Neues Parlament ist bei Einkünften transparenter
Die Grünen schwingen oben aus, die SP versinkt im Mittelmass und die Politikerinnen und Politiker der SVP verweigern jeglichen Einblick in ihre Finanzen. So präsentiert sich die Transparenzliste 2020 von Lobbywatch.ch.
Veröffentlicht am 15. Juni 2020 - 11:12 Uhr
Unter der Bundeshauskuppel weht offenbar ein frischer Wind: Die neu gewählten Mitglieder von National- und Ständerat sind eher bereit, über ihre ausserparlamentarischen Einkünfte zu reden, als dies im «alten» Parlament der Fall war.
Von den 79 neuen Ratsmitgliedern haben 46 gegenüber der Transparenzplattform Lobbywatch.ch die Einkünfte aus ihren Interessenbindungen vollständig offengelegt. Das sind immerhin 58,2 Prozent. Zwei Ratsmitglieder legten zudem einen Teil ihrer Entschädigungen offen.
Die Unterschiede zwischen den Fraktionen sind jedoch frappant: Von den 23 neu gewählten Mitgliedern der grünen Fraktion deklarierten alle ihre Einkünfte. Auf Platz 2 der Transparenzfreudigen folgt die SP mit 69,2 Prozent. Das heisst: Bei der SP, die massgebend hinter der Volksinitiative für mehr Transparenz in der Politfinanzierung stehen, legen nur gerade zwei Drittel der neuen Ratsmitglieder ihre Einkünfte offen.
Bei den Grünliberalen schafften 60 Prozent Transparenz, bei der Mitte-Fraktion immerhin die Hälfte der Neugewählten, bei der FDP lediglich 20 Prozent. Auf dem letzten Platz liegt die SVP. Keines der 11 neu gewählten Ratsmitglieder konnte sich dazu durchringen, seine Einkünfte aus Mandaten bei Verbänden, Organisationen und Unternehmen offenzulegen.
Infografik: So transparent sind die Neugewählten in den Fraktionen
Für Lobbywatch-Co-Präsident Otto Hostettler sind diese Zahlen erfreulich und bedenklich zugleich: «Dass die gesamte neugewählte Grünen-Delegation ihre Einkünfte offenlegt, stimmt uns zuversichtlich. Andererseits ist es für uns unverständlich, warum man sich insbesondere bei der SVP mit dem Gedanken derart schwer tut, dass Personen in öffentlichen Ämtern deklarieren sollten, von wem sie Geld erhalten.»
Lobbywatch.ch, die Plattform für transparente Politik, publiziert die Transparenzliste bereits zum vierten Mal. Die Ergebnisse der aktuellen Liste lassen sich jedoch aus verschiedenen Gründen nur bedingt mit den Resultaten der früheren Jahre vergleichen.
Zum einen umfasste die im Herbst 2019 im Hinblick auf die eidgenössischen Wahlen publizierte Transparenzliste nur die wiederkandidierenden Politikerinnen und Politiker. Zum anderen fand mit dem Beginn der laufenden Legislatur im Dezember 2019 ein eigentlicher Systemwechsel statt. Seither müssen die Mitglieder von National- und Ständerat gegenüber den Parlamentsdiensten deklarieren, ob ein Mandat ehrenamtlich oder gegen Bezahlung ausgeführt wird. Diese neue Deklarationspflicht hat Lobbywatch.ch erst für die neuen Ratsmitglieder erfasst.
Prüfen Sie selber, ob die von Ihnen gewählten Politikerinnen und Politiker ihre Einkünfte offen legen. Wenn Sie dazu eine Person in der Suche auf Lobbywatch gefunden haben, klicken Sie auf eine seiner/ihrer Interessenbindungen. Transparente Parlamentsmitglieder legen hier offen, wieviel sie mit einer Tätigkeit bei einem Verband, einer Firma oder einer Organisation jährlich verdienen.
Wer diese Angaben unvollständig bekannt gibt, gilt bei Lobbywatch als «teilweise transparent». Gemäss Gesetz müssen die Mitglieder von National- und Ständerat lediglich offenlegen, ob eine Tätigkeit ehrenamtlich oder bezahlt ausgeführt wird – ohne Angabe des finanziellen Umfangs. Eine aus Sicht von Lobbywatch ungenügende Regelung.
- Hier finden Sie die Transparenzliste 2020 und eine Auswertung nach Fraktionen
Dieser Beitrag erscheint hier dank einer Kooperation von Beobachter.ch mit Lobbywatch Schweiz. Lobbywatch Schweiz ist ein nichtkommerzieller Verein und betreibt ein webbasiertes Recherchetool für Medienschaffende sowie einen Blog. Die Plattform Lobbywatch thematisiert Interessenbindungen zwischen National‐ und Ständeräten zu Firmen, Vereinigungen und Institutionen. Gleichzeitig wird der Einfluss dieser Verbände, Organisationen und Firmen analysiert. Die Beobachter-Journalisten Otto Hostettler und Thomas Angeli sind Co-Präsidenten von Lobbywatch.
2 Kommentare
Fakt ist, dass sämtliche ParlamentarierInnen, der gesamte Verwalungsapparat der Schweiz, von den Volks-Steuergeldern entlöhnt wird! Logischweise hat die Bevölkerung also das Recht auf entsprechend ehrliche, essenzielle und existenzielle "VOLKS-Wohl-Politik"! Folglich muss es endlich und unbedingt ein klares VERBOT von lukrativen VR-Mandaten geben und Spendengelder-Transparenz aller politischen Parteien und "Volks-VertreterInnen"!!
Den bürgerlichen Renditejägern geht es nur um ihre Kohle. Damit zerstörten sie das Gesundheitswesen, wo Impfstoffe und hunderte von Medikamenten fehlen, sie formten ein vor allem Kosten optimiertes Bildungssystem mit monothematischer Unterrichtsdidaktik, wo schwächere Schüler durch die Maschen fallen und eine Sparpost, die den normalen Kunden abzockt. Urs Schwaller (CVP) war doch ihr Präsident.