Chemische und natürliche Sonnencremes im Vergleich
Die Inhaltsstoffe von Sonnencremes unterscheiden sich oft erheblich. Was die Vor- und Nachteile der verschiedenen Sonnencreme-Arten sind und worauf Sie bei der Wahl achten sollten.
Veröffentlicht am 28. Juni 2021 - 13:58 Uhr
- Das steckt in herkömmlichen Sonnencremes
- Alte Sonnencremes besser nicht mehr verwenden
- Video: Schützt Nachcremen vor Sonnenbrand?
- So funktionieren «mineralische» Sonnenfilter
- Sonnencremes mit Nanopartikeln unbedenklich
- Video: Hilft Quark bei Sonnenbrand?
- Sonnencremes mit natürlichen Sonnenfiltern: Vor- und Nachteile
- Sonnencremes mit chemischen Sonnenfiltern: Vor- und Nachteile
- 5 Tipps für den optimalen Sonnenschutz
- Buchtipp: Meine Haut
Bei der Wahl der Sonnencreme ist es wie sonst im Leben: Die einen Leute sind preisbewusst und greifen einfach ins Supermarktregal, den anderen sind unbedenkliche Inhaltsstoffe und die Umwelt wichtig; sie bevorzugen ein Produkt aus der Naturkosmetik oder lassen sich in der Drogerie beraten. Verschieden sind auch die Inhaltsstoffe, unter anderem die Filtersubstanzen, die die Haut vor der gefährlichen UV-Strahlung schützen sollen.
Herkömmliche Sonnencremes arbeiten meist mit einer Kombination synthetisch hergestellter organischer Sonnenfilter. Sie entschärfen die UV-Strahlung, indem sie diese absorbieren und in Wärme umwandeln. Damit entstehen weniger Schäden in den Zellen der Haut. Die Filtermoleküle sind winzig und in der Zubereitung als Creme, Lotion oder Gel aufgelöst. Diese Sonnenschutzprodukte verteilen sich gut, es bleibt kein weisser Film auf der Haut, und sie lassen sich später gut abwaschen.
Allerdings ist nicht ganz geklärt, inwieweit die Filtermoleküle durch die Haut in den Körper eindringen können. Das wäre nicht wünschenswert, denn für manche der organischen Filter wurde eine hormonähnliche Wirkung nachgewiesen. «Allerdings ist diese, so die wissenschaftliche Meinung, bei auf gesunder Haut aufgetragenen Mengen eher zu vernachlässigen», sagt Bettina Schlagenhauff, Hautärztin und Vorstandsmitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Dermatologie. Die Schutzwirkung von Cremes vor Sonnenbrand und Hautkrebs sei daher nach aktuellen Bewertungen höher einzuschätzen als ihr mögliches Risiko.
Sicher ist, dass manche Menschen auf organische UV-Filter wie zum Beispiel Benzophenone, Ethylhexyl Dimethyl PABA und Octocrylen oder aber auf Zusatzstoffe wie Parfüme allergisch reagieren. «Das kommt relativ selten vor, und mit einem speziellen Allergietest lassen sich die allergieauslösenden Substanzen identifizieren», sagt Schlagenhauff. Dann muss man auf ein Produkt ausweichen, das diese Allergene nicht enthält. «Generell sollten Sonnenschutzmittel ohne Duftstoffe verwendet werden.»
Ausserdem wird davon abgeraten, die nicht aufgebrauchten Cremes im nächsten Sommer weiterzuverwenden – und das nicht nur, weil möglicherweise der Schutz des Filters mit den Monaten nachlässt: Vor kurzem berichteten französische Wissenschaftler, dass sich der sehr häufig eingesetzte Schutzfilter Octocrylen, wenn die Tube in der Sonne lag, mit der Zeit in Benzophenone umwandelt. Diese stehen im Verdacht, krebserregend zu sein. Octocrylen ist zudem ein Filter, dessen möglicherweise schädliche Wirkung auf Korallenriffe derzeit untersucht wird.
Schützt Nachcremen vor Sonnenbrand?
Viele Sonnencremes, vor allem in der Naturkosmetik, beinhalten ausschliesslich anorganische Sonnenfilter, oft auch als «mineralisch» beworben. Hier gibt es zwei zugelassene Substanzen, nämlich Titandioxid (Abkürzung TiO2) und Zinkoxid (ZnO). Die Partikel legen sich wie kleine Spiegel auf die Haut und absorbieren, reflektieren und zerstreuen das Sonnenlicht, sodass es die Haut erst gar nicht erreicht. Sie gelten im Vergleich zu so manchen organischen Filtern als stabiler gegen die UV-Strahlung, bauen sich also beim Sonnenbaden nicht ab. Nachcremen ist aber trotzdem nötig. Bei den beiden anorganischen Filtern gibt es kein nennenswertes Allergiepotenzial.
