Zu Unrecht verdächtigt
Viele Bürger sind im Kanton Zürich als potentielle Kriminelle registriert. Grund: Von Freisprüchen und eingestellten Verfahren weiss die Polizei nichts. Der Beobachter sagt, was Sie dagegen unternehmen können.
Veröffentlicht am 26. Oktober 2009 - 19:03 Uhr
Die 14-jährigen Jugendlichen Raphael Hediger und Cyrill Amherd (Namen geändert) wurden zu Unrecht des Raubs beschuldigt; ein Mitschüler hatte den «Überfall» erfunden. Die Strafverfahren wurden eingestellt (siehe Artikel zum Thema: Knaben unschuldig in Einzelhaft). Dennoch waren die beiden in der Datenbank Polis, die die Zürcher Kantonspolizei bei ihrer Arbeit täglich braucht, weiter als Angeschuldigte aufgeführt.
Nur weil die Eltern daran dachten, von der Polizei eine Korrektur zu verlangen, wurde in der Datenbank der Vermerk angefügt, dass die Verfahren eingestellt seien. Im Kanton Zürich (aber zum Beispiel auch im Kanton Bern) haben Staatsanwälte und Richterinnen nämlich keine Pflicht, der Polizei zu melden, dass Strafverfahren mit einem Freispruch geendet haben oder eingestellt wurden. Man muss selbst dafür sorgen. Nur weiss das kaum jemand.
Zu vermuten ist deshalb, dass Polis viele unrichtige Daten enthält. «Von Polis wird nicht erwartet, dass es eine abschliessende Auskunft über den Verfahrensstand geben kann», so Marcel Strebel, Mediensprecher der Kantonspolizei Zürich.
Für den Bürger ist das unhaltbar. Als etwa Kostas Georgiou (Name geändert) in eine Verkehrskontrolle geriet, wurde sein Ausweis auffällig lange geprüft. Als Georgiou nachfragte, meinte der Beamte, der Grieche sei halt bei der Zürcher Polizei kein Unbekannter. Tatsache war, dass Georgiou wegen Körperverletzung angezeigt worden war – zu Unrecht (siehe Artikel zum Thema: Unschuldig in der Datenbank der Polizei). Das Strafverfahren wurde eingestellt. Aber eben: Die Polizei erfuhr das nicht.
Der Zürcher Regierungsrat hat nun im Juli dem Kantonsrat beantragt, dass die Strafbehörden innert 14 Tagen der Polizei melden müssen, wenn Verfahren eingestellt wurden oder mit einem Freispruch endeten. Bei der Kapo Zürich steht man dieser Mitteilungspflicht skeptisch gegenüber: «Es muss mit einem Aufwand von mindestens 500 Stellenprozent und mit jährlich wiederkehrenden Kosten von rund einer Million Franken gerechnet werden», schätzt der Mediensprecher.
Diese Bedenken sind erstaunlich: Im Kanton St. Gallen etwa gibt es eine solche Mitteilungspflicht seit Jahren. Sie verursacht kaum Mehraufwand und funktioniert völlig problemlos.
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Dominique Strebels Blog
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