Spreitenbach AG im Limmattal. Eingeklemmt zwischen der dauergestauten Überlandstrasse und der riesigen Baustelle für die Limmattalbahn, umringt von Autohäusern, Hamburgerketten und Brachland steht die Überbauung Kreuzäcker. Neben Wohn- und Bürogebäuden wurde dort auch ein Hilton-Hotel hingestellt. Bauherrin des 100-Millionen-Projekts ist die Firma Vetus Lux Immobilien AG (Firmenname geändert). Sie gehört den kroatischen Zwillingsbrüdern Luka und Ivo Horvat (beide Namen geändert), 47.

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Auf den Hotelparkplätzen stehen ein paar wenige Autos, fast nur SUVs mit AI-Nummern. Mietautos. Bar und Restaurant sind verwaist. Vom Glanz des Hilton-Imperiums ist wenig zu spüren. Glamour gibts nur, wenn einer der Horvats mit dem Bentley oder Lamborghini vorfährt.

Drei Jahre verspätet

Die Eröffnung des Hotels war auf 2016 angesagt. Im März 2019 war der Bau fertig. Für viele Zulieferer und Subunternehmen ist die Geschichte aber nicht abgeschlossen – über 30 Firmen warten noch immer auf ihr Geld. Seit Mitte 2018 wurde die Vetus Lux Immobilien AG auf über 5,2 Millionen Franken betrieben. Forderungen weit über 2 Millionen Franken sind derzeit offen, vom Lifthersteller, von Gipsern, Fensterbauern, Innenausstattern. Und vom kantonalen Steueramt. Diesem allein schuldet Vetus Lux Immobilien Fr. 153'725.50, Stand 17. Februar 2020.

Die Horvat-Zwillinge, die Karate zeitweise auf Wettkampfniveau betrieben, haben eine bewegte geschäftliche Vergangenheit. Mit einem Bodenlegergeschäft gestartet, versuchten sie es mit einem Pizzakurier, bis es sie ins Immobilienwesen verschlug. 2012 übernahmen sie die Firma Vetus Lux Immobilien von einem gewissen Dejan Markovic (Name geändert).

Dejan Markovic ist heute über seine Firma WKLM (Firmenname geändert) Franchisenehmer und Betreiber des Spreitenbacher Hilton und damit Mieter der Bauherren Horvat. Prestigeträchtige Verstärkung hatte WKLMs Firma bis 2019 durch Guglielmo L. Brentel, den früheren Präsidenten des Branchenverbands Hotelleriesuisse.

Auch auf privater Ebene bestehen Beziehungen. Etwa mit Darian Markovic (Name geändert), dem Cousin von Dejan Markovic. Und Luka Horvat soll mit einer Verwandten der Markovic-Cousins verheiratet sein.

Darian Markovic scheint ein vielseitiger, aber eher glückloser Geschäftsmann zu sein. Fünf seiner sieben Firmen sind in Auflösung oder liquidiert. Er versuchte sich gemäss Handelsregister in Personalberatung und mit der Brilliant Classics GmbH in Gold- und Silberwaren. Auch gründete er die American Original Hotdog GmbH, die er 2014 an seine Frau überschrieb, die die Firma letzten November in einen Baudienstleister umwandelte.

Über die Economy Vision GmbH, die gemäss Handelsregister einer kroatischen Firma gehört, vermietet Darian Markovic in Zürich Langzeitappartements. So wie die auf seine Frau eingetragene Vondo AG, die solche Wohnungen im Gebäude des Spreitenbacher Hilton-Hotels vermietet. Zudem gründete er die Inex GmbH, von der später noch die Rede sein wird.

Millionenprojekte in Kroatien

Die Horvat-Zwillinge sind auch in ihrem Heimatland aktiv, etwa in Vukovar. Dort haben sie ein Hotel mit 120 Zimmern gekauft, das sie abreissen und bis 2023 durch das «grösste Gebäude Kroatiens» ersetzen wollen, wie sie in der lokalen Presse zitiert wurden. Investitionsvolumen: 25 Millionen Euro.

Beim Projekt in Basko Polje hätten sie «etwas Geld» verloren, zitierte ein kroatisches Online-Portal die Zwillinge letzten Oktober. Es ging um einen Hotelkomplex an der dalmatischen Küste für 150 Millionen Euro. Das geplante Fünfsterne-Resort mit 1500 Betten ist heute wie damals– ein Campingplatz.

«In der Schweiz besitzen die Brüder drei Hotels, die sie selbst gebaut haben, bevor sie das Management an Hilton übergaben», schrieb das kroatische Online-Portal «Croatia Times» vor zwei Jahren. Bloss: Bis heute gibt es neben dem Hilton in Spreitenbach nur zwei weitere Hilton-Hotels in der Schweiz. Mit beiden haben und hatten die Gebrüder Horvat nichts zu tun.

Wie aber erhalten zwei ehemalige Bodenleger solch grosse Projekte und Kredite zugesprochen? Hilfreich dürften die prominenten Namen im Verwaltungsrat gewesen sein. Zum Beispiel der Sportfunktionär René C. Jäggi, der ehemalige Präsident des FC Basel Fankultur Blut, Schweiss und Schläge und des FC Kaiserslautern und Botschafter des Internationalen Judoverbands. Bereits mit 38 wurde er Chef der Sportmarke Adidas, sass über die Jahre in rund zwei Dutzend Firmen im Vorstand. Auch Franz Hidber, 85, der frühere Chef der börsenkotierten Züblin Immobilien Holding, sitzt im Verwaltungsrat von Vetus Lux Immobilien. Er weibelt nicht nur für das Horvat-Projekt in Vukovar, sondern auch für eines in Disentis, bei dem es um ein geplantes Hotel für die Hilton-Kette mit einem Investitionsvolumen von 100 Millionen Franken geht. Franz Hidber amtiert zudem in Zürich als Konsul der karibischen Steueroase Grenada.

