Wozu brauche ich einen Vorsorgeauftrag?

Damit Sie selber bestimmen können, wer sich um Ihre persönlichen Angelegenheiten und um Ihre Finanzen kümmert, falls Sie dauerhaft urteilsunfähig werden – wegen einer Krankheit, eines Unfalls oder einfach weil man älter wird. Wenn es keinen Vorsorgeauftrag gibt, entscheidet die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) Vorsorgeauftrag Was hat die Kesb damit zu tun?  darüber.

Ab wann gilt ein Vorsorgeauftrag?

Erst wenn man urteilsunfähig ist und nicht mehr selber entscheiden kann. Weder die auftraggebende noch die beauftragte Person kann bestimmen, wann dieser Zeitpunkt erreicht ist. Die Erwachsenenschutzbehörde Kesb prüft das Vorsorgeauftrag Darf die Kesb sich einmischen? , setzt den Vorsorgeauftrag in Kraft und erklärt der beauftragten Person ihre Pflichten.

Was soll in einem Vorsorgeauftrag stehen?

Sie können drei Dinge regeln:

  1. wer an Ihrer Stelle entscheidet, welche pflegerischen oder medizinischen Massnahmen zu treffen sind (Personensorge);
  2. wer Ihr Vermögen verwaltet und nach welchen Grundsätzen das geschehen soll (Vermögenssorge);
  3. wer in Ihrem Namen Verträge abschliessen oder kündigen kann (Rechtsverkehr).

Sie können auch nur einen oder zwei dieser Bereiche regeln. Falls nötig, entscheidet dann die Kesb über die anderen Bereiche.

Wie erstelle ich einen Vorsorgeauftrag?

Es nützt nichts, wenn Sie Ihrer besten Freundin mündlich sagen, was sie tun soll. Der Auftrag muss schriftlich erfolgen. Entweder von A bis Z selber von Hand geschrieben, mit Datum versehen und unterzeichnet. Oder mit einem Vorsorgeauftrag, der von einem Notariat öffentlich beurkundet Öffentliche Beurkundung Müssen wir damit zum Notar? wird.
 

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Mehr zum «Vorsorgeauftrag»

Was sollte in einem handschriftlichen Vorsorgeauftrag enthalten sein? Beobachter-Mitglieder erhalten verschiedene Mustervorlagen zum Vorsorgeauftrag als praktische Anleitung. Zudem informiert das Merkblatt «Was müssen vorsorgebeauftragte Personen wissen?», ob man gegenüber der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) Bericht erstatten muss.

Wo bewahre ich den Vorsorgeauftrag auf?

Wenn Sie ihn selber verfasst haben: am besten zu Hause bei den persönlichen Dokumenten. Informieren Sie die beauftragte Person, wo er aufbewahrt ist. Sie können auch beim Zivilstandsamt vermerken lassen, dass Sie einen Vorsorgeauftrag haben und wo er sich befindet. In einigen Kantonen kann man ihn auch bei der Kesb hinterlegen.

Benötigen Ehepaare einen Vorsorgeauftrag?

Die Annahme, als Ehegatte dürfe man die Post des anderen erledigen, den dementen Partner in ein Heim bringen oder notfalls sein Haus verkaufen, ist vermutlich älter als das Eherecht selbst. Tatsache ist, dass das eheliche Vertretungsrecht im Fall der Urteilsunfähigkeit erst seit Januar 2013 gilt. Und dass es nur für alltägliche Angelegenheiten gilt.

Falls man zum Beispiel die Post für den beeinträchtigten Ehegatten erledigt, darf man sie öffnen. Man darf und soll Rechnungen bezahlen und das Einkommen verwalten. Wenn ein Vertragspartner des urteilsunfähigen Gatten nicht glaubt, dass man bloss das gesetzliche Vertretungsrecht ausüben will, erhält man als Beweis eine Urkunde der Kesb.

Aber man darf nicht einfach das Haus des anderen verkaufen, seine Börsengeschäfte tätigen oder grössere Geschenke in seinem Namen ausrichten. Das ist nur möglich, wenn der Gatte dies zuvor in einem Vorsorgeauftrag so bestimmt hat oder wenn die Kesb dies erlaubt.

