung. Er schnarcht, sie hustet unermüdlich – allnächtliche Konflikte in vielen Schlafzimmern. «Manchen Paaren tut das gemeinsame Schlafen nicht gut», sagt Klaus Heer. Denn an erholsames Schlafen sei nicht zu denken, wenn die Bedürfnisse zu verschieden sind.
Getrennte Schlafstätten bieten oft deutlich mehr Komfort. «Schlafen im eigenen Zimmer», so Heer, «vermittelt ein Gefühl von Eigenständigkeit, Unabhängigkeit und freiem Atem – Lebensqualitäten, die in der Enge einer festen Beziehung oft knapp werden.» Die Sexualität dürfte ebenfalls profitieren. Etwas Distanz, auch in der Nacht, kann der Erotik nur förderlich sein.
Anderseits ist das breite Ehebett der Inbegriff der Zweisamkeit. Reden, kuscheln, lesen, in der Löffelstellung schlafen und sich wärmen tut vielen Beziehungen gut. «Von Vorteil ist, wenn das Paar den abendlichen Abschied und das Erwachen am Morgen bewusst mit einem kleinen Ritual gestaltet», rät Paartherapeut Klaus Heer.
Ob gemeinsames oder getrenntes Schlafzimmer: Für erotische Stunden ohne Kleider und Decke sollte es warm genug sein. Zwei Einzelmatratzen grenzen zwar das Territorium von Mann und Frau klar ab, doch dem Kuscheln sind sie hinderlich. Eine Leselampe hat einen klar definierten Zweck, für die körperliche Liebe ist gedämpftes, farbiges Licht jedoch weit stimmungsvoller – nicht zuletzt, weil es körperliche Unvollkommenheiten in höfliche Wärme taucht. «Männer halten beim Sex gerne die Augen offen, Frauen lassen sich lieber über Berührungen stimulieren», erklärt Heer und rät deshalb, zwischen heller und dunkler abzuwechseln.
So schlafen Sie gut
Ist der Nachwuchs krank oder die Mutter noch am Stillen, gibt es nichts Einfacheres, als die Kleinen gleich im Bett zu behalten. Anderseits besteht die Gefahr, dass sich die Sprösslinge dauerhaft niederlassen und erotische Stunden ihrer Eltern stören oder gar verunmöglichen. Klaus Heer beobachtet in seiner Praxis immer wieder, dass Paare mehr oder weniger unfreiwillig ihren Nachwuchs im Ehebett einnisten lassen und den Weg zurück in eine befriedigende Sexualität kaum mehr finden.
Wie immer sich ein Paar organisiert, das Schlafzimmer ist in erster Linie zum Schlafen da. Damit dies auch gelingt, sollte Folgendes beachtet werden:
- Dezente Farben wie Grün, Rosa, Apricot, Hellblau, Weiss oder Creme wirken sich positiv auf die Schlafqualität aus.
- Verdecken Sie die Heizkörper nicht mit Verkleidungen, Möbeln oder Vorhängen. Heizkörper sind auch keine Wäschetrockner!
- 16 bis 18 Grad sind ideal zum Schlafen, spätestens ab 20 Grad nimmt die Schlafqualität ab.
- Die Luftfeuchtigkeit sollte 50 bis 55 Prozent betragen.
- Schlafen Sie mit offenem Fenster (falls es keine störenden Geräusche in der Umgebung hat).
- Tragen Sie Bettsocken: Wer kalte Füsse hat, braucht dreimal länger zum Einschlafen als Leute mit warmen Füssen.
- Zelebrieren Sie Einschlafrituale, zum Beispiel jeden Tag eine halbe Stunde (nicht länger) im Bett lesen.
- Versuchen Sie, den vergangenen Tag in einer einfachen Zeichnung oder einem kurzen Satz zusammenzufassen.
Das bringt Sie um den Schlaf
- Verzichten Sie im Schlafzimmer auf elektrische Geräte wie Computer, Fernseher oder Funktelefone.
- Halten Sie Haustiere vom Schlafzimmer fern: Tierhaare können Allergien auslösen.
- 90 Prozent aller Hausstaubmilben konzentrieren sich im Bett. Deshalb als Erstes Matratze und Kissen sanieren, wenn Sie allergisch auf Hausstaub reagieren.
- Pflanzen sind schön fürs Auge, aber schlecht für die Schlafqualität.
- Lassen Sie Beziehungsdiskussionen, Erziehungsstress und Arbeitskonflikte draussen vor der Schlafzimmertür.
- Man kann auch zu früh ins Bett gehen – müde wird man in aller Regel ausserhalb des Schlafzimmers, nicht darin