Da die weiss glänzenden Partikel jedoch mit einer Länge von über 100 Nanometern (nm) deutlich grösser sind als die organischen Filtermoleküle, lassen sie sich etwas weniger gut verteilen und hinterlassen einen weissen Film. Der Effekt wird verstärkt, wenn die Haut nass wird, und nimmt mit der Höhe des Lichtschutzfaktors zu. An rauen Stellen wie Ellenbogen sammeln sich die Partikel in den Hautfalten. Das ist unschön, kann aber auch ein Vorteil sein: «Man weiss genau, wo man sich eingecremt hat und welche Hautpartien vergessen wurden», sagt Schlagenhauff.
Mittlerweile haben viele Hersteller auch Cremes in Angebot, bei denen die Partikel auf Nanogrösse reduziert sind, was die weissen Spuren stark vermindert. Auch verteilen sich die schützenden Nanofilter gleichmässiger auf der Haut, was die Schutzwirkung erhöht. Dass die Partikel in die gesunde Haut eindringen und sich im Körper ansammeln, gilt mittlerweile als ausgeschlossen. «Ein Nanopartikel kann sich gar nicht durch die engen Strukturen der Hornschicht durchzwängen», sagt Schlagenhauff.
Auch die Schweizerische Unfallversicherung Suva urteilt: Sonnenschutzprodukte mit Nanopartikeln in Form von Lotionen, Cremes oder Gels sind nach aktuellem Forschungsstand unbedenklich. Bei beschädigter Haut wie bei Neurodermitis oder Schuppenflechte ist jedoch Vorsicht geboten. «Erkrankte Haut sollte nur mit Kleidung geschützt werden», sagt Schlagenhauff. Nanoprodukte in Sprayform, bei denen man Partikel einatmen könnte, sind wegen fehlender Daten nicht zugelassen.
«Allerdings können anorganische Filter einen extrem hohen Lichtschutzfaktor von 50+ kaum erreichen, die maximale Schutzleistung ist niedriger als bei organischen Filtern», sagt Schlagenhauff. Moderne Sonnenschutzpräparate enthalten daher oft neben organischen auch anorganische UV-Filter. «Dadurch ist ein hoher Schutz über das gesamte UV-Spektrum möglich, und es können eventuelle unerwünschte Nebeneffekte durch die geringeren Konzentrationen der Filter reduziert sowie Sicherheit und Akzeptanz erhöht werden.»
Welche Effekte Nanopartikel oder die organischen Filtersubstanzen auf die Umwelt haben, wenn sie beispielsweise beim Duschen ins Abwasser gespült werden, ist noch nicht klar. Schlagenhauff sagt: «Fast alle Sonnenschutzfilter sind in nahezu allen Gewässern der Welt nachgewiesen worden, beispielsweise auch auf 2489 Metern im Jörisee beim Flüelapass.»
Hilft Quark bei Sonnenbrand?
Sonnencremes mit natürlichen («anorganischen») Filtern (z. B. Titandioxid, Zinkoxid)
Vorteile
+ geringes Allergiepotenzial
+ sehr gute UV-Stabilität
+ Dringen nicht in (gesunde) Haut ein.
+ mit Nanopartikeln nur schwacher «Weisseln»-Effekt
Nachteile
- Anorganische Filter «weisseln» deutlich, ausser mit Nanopartikeln.
- nicht gut abwaschbar
- Können die Haut austrocknen.
- Leisten bei einem Lichtschutzfaktor über 30 einen etwas schwächeren Sonnenschutz als organische Filter.
Sonnencremes mit chemischen («organischen») Filtern (z. B. Benzophenone)
Vorteile
+ kein «Weisseln»
+ gut auf der Haut zu verteilen
+ sehr hohe Schutzwirkung
Nachteile
- Allergien und Reizungen möglich
- schwächere UV-Stabilität
- Kleinste Filtermoleküle könnten in die Haut eindringen.
- Manche Filter stehen im Verdacht, hormonaktiv zu sein.
- Flecken auf Kleidern möglich
- Filter stehen im Verdacht, Korallen zu schaden.
Dermatologen empfehlen diese Sonnenschutz-Massnahmen:
- Intensive Sonne meiden, besonders zwischen 11 und 15 Uhr. Dann ist die schädliche Wirkung der Sonneneinstrahlung mehrfach höher als vormittags oder nachmittags.
- Den besten Sonnenschutz erreicht man mit Kleidung und Kopfbedeckung.
- Augen mit einer Sonnenbrille mit gutem UV-Filter schützen.
- In unbedeckten Hautregionen reichlich und wiederholt Sonnenschutzmittel mit hohem Schutzfaktor für UVA- und UVB-Strahlen anwenden.
- Selbst gute Sonnenschutzprodukte können Hautkrebs und vorzeitige Hautalterung nicht gänzlich verhindern, wenn man sich stundenlang der Sonne aussetzt.
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