Fribourg-Fan verklagt Eishockeyverband
Gleich 83 Fans des HC Fribourg-Gottéron haben jahrelanges Stadionverbot. Einer klagt nun gegen den Eishockeyverband. Er wirft ihm Willkür vor.
Veröffentlicht am 30. März 2020 - 09:22 Uhr
Im Anschluss an das National-League-Spiel SC Rapperswil-Jona Lakers gegen den HC Fribourg-Gottéron kam es am 16. November 2019 zu Ausschreitungen. Es gab Verletzte und Sachbeschädigungen. 83 Personen wurden mit einem dreijährigen Stadionverbot belegt. Es waren Passagiere eines Reisecars, darunter 20 Mitglieder der Fankurve Fribvrgensis, etwa 40 Gottéron-Anhänger und 20 deutsche Ultras .
Ein Stadionverbot hat auch Sébastien Delley kassiert, Präsident des Ultra-Fanclubs Fribvrgensis. Der 29-Jährige versteht die Welt nicht mehr. «Ich war in keiner Weise an Randale beteiligt, im Gegenteil.» Als Präsident habe er sein Bestes gegeben, die Situation zu entschärfen.
In den letzten Wochen hat die Freiburger Polizei Anhörungen mit acht Personen durchgeführt. Sie will herausfinden, wer ein Tor und Teile einer Toilette beschädigt hat. Delley sagt, er könne nicht ausschliessen, dass eine oder zwei Personen aus seinem Club das Tor durch Schütteln mitbeschädigt haben. «Das wäre nicht tolerierbar. Aber wir warten die Ergebnisse der polizeilichen Untersuchung ab.»
Die meisten Personen im Car, darunter ein 14-Jähriger und fünf Frauen, seien unter Generalverdacht gestellt worden, sagt Delleys Rechtsanwalt Philippe Renz. Er reichte Strafanzeige ein gegen den Eishockeyverband. «So sollen das Recht und die Ehre der Angeschuldigten wiederhergestellt werden, die der Verband ohne Beweise verschiedener Straftaten beschuldigt hat.» Mit einer Zivilklage will er zudem erreichen, dass die Stadionverbote aufgehoben werden.
Verschiedene Anwälte verlangten vom Verband zuvor Beweise für die den 83 Personen vorgeworfenen Straftaten – erfolglos. In einer Mail an einen Anwalt bestätigte der Chef Sicherheit der Swiss Ice Hockey Federation, Andreas Leuzinger, dass es zu zwei sanktionierten Fans keine internen Dossiers gibt. Der Eishockeyverband will zum Fall und zu den Klagen nicht Stellung nehmen.
Markus Jungo von der Polizeilichen Koordinationsplattform Sport sagt, es gelte das Prinzip «Mitgegangen, mitgefangen». Wenn man die Gewalt in den Griff bekommen wolle, müsse man so handeln. «Man kann es nicht schönreden. Es kommt immer wieder zu Problemen, vor allem auf den Reisewegen.»
SP-Nationalrat Matthias Aebischer lehnt jede Form von Hooliganismus ab. Doch er fordert nun Beweise vom Eishockeyverband. «Jene, die für die Sachbeschädigungen verantwortlich sind, kann man nicht hart genug anpacken. Wenn aber 83 Personen gleichzeitig ein Stadionverbot erhalten, ist das Sippenhaft. Das ist in der Schweiz klar verboten.» Pauschalbestrafungen seien keine Lösung.
Kritik kommt auch vom Dachverband Fanarbeit Schweiz. «Im Fussball verfolgt man seit Jahren Einzeltäter konsequent», sagt Geschäftsführer Christian Wandeler. «Und man hat Instrumente wie das Anhörungsrecht für Fans und eine Ombudsstelle eingerichtet.» Das wäre auch im Eishockey wünschenswert, umso mehr, als Stadionverbote von Fussball und Eishockey gekoppelt sind, sagt Wandeler.
«Der Kampf gegen Hooliganismus muss kompromisslos sein, doch die Prinzipien der Rechtsordnung dürfen nie verletzt werden», sagt auch Rechtsanwalt Philippe Renz. In einem Schreiben an die Sportministerin Viola Amherd fordert er, dass eine Arbeitsgruppe eingerichtet werden soll. «Es ist notwendig in der Schweiz, eine glaubwürdige und gesetzeskonforme Praxis der Stadionverbote zu etablieren.»