Muss Kater Carlo nach dem Tod seiner Halterin zurück ins Tierheim?
Als eine ältere Frau stirbt, bleibt ihr Kater allein zurück. Ihre Beiständin sucht ihm ein neues Zuhause, doch das Tierheim hat andere Pläne.
Veröffentlicht am 18. Juni 2019 - 15:12 Uhr
Vier Jahre lebte Kater Carlo bei Paula Stieger*, da hatte er es gut. Doch dann verstarb sie im Mai und liess ihr Haustier zurück. Glücklicherweise sorgte sich Karin Meyer*, die Beiständin der Verstorbenen, um das «Tigerli» und suchte nach einem neuen Zuhause. Carlo war leicht zu vermitteln – innerhalb von einem Tag war ein neues Plätzchen gefunden. Der Übergabetermin stand bereits fest, doch Meyer hatte die Rechnung ohne das Tierheim gemacht, aus dem Carlo stammte. «Froh über die einfache Lösung informierte ich das Heim über den Besitzerwechsel. Doch dieses bestand darauf, Carlo abzuholen.»
Als Paula Stieger ihren Carlo vor vier Jahren im Tierdörfli Olten abholte, schloss sie einen Tiervermittlungsvertrag. Genau wie ein Übernahme- und Platzierungsvertrag ist ein solcher an Bedingungen und Auflagen geknüpft. Solche Verträge sind üblich. Ihr Ziel ist es, die Tiere zu schützen: Da Halter eine Übergabegebühr für das Haustier zahlen und sich rechtlich binden, sind sie sich ihrer Verantwortung eher bewusst. Der Schweizer Tierschutz (STS) empfiehlt, den Vertrag genau zu lesen: «Es gibt keine einheitlichen Verträge; jedes Tierheim verwendet seine eigenen», so Rechtsanwalt Lukas Berger vom STS. Oft sichern sich Tierheime das Recht, die Haltung der Tiere ohne Voranmeldung zu kontrollieren. Viele bestehen ausserdem auf ein Mitspracherecht bei der Weitervermittlung und wollen bei der ärztlichen Behandlung eines Tieres informiert werden.
«Das Wichtigste ist doch, dass ein Haustier so schnell und einfach wie möglich wieder ein gutes Zuhause findet»
Karin Meyer*, Beiständin
«Vor allem ältere Kunden sind froh um die Verträge. Sie wollen sicherstellen, dass auch im Todesfall für ihr Haustier gesorgt wird», erklärt Susanne Klein vom Tierdörfli Olten. «Paula Stieger hat uns ab und zu um Hilfe gebeten, zum Beispiel als sie sich 2017 mehrere Wochen aus gesundheitlichen Gründen nicht um ihren Kater kümmern konnte, wurde Carlo während dieser Zeit im Tierdörfli betreut.» Klein betont, dass es dem Tierdörfli um das Wohl der Tiere gehe: «Wir engagieren uns – auch wenn das Tier einen Platz gefunden hat.»
Auch Berger findet solche Vereinbarungen sinnvoll. Ein zeitlich begrenztes Mitspracherecht von bis zu zwei Jahren wäre laut dem Rechtsanwalt aber ausreichend: «So kann verhindert werden, dass Tiere übereilt weitervermittelt werden und dabei kein guter neuer Platz ausgewählt wird», erklärt er. «Wer ein Tier jedoch schon viele Jahre betreut hat und es nicht mehr behalten kann, soll selber entscheiden dürfen, an wen er es weitergeben möchte.»
Kurz nach dem Telefonat holte das Tierdörfli Olten den Kater ab und liess ihn beim Tierarzt untersuchen. «Eine solche Untersuchung ist bei uns Standard. Carlos Fall zeigt, wie sinnvoll sie ist», sagt Klein. Der Tierarzt stellte nämlich fest, dass der Kater herzkrank und auf Medikamente angewiesen ist. Das Tierdörfli informierte die interessierte Halterin darüber und bot ihr einen neuen Vertrag an. Das war dieser allerdings zu mühsam – sie zog das Interesse zurück.
Beiständin Karin Meyer kann das Vorgehen des Tierheims nicht nachvollziehen: «Das Wichtigste ist doch, dass ein Haustier so schnell und einfach wie möglich wieder ein gutes Zuhause findet», sagt sie. Das wurde in Carlos Fall verhindert, weshalb der Kater nun zurück ins Heim müsse. Eine schnelle Vermittlung sei zwar wichtig, aber nicht ganz einfach, so Susanne Klein. «Wenn eine Katze zum Beispiel jahrelang draussen war, macht es keinen Sinn, sie plötzlich nur noch in der Wohnung zu halten. Wir klären ab, ob der neue Ort zum Tier passt.» Das Tierheim sei bemüht, den Aufwand so gering wie möglich zu halten: «Wir übernehmen die Kosten für Transport und Tierarzt, auch der neue Vertrag kostet nichts. Neue Halter werden lediglich um eine freiwillige Spende gebeten.»
Carlo wohnt momentan noch im Tierdörfli Olten. Dieses sucht ihm ein neues Zuhause. Möglichst ruhig soll es sein und bestenfalls einen Balkon haben.
*Namen geändert
Wer sich einen Hund, eine Katze, oder ein Pferd anschafft, muss wissen, dass damit auch Pflichten einhergehen. Beobachter-Mitglieder erfahren, was mit einem Haustier auf sie zukommt, wie sie als Tierhalter haften und wie es mit der Bewilligungspflicht des Vermieters zur Haltung von Haustieren in Mietwohnungen aussieht.
1 Kommentar
Mit dem Vertrag, auf dem Frau Klein und ihre Helferinnen beharren, erreichen sie leider genau das Gegenteil von dem was sie, und die meisten Tierfreunde sich wünschen! Es darf kein Wort am Vertrag geändert werden, auch nicht, wenn die erwachsenen Kinder mitunterschreiben und sich verpflichten möchten, das Tier zu pflegen, falls die Eltern nicht mehr können. Freiwillig sich eine Konventionalstrafe aufhalsen ist auch nicht jedermanns Sache - man denke nur an böswillige Nachbarn oder Kollegen. Also übernehmen viele Leute aus der Region lieber auf anderen Wegen ein Tier... und genau das, will man ja eigentlich nicht.