Wildwuchs pur bei Gebühren für Vorsorgeaufträge
Die Gebühren für einen Vorsorgeauftrag sind von Kanton zu Kanton extrem verschieden. Jetzt mahnt sogar der Preisüberwacher.
Veröffentlicht am 7. Januar 2022 - 14:37 Uhr
Im Kanton Obwalden kostet es nur 200 Franken, einen Vorsorgeauftrag beurkunden zu lassen. Elf Kilometer entfernt, im nidwaldnerischen Stans, kostet es bis zu 4000 Franken. Im Kanton Solothurn werden gar keine Gebühren erhoben. In Zürich, Schaffhausen oder Neuenburg kann es richtig teuer werden – bis zu 10'000 Franken oder mehr. (Details siehe Infografik) Wieso diese enormen Unterschiede?
Am Arbeitsaufwand kann es eigentlich nicht liegen. Der Vorsorgeauftrag ist normalerweise keine komplexe Sache. Er regelt, wie und von wem die persönlichen Angelegenheiten besorgt und das Vermögen verwaltet werden sollen, wenn man selbst nicht mehr urteilsfähig ist. So ist es im Erwachsenenschutzrecht festgehalten. Die Validierung, also die Wirksamkeitserklärung, nimmt die zuständige Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) vor.
Wie hoch die Gebühren sind, bestimmen die Kantone selbst. Das heisst aber nicht, dass sie verlangen können, was sie wollen. «Das Erstellen und Beurkunden eines Vorsorgeauftrags ist eine Dienstleistung, die sich alle leisten können müssen», sagt Preisüberwacher Stefan Meierhans. Eine Vorsorgeregelung erleichtere letztlich auch die Arbeit der Behörden. «Die grossen Hürden und die zum Teil hohen Gebühren sind deshalb für mich schwer nachvollziehbar.»
«Die Kantone sind schuld, weil sie sich dagegen gewehrt haben, Kesb-Verfahren in einem Bundesgesetz zu regeln.»
Leo Hug, Gebührenexperte bei Comparis
Das Verfahren ist überall ähnlich: Prüfung des Auftrags, Eignungsabklärung der vorsorgebeauftragten Person, Austausch mit der Person und Ausstellen der Urkunde mit dem Entscheid. Die effektive Gebühr wird nach Aufwand und Komplexität des Falls festgelegt. Falls es zusätzliche Abklärungen braucht, wird es teurer. Hinzu kommen die Gebühren für die Hinterlegung und für den Eintrag im Zivilstandsregister. Generell gilt bei Verwaltungsgebühren: Sie sollten nicht mehr betragen als der Aufwand.
Unterschiedlich hoch sind die Kosten bei der Beurkundung. «Bei den Festlegungen der Gebührenrahmen wurde wohl grosszügig geschlüsselt, statt sich auf das Wesentliche zu konzentrieren», sagt Preisüberwacher Meierhans. Es sei immerhin ein gutes Zeichen, dass die meisten Kantone die Bandbreite nicht vollständig ausschöpfen.
Leo Hug, Gebührenexperte bei Comparis, sagt dagegen klar: «Die Kantone sind schuld, weil sie sich dagegen gewehrt haben, Kesb-Verfahren in einem Bundesgesetz zu regeln.» Nun entscheiden sie. Das habe Folgen.
Es komme immer auf die Mentalität der Kantone an, ob sie die Verwaltung stärker über Steuergelder oder Gebühren finanzieren wollen. In Kantonen, in denen sich die Verwaltungen möglichst selbst finanzieren müssen, sei der Druck gross – und die Beamten verfügten über einen grösseren Spielraum bei der Festsetzung der Gebühren. Das müsse hinterfragt werden, sagt Hug. Denn: «Für solche Anliegen gibt es keine Lobby in den kantonalen Parlamenten. Und wo keine Lobby, da keine politische Veränderung.»
Rat des Preisüberwachers
Wer in einem Kanton mit hohen Gebühren lebt, kann wenig dagegen unternehmen. «Weil es föderal gelöst ist. Das ist bei anderen Dienstleistungen nicht anders», sagt Stefan Meierhans. Er empfiehlt den Kantonen, dass eine Hinterlegung nicht mehr als 30 Franken kosten soll. Die Validierung soll nicht weniger als 150 Franken und höchstens 1000 Franken kosten. Ob sich die Kantone an diesen Vorschlag halten, will der Preisüberwacher in drei Jahren prüfen.
Gebührenexperte Hug drängt auf eine nationale Lösung: «Der Tarif muss vom Bund klar und günstig geregelt werden. Wie beim Erstellen eines neuen Ausweisdokuments oder bei der Eheschliessung. Für mich gehören die amtliche Aberkennung der rechtlichen Handlungsfähigkeit und die Ermächtigung, anstelle dieser Person zu handeln, ins selbe Kapitel.»
Infografik: So stark unterscheiden sich die Kosten in den Kantonen
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