Hilfe für Flüchtende aus der Ukraine: Was gilt in der Schweiz?
Was müssen Schweizerinnen und Schweizer wissen, wenn sie Flüchtenden aus der Ukraine helfen wollen? Wir beantworten die häufigsten rechtlichen und praktischen Fragen.
Veröffentlicht am 3. März 2022 - 15:44 Uhr,
aktualisiert am 25. April 2022 - 12:11 Uhr
Die Themengebiete der häufigsten Fragen:
- Einreise in die Schweiz und Dauer des Aufenthalts
- Unterkunft anbieten
- Medizinische Versorgung für Geflüchtete
- Arbeiten
- Geld überweisen oder spenden, Sozialhilfe
- Direkte Hilfe für Flüchtende in Ukrainisch und weiteren Sprachen
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Einreise in die Schweiz und Dauer des Aufenthalts
- Ich habe ukrainische Bekannte, die auf der Flucht sind und in die Schweiz kommen könnten. Können sie einreisen, und wie lange dürfen sie bleiben?
- Dürfen die Geflüchteten ihre Haustiere mitnehmen?
- Dürfen sich ukrainische Flüchtlinge frei in der Schweiz bewegen und dürfen sie ins Ausland reisen?
- Wo kann man sich beraten lassen?
Ukrainerinnen und Ukrainer können unbürokratisch in die Schweiz einreisen – und bleiben, weil der Bundesrat den Schutzstatus S eingeführt hat. Wenn sie von diesem Schutz Gebrauch machen möchten, melden sie sich idealerweise direkt in einem der Bundesasylzentren BAZ, am besten innerhalb von 90 Tagen nach der Einreise. Dann wird ihr Gesuch geprüft und sie bekommen einen Ausweis S. Sie haben dann Anspruch auf Unterkunft, Sozialhilfe, medizinische Versorgung und: Die Kinder dürfen zur Schule gehen. Zudem können die Menschen arbeiten gehen. Der Ausweis S gilt für ein Jahr und kann verlängert werden. Wenn der Bundesrat den Schutzstatus S in fünf Jahren noch nicht aufgehoben hat, bekommen die Menschen eine Aufenthaltsbewilligung (Ausweis B). Ein Asylgesuch brauchen sie nicht zu stellen – solange der Schutzstatus S gilt, würde dieses ohnehin noch nicht behandelt.
Hunde und Katzen dürfen in Ausnahmefällen in die Schweiz einreisen. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen informiert und stellt ein Meldeformular in Englisch und Ukrainisch zur Verfügung. Anders ist es bei Geflügel, Huf- und Klauentiere. Diese dürfen wegen des hohen Seuchenrisikos nicht mitgenommen werden.
Personen mit Status S müssen grundsätzlich in dem Kanton wohnen bleiben, dem sie zugeteilt wurden. Das SEM kann aber einen Kantonswechsel bewilligen – etwa, damit eine Familie vereinigt werden kann. Sie dürfen ohne Reisebewilligung ins Ausland reisen und wieder in die Schweiz zurückkehren. Achtung: Geflüchtete können ihren Schutzstatus verlieren, wenn sie sich lange oder wiederholt in ihrem Heimatland aufhalten.
Ukrainerinnen und Ukrainer, die neu in die Schweiz kommen, können sich direkt in einem der sechs Bundesasylzentren mit Verfahrensfunktion melden und beraten lassen. Das Staatssekretariat für Migration SEM beantwortet Fragen über die Mailadresse ukraine@sem.admin.ch und unter der Nummer 058 465 99 11 (10–12 und 14–16 Uhr).
Allgemeine Informationen zum Asyl geben auch die Flüchtlingshilfe Schweiz, Caritas oder das Hilfswerk der evangelischen Kirchen Schweiz (Heks).
Asylex, die Online-Rechtsberatung zum Schweizer Asylrecht, hat einen Chatbot gebaut, der Fragen auf Ukrainisch und Englisch beantwortet.
Es gibt viele weitere Stellen, die Unterstützung anbieten – erkundigen Sie sich, welche es in Ihrem Kanton oder in Ihrer Gemeinde sind.
Unterkunft anbieten
- Ich habe eine Wohnung oder ein Ferienhaus, das ich zur Verfügung stellen möchte. Wo kann ich mich melden, wenn ich helfen will?
- Was gilt, wenn ich die Wohnung oder das Ferienhaus nur gemietet habe?