Genügt eine Vollmacht nicht für Paare?

Es ist juristisch umstritten, ob diese auch noch gilt, wenn man dauernd urteilsunfähig ist. Selbst wenn dies in der Vollmacht so steht. Mit einem Vorsorgeauftrag ist man auf der sicheren Seite. Aber man wird in der Regel nicht von heute auf morgen dauerhaft urteilsunfähig. Bei einer beginnenden Demenz etwa ist eine Vollmacht für die lange Übergangszeit auf jeden Fall sinnvoll.
 

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Welche Aufgabe hat die Kesb bei Vorsorgeaufträgen?

Bevor ein Vorsorgeauftrag in Kraft tritt, muss die Kesb prüfen, ob alles korrekt und vollständig festgehalten ist und ob die betroffene Person dauerhaft nicht mehr urteilsfähig ist. Geprüft wird auch, ob die vorsorgebeauftragte Person in der Lage ist, diese Aufgabe auszuführen.

Wenn alles in Ordnung ist, erhält die beauftragte Person eine Urkunde, auf der festgehalten ist, was die mittlerweile urteilsunfähige Person bestimmt hat. Heime, Banken und Versicherungen und andere Partner müssen diese von der Kesb ausgestellte Urkunde akzeptieren.

Was darf die Kesb alles?

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Beobachter-Experte Walter Noser über die häufigsten Vorwürfe gegen die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Aufzeichnung vom 5.5.2020).
Quelle: Beobachter Bewegtbild

Was passiert, wenn ich keinen Vorsorgeauftrag erstelle?

Wer keinen Vorsorgeauftrag schreibt, ist damit einverstanden, dass ein Beistand eingesetzt wird Beistandschaft Ein Beistand nach Mass , wenn man nicht mehr urteilsfähig ist. Ein Beistand kann nicht schalten und walten, wie es ihm beliebt. Er arbeitet im Auftrag der Kesb und muss wo immer möglich auch den mutmasslichen Willen der verbeiständeten Person berücksichtigen. Ausserdem muss er mindestens alle zwei Jahre bei den Behörden Rechenschaft ablegen.

Was spricht gegen einen Vorsorgeauftrag?

In folgenden Situationen sollte man auf einen Vorsorgeauftrag verzichten:

  • Wenn man der Person, die man beauftragen möchte, nicht blind vertraut. Denn sobald der Vorsorgeauftrag von der Kesb in Kraft gesetzt wird, gibt es niemanden mehr, der diese Person kontrolliert.
  • Wenn man Verwandten, Freunden oder Angehörigen nicht so viel Arbeit aufbürden will. Denn es kann schnell zu einer Überforderung führen, wenn jemand nebst den eigenen administrativen Aufgaben auch noch die Angelegenheiten von Dritten besorgen muss.
  • Wenn die vorsorgebeauftragte Person in einen Interessenskonflikt geraten könnte. Zum Beispiel, wenn sie bei einer Erbschaft oder einem Hausverkauf selber Vertragspartei ist und eigene Interessen verfolgen könnte.

Wer ist als vorsorgebeauftragte Person geeignet?

Das sollte die Person mitbringen:

  • Sie ist für die vorgesehenen Aufgaben persönlich und fachlich geeignet. Und sie kann diese auch wahrnehmen.
  • Sie hat genügend Zeit. Denn sie wird all das tun müssen, was Sie früher selber erledigen und entscheiden konnten.
  • Sie ist handlungsfähig und kann die erforderlichen Rechtsgeschäfte abschliessen.

Was eine vorsorgebeauftragte Person sonst noch wissen sollte, lesen Sie hier.

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Im Erwachsenenschutzrecht tauchen immer wieder juristische Begriffe auf. Beobachter-Mitglieder erfahren nicht nur, was diese bedeuten, sondern auch welche Aufgaben die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) erfüllt und wie man sich mittels eines Musterbriefs gegen einen Entscheid wehren kann.

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