Doch lässt sich der Lügner, der Betrüger nicht wenigstens anhand seiner Gestik und Mimik durchschauen? Die Antwort lautet «nein», oder zumindest «nicht mit Sicherheit». Zwar gibt es unzählige Webseiten und Handbücher mit Tipps zur Entlarvung von Lügnern. Seriös sind sie alle nicht.

Die Methode stützt sich auf die Beobachtung, dass nonverbale und verbale Kommunikation nicht immer deckungsgleich sein müssen. Gerade beim Lügen sind sie oft nicht kongruent. Das verrät sich in Mimik, Gestik und Körperhaltung, selbst wenn der Lügner versucht, sie zu kontrollieren. Der Körper erzählt sozusagen eine andere Geschichte als der Mund.

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Es gibt Dutzende von möglichen Anzeichen dafür, dass jemand lügt. Die Palette reicht von erweiterten Pupillen und sich an die Nase fassen über mit den Fingern auf die Wange trommeln, sich die Lippen benetzen und mit der Halskette spielen bis hin zu mit den Füssen scharren. Allerdings kann Nervosität bei ehrlichen Personen ähnliche physische Symptome hervorrufen, wie wenn sie lügen würden. Man spricht dann vom Othello-Effekt, auch Othello-Fehler genannt.

Der Name rührt von William Shakespeares gleichnamigen Theaterstück her. Darin wirft der Protagonist Othello seiner Geliebten Desdemona Untreue vor. Unter Tränen beteuert sie ihre Unschuld. Doch da Othello ihr Weinen als Zeichen für ihr schlechtes Gewissen nimmt, glaubt er ihr nicht und tötet sie. Wahrlich ein happiger Fehler.

Die Kunst, Lügner zu entlarven

Erröten, schweissige Hände und ein unsteter Blick können also ein Zeichen dafür sein, dass unser Gegenüber lügt, müssen aber nicht. Ein Patentrezept, wie man das Verhalten des Gegenübers richtig interpretieren kann, gibt es nicht. Auch Profis wie Polizisten können ohne Faktengegencheck, also alleine anhand des Verhaltens einer Person, nicht einmal im Ansatz zuverlässig Lügner erkennen. «Wir veranstalten immer mal wieder Fortbildungskurse für Polizisten, in denen Filmsequenzen mit Einvernahmen vorgespielt werden», erzählt Martin Boess, Direktor der Schweizerischen Kriminalprävention. «Die Kursteilnehmer müssen dann entscheiden, ob der Verhörte lügt oder nicht.» Das Ergebnis sei mit einer Trefferquote von 50:50 jeweils ernüchternd. «Und das sind immerhin Polizisten mit langjähriger Erfahrung.» Aber selbst Psychologen schneiden bei solchen Tests nicht besser ab.

Wer nun auf Lügendetektoren hofft, muss ebenfalls enttäuscht werden. Diese Geräte, auch Polygraphen genannt, sind ebenfalls nicht wirklich zuverlässig. Sie messen lediglich Puls, Atmung, Zittern, Veränderungen des Blutdrucks sowie den Hautwiderstand, der sich durch Schwitzen verändert. Die Daten kann das Gerät nicht auswerten, dazu braucht es den eigens dafür ausgebildeten Polygraphisten.

Gute und schlechte Lügner

Das grosse Problem an diesem Verfahren ist, dass Psychopathen oft nicht als Lügner erkannt werden. Ihre Empathie- und Emotionslosigkeit lässt sie anders und weit weniger heftig reagieren als Normale. Umgekehrt reagiert mancher Unschuldige aus lauter Stress so, dass es aussieht, als würde er lügen.

Daraus resultierende Fehlinterpretationen können grossen Schaden anrichten. Etwa im Fall des Amerikaners Melvin Foster: Er wurde 1982 verdächtigt, eine Serie von Morden begangen zu haben. Er bestand den Lügendetektortest nicht und wurde deshalb trotz Mangels an Beweisen jahrelang weiter verdächtigt. Erst 2001 bewies eine DNA-Untersuchung, dass ein anderer die Taten begangen hatte. Der wahre Täter, Gary Ridgway, war zu Beginn der Morduntersuchungen zwar der Hauptverdächtige gewesen, hatte aber zwei Polygraphentests bestanden. So konnte er jahrelang weiter töten. Ridgway wurde schliesslich für 49 Morde verurteilt.

Links von Strub

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