Klinikverbot für Assistenzhund Dylan
Claudia Sennhauser (31) leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Ihre Therapie kann sie aber nicht antreten – die Privatklinik will Sennhausers medizinischen Assistenzhund nicht im Haus.
Veröffentlicht am 5. August 2022 - 10:54 Uhr
Lange suchte die 31-jährige Claudia Sennhauser einen Therapieplatz, um ihre posttraumatische Belastungsstörung behandeln zu lassen. Fündig wurde sie bei der Clienia, einer Privatklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Oetwil am See ZH. Doch statt einer Therapie folgte ein Theater um ihren Labrador.
Dylan ist ein medizinischer Assistenzhund. Er machte mit Sennhauser eine rund 30'000 Franken teure Ausbildung. Nun riecht er, wenn sie Adrenalin ausschüttet, weil eine Panikattacke bevorsteht, und bringt ihr die Medikamente. «Dylan hat mich noch nie im Stich gelassen. Ich bin immer wieder überwältigt, was er kann», sagt Sennhauser, die auch an der schmerzhaften Bindegewebserkrankung Ehlers-Danlos-Syndrom leidet.
Dylan ist ihr ständiger Begleiter, der ihr Sicherheit gibt. Die zwölf Wochen stationäre Traumafolgetherapie könne sie unmöglich ohne ihn durchstehen, sagt Sennhauser. Doch die Clienia verweigert dem Hund den Zutritt. Man sei «vom Konzept und von der Infrastruktur her zu wenig darauf ausgerichtet». Der zuständige Oberarzt schrieb, man könne «die Anwesenheit eines Assistenzhundes auf absehbare Zeit nicht gestatten».
Gegenüber dem Beobachter gibt sich die Clienia tierfreundlicher. Zum konkreten Fall könne man sich nicht äussern, sei aber grundsätzlich in der Lage, Personen mit Assistenzhunden aufzunehmen. Für konkrete Entscheide müsse «stets die spezielle Situation in der psychiatrischen Klinik gewürdigt und das Wohl aller Patienten und Patientinnen sowie der Mitarbeitenden sichergestellt werden».
Diskriminierendes Verbot
Die Haltung der Clienia sei kein Einzelfall, schreibt Swisshelpdogs, die Fachorganisation für Assistenzhunde. Probleme mit dem Zutritt gebe es immer wieder.
Staatliche Dienstleister müssten solchen Hunden den Zugang erlauben, falls Menschen mit Behinderung auf sie angewiesen seien, so das Büro für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. Private Dienstleister hätten aber weniger weit gehende Verpflichtungen.
Für Inclusion Handicap, den Dachverband der Behindertenorganisationen, ist ein Zutrittsverbot der Assistenzhunde diskriminierend.
Sennhauser hat mit der Clienia abgeschlossen: «Für eine solch intensive Therapie muss ich mich willkommen fühlen. Ohne Dylan ist das nicht möglich.»
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2 Kommentare
Ein/e Hundehalter/in hat nicht nur Verantwortung gegenüber dem Tier sondern auch anderen Menschen gegenüber. Letzteres geht leider oft vergessen, was auch dieser Artikel zeigt, sie werden mit keinem Wort erwähnt, ich glaube, man hat noch nicht einmal an diese Menschen gedacht. Es gibt viele Menschen, die keine Hunde mögen bzw. sich vor Hunden fürchten oder allergisch reagieren (ist ja auch nicht böse gemeint, ist halt einfach so). Käme ein Hund auf dieselbe Abteilung wie ich, müsste ich die Klinik wohl verlassen, unter Angst/Unwohlsein kann wohl keine Therapie erfolgreich sein. Bitte, liebe Hundehalter/innen, denkt auch an die anderen Menschen, die nicht die gleiche Begeisterung für euren Hund aufbringen können und durch die Anwesenheit eines Hundes beeinträchtigt sind. Herzlichen Dank!
Liebe Frau Martel
Besten Dank für Ihre Sicht, jedoch kann ich Ihnen versichern, dass ich selbstverständlich auch an meine Mitmenschen denke.
Die Verantwortung übernehme ich jedoch nur für mich und meinen Hund - meine Mitmenschen müssen schon selber für sich schauen.
Da käme ich nirgends hin ;))
Eine Station in einer Klinik bietet genügend Platz, dass mit sorgfältiger Prüfung und Organisation auch auf potenzielle Ängste und / oder Allergien der Mitmenschen eingegangen werden kann.
Zudem ist Dylan ja ein Assistenzhund alleine für mich, da dürfen andere Patienten sowieso keinen Kontakt zu ihm haben. Schliesslich arbeitet er ja und darf in seiner Konzentration nicht gestört werden!
Zudem könnte dies auch eine Chance sein, dass jemand wie Sie, die solche Angst vor Hunden hat, sich dieser stellen kann :)
Nur weil Sie schlechte Erfahrungen mit Hunden gemacht haben, heisst dies nicht dass alle so sind.
Ich wünsche Ihnen von Herzen alles Gute