- Braucht es einen schriftlichen Vertrag, wenn ich Leute aufnehme?
- Welche Kündigungsfristen gelten?
- Was gilt, wenn ein Gegenstand der Gastgeberin kaputtgeht in der Wohnung?
- Sind die Flüchtlinge, die bei mir wohnen, auch über meine Privathaftpflichtversicherung versichert?
- Erhalten die ukrainischen Flüchtlinge, die bei Privaten wohnen, finanzielle Unterstützung vom Staat? Bekommen auch Personen Sozialhilfe, die in einer Kollektivunterkunft wohnen?
Direkt beim Staatssekretariat SEM (Kontakt oben) oder beim Gastfamilienprojekt der Schweizer Flüchtlingshilfe oder bei Campax. Die Schweizer Flüchtlingshilfe vermittelt in Zusammanarbeit mit dem SEM die Angebote von Privaten dann an ukrainische Flüchtlinge, die in einem Bundesasylzentrum ankommen und keine Kontakte in die Schweiz haben.
Viele Kantone richten Anlaufstellen ein, bei denen sich Private melden können, die Platz haben. Im Kanton Zürich etwa hat das Sozialamt eine Ukraine-Anlaufstelle gegründet.
Auch Mieterinnen und Mieter haben das Recht, unentgeltlich Verwandte, Ehe- oder Lebenspartner, Bekannte oder sogar Fremde aufzunehmen. Man muss es dem Vermieter weder melden, noch braucht es seine Zustimmung.
Aber: Dem Vermieter darf kein Nachteil entstehen. Das wäre etwa der Fall, wenn die Wohnung überbelegt wird.
Wann handelt es sich um eine Untermiete?
Sobald die Beherbergten etwas bezahlen, muss die Vermieterin zustimmen – weil es sich dann um eine Untermiete handelt.
Verweigern darf sie die Zustimmung aber nur aus bestimmten Gründen: wenn der Hauptmieter die Bedingungen der Untermiete nicht bekannt gibt, wenn der Preis überrissen ist oder wenn ihr Nachteile entstehen. Etwa wenn eine fünfköpfige Familie in einem einzigen Zimmer wohnen soll.
Bei Ehe- oder Lebenspartnern kann die Vermieterschaft die Untervermietung grundsätzlich nicht verweigern.
Nicht unbedingt – Verträge sind auch mündlich gültig.
Aber wenn die Wohnung ganz oder teilweise untervermietet wird, also gegen ein Entgelt, lohnt sich ein Untermietvertrag, um Missverständnisse zu verhindern.
Das gilt insbesondere, wenn die Untervermietung über eine Hilfsorganisation läuft.
Wenn keine Miete bezahlt wird und nichts zur Dauer abgemacht ist, kann die Eigentümerin oder die Mieterin jederzeit verlangen, dass die aufgenommenen Personen wieder ausziehen. So sieht es das Gesetz bei der sogenannten unentgeltlichen Gebrauchsleihe vor.
Falls ein Mietzins geschuldet ist, handelt es sich um eine Untermiete.
Wenn nichts anderes abgemacht ist, können Untermietverträge für ganze Wohnungen mit einer Frist von drei Monaten, möblierte Zimmer (sofern nur Küche und Bad, nicht aber andere gemeinschaftliche Räume wie z.B. ein Wohnzimmer mitbenutzt werden) mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Massgebend sind die ortsüblichen Kündigungstermine.
Grundsätzlich haftet die Person, die etwas beschädigt hat, für den Zeitwert des Gegenstandes.
Wenn sie keine Privathaftpflichtversicherung hat, muss sie es selber zahlen. Bei Menschen in schwierigen Verhältnissen kann man ein Auge zudrücken.
Nicht automatisch. Fragen Sie die Versicherung an und melden Sie die neue Situation. Grundsätzlich brauchen Sie eine Mehrpersonenversicherung. Menschen, die auf Dauer im gleichen Haushalt wohnen, sind dabei mitversichert. Ein vorübergehendes Gastrecht macht die Mitbewohner aber nicht in jedem Fall automatisch zum Teil der Haushaltgemeinschaft. Massgebend sind die allgemeinen Versicherungsbedingungen. Einige Versicherungen sind grosszügig und bieten an, dass Flüchtlinge kostenlos in die bestehenden Versicherungen aufgenommen werden können.
Übrigens: Wenn Leute, die zusammenwohnen, einander etwas beschädigen, zahlt die Haftpflichtversicherung nicht.