Stefan Amstad rundet die Truppe ab. Er sitzt im Verwaltungsrat verschiedener Firmen der Börsenbetreiberin SIX Group.

Beteiligt ist auch die Raiffeisenbank Lägern-Baregg. Sie liess im Oktober 2018 im Grundbuch ein Kaufrecht auf die Liegenschaft Kreuzäcker über 61 Millionen Franken sichern. Welche Bank 2015 die erste Tranche von 47 Millionen einschoss, lässt sich nicht sagen, da der Schuldbrief auf eine Verwaltungstreuhänderin lautet.

Von den illustren Namen haben die Zulieferer und Baufirmen mit ihren offenen Rechnungen herzlich wenig. Verwaltungsräte sind in der Regel nicht für die Schulden ihrer Firmen haftbar.

Einer der gut drei Dutzend Gläubiger Gläubiger So kommen Sie zum Geld von Vetus Lux Immobilien ist Karl Piller (Name geändert). «Die Zusammenarbeit am Projekt Kreuzäcker war von Anfang an mühsam. Die endlosen Vertragsverhandlungen fanden ab Sommer 2017 statt, ab 2018 vor allem mit Dejan Markovic und einem gewissen Albert Steinacher (Name geändert). Er trat als oberster Bauleiter von Vetus Lux Immobilien auf», erinnert er sich. Schliesslich wurde man sich im November 2018 einig. «Aber kurz vor Unterzeichnung der Werkverträge forderte Herr Steinacher plötzlich, dass wir die Verträge mit einer anderen Firma eingehen sollten», erinnert sich Piller.
 

Konkursite Firma

Es handelte sich um die Inex GmbH, jene Firma, die Dejan Markovic 2012 gegründet und zwei Jahre später an Jovica Zebeljan übergeben hatte. Das hinderte Markovic aber nicht daran, bei Verhandlungen der Inex mit Zulieferern und Handwerkern wiederholt anwesend zu sein, wie Geschädigte berichten. Markovic will dazu nichts sagen.

Die erste Akontozahlung Ende 2018 traf pünktlich bei Piller ein. Dann war erst einmal Ebbe. «Zu diesem Zeitpunkt hatten wir bereits alle Bauteile geliefert», sagt er. Die zweite Tranche kam mit grosser Verspätung. Danach lief finanziell gar nichts mehr.

«Hätten wir gewusst, was wir heute wissen, hätten wir uns gar nicht erst auf das Projekt eingelassen und schon gar nicht unsere Rechnungen an die Inex gestellt», sagt Piller heute. Tatsächlich war am 2. Oktober 2018 ein Konkursverfahren über die Inex eröffnet worden. Zehn Tage später wurde sie durch eine Finanzspritze unbekannter Herkunft reanimiert. Nicht einmal ein Jahr später wurde erneut ein Konkursverfahren gegen die Inex eingeleitet, das mangels Aktiven am 19. November 2019 eingestellt wurde.

Wie viele der Ausstände von Vetus Lux in der Konkursmasse der Inex versandet sind, ist unklar. Piller ist nicht der Einzige, der überredet wurde, die Rechnungen an die marode Inex GmbH zu schicken. Er und viele Leidensgenossen versuchen jetzt mit juristischen Mitteln, die Zehn-, teils Hunderttausende von Franken einzufordern, die Vetus Lux Immobilien ihnen schuldet.

Pillers Erlebnisse decken sich mit denen anderer Geschädigter, mit denen der Beobachter gesprochen hat. Zum Beispiel Ferdinand Meier (Name geändert). Er hat noch keinen Rappen für seine Ware und seine Arbeit gesehen. Nur fünf Tage bevor die Inex das erste Mal in Konkurs geschickt wurde, war er per Mail dazu überredet worden, den Auftrag über die Inex abzuwickeln. Das beweist der Schriftverkehr. «Ich wusste zu jenem Zeitpunkt natürlich nicht, wie es um die Firma stand.»

Bei den langwierigen Verhandlungen seien die beiden Brüder kaum je anwesend gewesen, erzählen Geschädigte. «Es war meistens Albert Steinacher, der uns hinhielt und uns Versprechen um Versprechen machte. Bis auch er immer öfter nicht erreichbar war.»

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«Es besteht in dieser Sache keinerlei Aufklärungsbedarf», liess der Anwalt von Vetus Lux Immobilien, deren Organen und Albert Steinacher auf Anfrage verlauten. Jovica Zebeljan erklärte, die geschäftliche Beziehung zu Vetus Lux sei abgeschlossen. Hilton reagierte auf zweimalige Anfrage nicht.


Hinweis: Die Namen zweier Firmen sowie die Namen von vier genannten Personen wurden gemäss Urteil des Handelsgerichts Zürich vom 13.6.2023 anonymisiert. Der zweitletzte Absatz des Textes wurde ebenfalls auf Verfügung des Handelgerichts gelöscht.