Anna Marta Heiniger wohnt im schönen Örtchen Affoltern im Emmental. Das kleine Berner Dorf ist bekannt für seine Schaukäserei.

Heiniger wird im Dezember 95. Sie hat weder ein Handy noch einen Computer. «Das brauche ich doch nicht», sagt die alte Dame, die im zweiten Stock ohne Lift wohnt. Früher hatte sie zusammen mit ihrem Mann ein kleines Lebensmittelgeschäft mit Bäckerei. Ihr Mann ist schon lange gestorben.

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Anna Marta Heiniger hat kein Konto bei einer Bank, nur eins bei der Post.

Ihre Rechnungen bezahlt die rüstige Seniorin in bar am Postschalter, so wie früher. Ohne Handy und Computer geht das ja auch nicht anders, sie hat kein Konto bei einer Bank, nur eins bei der Post.

Die nächsten Postfilialen befinden sich in Sumiswald oder Huttwil, beide Orte sind mehrere Kilometer von ihrem Wohnort entfernt. Also steigt Heiniger jeweils in ihren roten VW Up und fährt dorthin.

Für die Papierrechnung ihres Festnetzanschlusses der Swisscom muss sie Fr. 2.90 und für deren Einzahlung am Postschalter weitere Fr. 3.90 zahlen. Das macht Gebühren von jeweils Fr. 6.80.

«In der Verantwortung des Rechnungsstellers»

Die Post stellt die Einzahlungsgebühren am Schalter dem Rechnungssteller in Rechnung, nicht der direkt zahlenden Person, so die Medienstelle der Post. «Es liegt in der Verantwortung des Rechnungsstellers, ob er diese Gebühren an die Kundin weitergibt.» Das heisst, die Swisscom ist dafür verantwortlich, auf wen sie die Gebühren von Fr. 6.80 abwälzt.

«Die Spesen verdoppeln sich nun, weil ich sie monatlich bezahlen muss.»

Anna Marta Heiniger

Bis vor kurzem kam die Swisscom-Rechnung alle zwei Monate, neu wird sie monatlich verschickt. «Ich finde das diskriminierend für Leute, die keinen Computer und kein Handy besitzen und ihre Zahlungen noch auf der Post tätigen», sagt Heiniger entrüstet. Das sei eine Art von Altersdiskriminierung. «Die Spesen verdoppeln sich nun, weil ich sie monatlich bezahlen muss.» Wenn sie das nicht pünktlich erledige, komme schnell eine Mahnung.

Auf Nachfrage des Beobachters zeigt sich die Swisscom kulant.

Von der Swisscom-Medienstelle heisst es: Das Rechnungsstellungs-System sei umgestellt worden, der zweimonatliche Zyklus werde nicht mehr angeboten. «Für Swisscom führt ein einheitliches Abrechnungssystem zu einer Vereinfachung der Prozesse und der Systeme, da bereits die grosse Mehrheit der Kunden ihre Rechnung monatlich erhält.»

Gebühren werden ihr für zwei Jahre erlassen

Auf Nachfrage des Beobachters zeigt sich die Swisscom aber kulant. Sie erlässt Anna Marta Heiniger ab sofort für die nächsten 24 Monate die Gebühren von Fr. 6.80 monatlich. Das sei eine individuelle Lösung. So spart die alte Dame Fr. 163.20. «Ich freue mich sehr, und es wäre schön, wenn auch andere ältere Menschen davon profitieren könnten», sagt Heiniger gerührt. 

Beim Pöstler bezahlen will sie nicht

Sie könnte es sich allerdings noch einfacher machen und ihre Rechnungen beim Pöstler oder der Pöstlerin bezahlen. Rund 800’000 Personen in der Schweiz haben Anspruch auf den sogenannten Hausservice der Post.

Damit können die meisten Postgeschäfte an der Haustür erledigt werden – Anna Marta Heiniger müsste nicht mehr ins Auto steigen, um ihre Rechnungen zu bezahlen. Davon will sie aber nichts wissen, da sie die Einzahlungen lieber wie gewohnt an einem Schalter machen will. Heiniger lächelt verschmitzt – Kurzstrecken fährt sie eben schon noch gern.