Der Schutzstatus S gewährt den Flüchtlingen auch einen Anspruch auf Sozialhilfeleistungen, unabhängig von ihrer Unterbringung. Die Ausgestaltung untersteht kantonalem Recht und variiert daher von Kanton zu Kanton. Sie wird in der Regel in Form von Sachabgaben ausgerichtet. Der Bund vergütet den Kantonen die Kosten mit einer Pauschale. Der Ansatz liegt unter demjenigen für die einheimische Bevölkerung.
Sobald sich Ukrainerinnen und Ukrainer bei einem Bundesasylzentrum melden und dort ein Gesuch um Schutzstatus S einreichen, müssen Sie sich bei einer Krankenkasse versichern. Es ist kantonal unterschiedlich geregelt, wie die Anmeldung konkret läuft. Die Krankenkassen sind verpflichtet, sie in die obligatorische Versicherung aufzunehmen. Erwerbstätige sind über den Arbeitgeber gegen Unfall versichert – auch in der Freizeit, sofern sie mindestens acht Stunden pro Woche beim selben Arbeitgeber arbeiten. Wer nicht erwerbstätig ist, ist als Schutzsuchender automatisch über die Krankenkasse unfallversichert
Ein Arbeitsvertrag kann grundsätzlich auch mündlich vereinbart werden. Es empfiehlt sich aber, die wichtigsten Punkte schriftlich festzuhalten. Dazu gehören insbesondere der Lohn, die Aufgaben und die wöchentliche Arbeitszeit. Ukrainische Flüchtlinge mit Schutzstatus S dürfen nicht zu Dumpinglöhnen eingestellt werden. Sie dürfen in der ganzen Schweiz arbeiten.
Ja. Damit sie arbeiten können, brauchen geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer eine Arbeitsbewilligung. Diese erhalten sie von der zuständigen kantonalen Behörde. Diese kontrolliert in erster Linie die Arbeits- und Lohnbedingungen.
Weil aktuell viele Flüchtlinge in die Schweiz kommen, zieht der Zivilschutz Leute ein. Die Aufgebote kommen teilweise kurz vor den Einsätzen. Das kann bei der Kinderbetreuung schnell zu Problemen führen. Ähnlich, wie wenn der Elternteil, der normalerweise die Kinder betreut, schwer erkrankt oder verunfallt. In einem solchen Fall kann der andere Elternteil zu Hause bleiben – und zwar so lange, bis eine anderweitige Betreuung organisiert ist. In der Regel sind das bis zu maximal drei Tage.
Diese Lösung scheint auch in Ihrem Fall angemessen. Allerdings würde die Frist von drei Tagen wohl bereits dann zu laufen beginnen, wenn Sie vom Aufgebot erfahren. Achtung: Wie ein Gericht den Fall entscheiden würde, ist ungewiss. Deshalb sprechen Sie am besten mit Ihrer Arbeitgeberin und versuchen, eine einvernehmliche Lösung zu finden.
Geld überweisen oder spenden, Sozialhilfe
- Ich habe ukrainische Freunde oder Bekannte, die auf der Flucht sind. Wie kann ich ihnen Geld überweisen, was ist die sicherste Art?
- Wo soll ich spenden? Soll ich Projekte von einzelnen Personen unterstützen, die mir sympathisch sind?
- Soll ich lieber Geld oder Sachen spenden?
- Ich habe für die Menschen in der Ukraine gespendet. Kann ich das von den Steuern abziehen?
Schicken Sie es keinesfalls per Post, das dauert zu lange und ist viel zu unsicher.
Banküberweisungen funktionieren höchstwahrscheinlich nicht mehr, weil es wohl an Möglichkeiten fehlt, das Geld vor Ort bar abzuheben.
Viele weichen jetzt auf Anbieter für Auslandüberweisungen aus, wie etwa Western Union oder Moneygram. Lassen Sie aber den Empfänger zuerst vor Ort abklären, ob er an das überwiesene Geld überhaupt herankommt, bevor Sie es schicken. Der Empfänger muss Ausweispapiere besitzen und die übrigen Bedingungen erfüllen, die der Anbieter für den Bargeldbezug stellt.
Einige Anbieter haben vorübergehend den Maximalbetrag, der überwiesen werden kann, herabgesetzt – angeblich wegen des grossen Andrangs und damit möglichst alle zumindest etwas Geld erhalten.
