«Wir müssen reden.» Als er an jenem Abend nach Hause kam, wusste Beate S., dass jetzt auf den Tisch kommen würde, was sie schon lange ahnte: Er hatte sich in eine andere verliebt, wollte mit ihr zusammensein. «Er ging, ich blieb zurück.»

Tagsüber fand die 43-Jährige Ablenkung in ihrem Job als Buchhalterin, aber nach Feierabend drohte die grosse Leere. Keinen Abend habe sie es zu Hause ausgehalten. Sie quartierte sich bei Freunden ein, sooft es ging. Sie schaute sich im Internet nach einem neuen Partner um und lernte tatsächlich einen sympathischen Mann kennen. «Ich lud ihn zu mir ein, kochte für ihn. Und plötzlich dachte ich: ‹Was tust du da?›» Es sei ihr klar geworden, dass es nichts bringe, sich in die nächstbeste Affäre zu stürzen. Und dass sie sich vor zwei Dingen nicht drücken konnte: das Alleinsein zu ertragen lernen und sich Gedanken zu machen, wie es weitergehen soll.

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Sie hielt es aus, vier Monate lang. Eine schlimme Zeit? «Ja und nein. Ich habe versucht, mir Gutes zu tun, war oft in der Sauna, habe Entspannungstechniken gelernt, viel gelesen.» Auch habe sie sich einer Selbsthilfegruppe angeschlossen - was sie allen Betroffenen empfehle.

Aber sie hatte auch düstere Zeiten zu überstehen. Etwa als sie wegen einer Blasenentzündung ins Spital musste. «Der Arzt fragte, welche Angehörigen er benachrichtigen solle. Und ich musste sagen: ‹Ich habe niemanden.›»

Die Familie, die auseinanderbricht - das schmerzt die 37-jährige Eva K. nach ihrer Scheidung am meisten. «Ich bin in einer Bilderbuchfamilie aufgewachsen und war extrem traurig darüber, dass ich es nicht so gut hinbekommen habe.» Ihr Ex-Mann und sie versuchen, vernünftig miteinander umzugehen - den Kindern zuliebe.

Zwischen Trauer und Zorn

Die Wochenenden verbringen die Kleinen, fünf und sieben Jahre alt, bei ihrem Vater. «Das tut am meisten weh: getrennt zu sein von meinen Kindern.» Anfangs seien die Wochenenden Horror gewesen. «Ich war wie gelähmt.» Und ausserdem gebeutelt von extremen Gefühlsschwankungen: mal traurig, mal hilflos, mal zornig, mal einsam. Sie habe einfach nicht gewusst, wie sie den Groll auf ihren Mann abreagieren sollte.

Was ihr half: mit Freunden reden. Sie nahmen sich Zeit und spendeten Trost. Eva Kuhn litt auch körperlich: Sie konnte wochenlang nicht richtig essen, verlor mit den Kilos auch Kraft und Energie. Ihre Ärztin und eine Psychologin halfen ihr wieder auf die Beine.

«Die Krise kam ein Jahr nach der Trennung», erinnert sich der 50-jährige Michael E.. Die letzten der 24 Ehejahre seien ein Kampf gewesen: viel Streit, zunehmende Aggression. Die Trennung habe er als Befreiung empfunden, als Überlebensstrategie. Er verliess das gemeinsame Haus und bezog eine kleine Wohnung. Nach seinem Rhythmus zu leben habe ihm gutgetan. Er traf sich mit Freunden, hielt Kontakt zu den beiden erwachsenen Kindern. Alles schien sich einzupendeln.

«Man muss durch den Schmerz durch»

Doch dann habe es ihn eingeholt, dieses Gefühl der Einsamkeit. Alte Verletzungen kamen hoch und mit ihnen die Wut auf die Ex-Partnerin. Er litt monatelang, schlief schlecht, suchte professionelle Hilfe. Als Therapeut weiss er, dass man «durchmuss, durch diesen Schmerz, auch wenn es brutal wehtut». Während dieser Zeit war er nicht mehr in der Lage, andere Paare zu beraten. «Die eigene Trennung hatte so viele Wunden aufgerissen, ich wäre zu einem objektiven Rat gar nicht fähig gewesen.» Michael E. kann aus eigener Erfahrung sagen: Eine gescheiterte Beziehung zu verarbeiten braucht Zeit - mehr Zeit, als man denkt.

Wie mit der Trennung fertig werden?

Ob zwei Monate oder zwei Jahre: «Man sollte sich die Zeit lassen, die man braucht, um vom Partner loszukommen», empfiehlt Psychotherapeut Theodor Itten aus St. Gallen. Weitere Tipps, wie man mit der Trennung besser fertig wird:

  • Mit Freunden essen gehen, Sport treiben, wandern: Machen Sie, was Ihnen guttut, das gibt Boden unter die Füsse. Führen Sie ein Tagebuch, fassen Sie Ihren Schmerz und Ihre Wünsche in Worte, das hilft.

  • Der Partner hinterlässt eine Lücke. Diese Leere muss man spüren und aushalten. Therapeut Itten: «Man kann sich besinnen, überlegen, wo man steht, wer man ist.» All das hilft, mit der Situation fertig zu werden. Dabei soll man heftige Gefühle wie Ärger, Enttäuschung, Trauer und Wut ruhig zulassen und sich nicht betäuben, schon gar nicht mit Suchtmitteln.

  • Sie haben eine Stinkwut auf den oder die Ex? Das ist normal. Wurde man verlassen, darf man dem anderen die Wut zeigen, aber man sollte dabei nicht destruktiv werden. Spaziergänge oder Sport helfen, Aggressionen zu kanalisieren. Suchen Sie ein klärendes Gespräch mit Ihrem Ex-Partner, um die geeigneste Lösung für die Situation zu finden, vor allem wenn es um Kinder geht, so die Mediatorin Irène Hämmerli-Mülhauser aus Murten. Weiter empfiehlt sie: Gute Erinnerungen an den anderen bewahren − das helfe, negative Gefühle zu dämpfen oder zu bremsen.

  • Haben Sie Kinder? Irène Hämmerli-Mülhauser empfiehlt: «Lassen sie deren Situation nicht ausser Acht und suchen Sie in der Verwandtschaft, Bekanntschaft oder bei Fachpersonen Unterstützung.» Eltern seien in dieser Situation meist mit sich selbst überfordert und hätten oft nicht die Kraft auf die Sorgen und Nöte der Kinder einzugehen.

  • Falls der Verlassene ausflippt: Grenzen Sie sich ab. Sollte es zu Übergriffen oder Racheakten kommen, vertrauen Sie sich Ihrer Familie, Freunden, einer Beratungsstelle an - oder gehen Sie zur Polizei.

  • Wer allein nicht klarkommt, sollte sich einer Selbsthilfegruppe anschliessen oder eine Psychotherapie ins Auge fassen.