Wichtig: Wenn Sie das Geld in die Ukraine überwiesen haben, der Empfänger inzwischen aber nach Polen geflüchtet ist, müssen Sie die erste Überweisung stornieren und eine neue auslösen – erkundigen Sie sich direkt beim Anbieter nach den Modalitäten.
Eine Orientierungshilfe bietet das Gütesiegel Zewo. Organisationen müssen Standards erfüllen wie eine zweckbestimmte Verwendung von Spendengeldern oder interne und externe Kontrollstrukturen.
Wenn das Gütesiegel fehlt – wie etwa bei der Glückskette –, heisst das nicht zwangsläufig, dass die Organisation unseriös ist.
Private Hilfswerke gruppieren sich im Unterschied zu den grossen Spendenorganisationen meistens um eine engagierte Persönlichkeit und sind von deren Willen abhängig. Darum sollte man prüfen, ob die Leiterinnen und Mitarbeiter eines Privathilfswerks persönlich als integer bekannt sind.
Zu bevorzugen sind Hilfsaktionen, die bereits seit drei oder vier Jahren erfolgreich existieren. Zudem sollten diese Institutionen über ihre Projektarbeit detailliert informieren.
Auf jeden Fall ist es besser, direkt an vertrauenswürdige Hilfsorganisationen zu spenden als über Plattformen wie Facebook. Die Zewo hat eine Liste mit geprüften Organisationen publiziert, die für die Ukraine sammeln.
Es kommt darauf an. Wenn Sie von Geflüchteten wissen, die in der Schweiz untergekommen sind, können Sie direkt nachfragen, was sie benötigen – etwa Kleider oder Schulmaterial. Private Materialtransporte an die Grenze sind hingegen nur eine gute Idee, wenn sie zusammen mit einer Hilfsorganisation vor Ort ausgeführt werden. Denn unkoordinierte Lieferungen können die Logistik auf den Fluchtwegen auch überfordern. Nach heutigem Stand sind darum Geld- den Sachspenden vorzuziehen. Informieren Sie sich am besten bei einer Hilfsorganisation wie dem Schweizerischen Roten Kreuz oder der Schweizerischen Flüchtlingshilfe.
Das hängt davon ab, welche Organisation Sie berücksichtigt haben. Sie muss im jeweiligen Kanton als gemeinnützig registriert sein – und darf nicht gewinnorientiert sein. Wenn Sie die Spende an eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in der Schweiz geleistet haben, dürfen Sie Spenden bis zu 20 Prozent des Einkommens bei der direkten Bundessteuer abziehen. Der Maximalbetrag liegt bei 10’100 Franken.
Beachten Sie, dass die Regelungen für die Abzüge bei den Kantons- und Gemeindesteuern abweichen können. Viele Kantone haben Listen mit anerkannten Institutionen publiziert, die im Internet einsehbar sind.
Damit Sie die Spende von den Steuern absetzen können, brauchen Sie einen Beweis. In der Regel stellt Ihnen die Organisation automatisch eine Spendenbestätigung zu, die Sie der Steuererklärung beilegen können.
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12 Kommentare
In Kanton Bern sind die Leute nicht automatisch krankenversichert. Bitte korrigieren
Danke für den Hinweis. Wir haben es korrigiert.
Schweiz und unterschiedliches, humanitäres Verhalten gegenüber Flüchtlingen weltweit!
Wer ist prädestiniert, um in die Schweiz geflogen zu werden?
Nach welchen Massstäben wird selektioniert??
Sind Kriegsflüchtlinge nicht Kriegsflüchtlinge??
Schweizer Werte? Was ist Humanität, humanitäre Hilfe, humanitäres Verhalten (weltwirtschaftlich betrachtet)?
Sind Kriegsflüchtlinge nicht gleichbedeutend mit Kriegsflüchtlingen betreffend Handhabung humanitärer Hilfe, Unterstützung??
Weshalb diese grossen Unterschiede (Beispiel: iranische Flüchtlinge - ukrainische Flüchtlinge, etc)??
"Wer ist es weshalb Wert", in die Schweiz eingeflogen, untergebracht, betreut zu werden??
Schweiz: Unterschiede betreffend humanitärem Verhalten, humanitärer Hilfe!??
Die Tochter meiner Frau ist aus der Ukraine. Sie ist zu uns kommen in die Schweiz. Wir haben uns beim Bundesasylzentrum registriert. Nun habe ich ein Wohnung gefunden für die 19 Jährige Tochter. Darf sie eine Wohnung beziehen?
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