Die Spenglerei verkleidet den Schornstein nicht wie versprochen. Denn das passende Blech gammelt in einem Container irgendwo auf einem Weltmeer vor sich hin, heisst es.

Die Wasserleitungen müssen saniert werden, doch die nötigen Rohre bekommt die Sanitärfirma nicht rechtzeitig geliefert, heisst es.

Engpässe beim Material sind in handwerklichen Betrieben immer wieder Thema. Krisen wie die Pandemie oder der Ukrainekrieg machen die Situation nicht einfacher – haben sie aber auch nicht grundlegend geändert. «Schon vorher mussten sich Handwerksbetriebe gut organisieren, damit sie Termine einhalten konnten», sagt Michael Birkner vom Gebäudetechnikverband Suissetec.

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Längere Lieferfristen bereits einkalkulieren

Konkret heisst das zum Beispiel: die Lieferfristen einrechnen oder genügend Mitarbeitende einplanen. Gute Firmen berücksichtigen die längeren Lieferfristen bei der Offerte – indem sie keinen fixen oder einen ungefähren, späteren Abgabetermin angeben. Und erklären das der Kundschaft so, dass sie es versteht. Dann ist am Schluss niemand enttäuscht.

Aber was, wenn die Anbieter zu viel versprochen haben und sich abzeichnet, dass sie nicht rechtzeitig fertig werden? Bei Werkverträgen kann die Kundschaft die Notbremse ziehen. Und zwar nicht erst, wenn der abgemachte Abgabetermin verstrichen ist. Das Folgende gilt allerdings nur, wenn das Obligationenrecht zur Anwendung kommt (siehe «Welche gesetzlichen Regeln gelten»?).

1. Ersatz abklären

Bevor man die Schreinerin oder den Lüftungstechniker zum Teufel jagt, sollte man abklären: Gibt es tatsächlich eine andere Fachperson, die die gewünschte Leistung erbringen kann? Wenn ja: Geht es wirklich schneller? Falls nicht, hilft alles Zetermordio nichts. Ebenso wenig helfen juristische Kniffe. Am besten holt man ein, zwei Offerten von anderen Anbietern Offerten Wenn der Gipser zu viel Kies will ein, um Preis und Lieferfrist zu klären.

2. Das Gespräch mit dem Handwerker suchen

Zusammen eine Lösung finden, das ist immer das Allerbeste – für alle Beteiligten. Dazu muss man dem Betrieb die Sorge mitteilen, dass sich die Arbeiten verzögern und der Termin nicht eingehalten wird. Die besseren Offerten der Konkurrenz kann man dabei ruhig erwähnen. Wer weiss, vielleicht kann das Vorhaben dann doch noch innert Frist abgeschlossen werden. Oder der Handwerksbetrieb ist froh, wenn er den Auftrag loswird, und man kann ohne weiteres wechseln. Neue Abmachungen lässt man sich am besten schriftlich bestätigen – oder fasst per Mail zusammen, was beschlossen wurde, und bittet die Firma um eine Bestätigung.

3. Entscheiden: Das Ganze abblasen oder weiter hoffen?

Wenn alles Reden nichts hilft, können Kundinnen und Kunden vom Vertrag zurücktreten  – nachdem sie im Normalfall zwei Fristen gesetzt haben (siehe «Fristen bei Lieferverzug setzen: So gehts»). Speziell daran: Man muss nicht warten, bis der abgemachte Abgabetermin gekommen ist, wenn es nichts bringt, weiter zu warten. Etwa wenn die Handwerkerinnen und Handwerker nicht rechtzeitig angefangen haben oder die Arbeiten sich derart verzögern, dass sie nicht rechtzeitig abgeschlossen werden können.

Die Folge einer Vertragsauflösung: Der Betrieb stoppt sofort seine Arbeiten, und die Kundschaft ist ihm nichts schuldig. Wenn bereits etwas geleistet wurde, kann die Kundschaft wählen, ob sie es behält und anteilsmässig bezahlt oder ob der Anbieter alles wieder mitnimmt.

Bevor Sie den Vertrag kündigen, schauen Sie besser in den allgemeinen Geschäftsbedingungen nach. Dort kann nämlich das Rücktrittsrecht gestrichen sein. Dann hilft alles nichts, Sie kommen nicht mehr aus dem Vertrag.

Wer noch Hoffnung hat, dass es doch klappt, kann auch verlangen, dass die Arbeiten fertiggestellt werden – am besten ebenfalls mit zwei eingeschriebenen Briefen. Man vergibt sich damit nichts – ausser dass man Zeit verliert. Sollte der Versuch scheitern, kann man immer noch vom Vertrag zurücktreten.

Rechtsratgeber
Musterbriefe zu Lieferverzögerung

Liefert der Anbieter die bestellte Ware nicht, können Kundinnen und Kunden erst dann vom Vertrag zurücktreten, wenn eine angemessene Nachfrist oder Mahnung übermittelt wurde. Beobachter-Mitglieder können für diesen Zweck bequem auf diese Musterbriefe zurückgreifen:

Fristen bei Lieferverzug setzen: So gehts

Normalfall: Zwei Fristen

Bis man aus dem Vertrag raus ist, muss man in der Regel zwei Schritte tun:

  • Ein erstes Mal mahnen: So gibt man dem Anbieter noch eine letzte Chance, den Vertrag einzuhalten. Mit der Mahnung sagt man ihm, dass man keine Geduld mehr hat und es nun Matthäi am Letzten ist. Oder auf Juristisch: Man setzt ihn in Verzug. Und diktiert eine Frist, innert der er die Verzögerungen aufholen kann.
  • Nachfrist: Wenn die Mahnfrist abgelaufen ist, braucht es noch eine zweite Frist – aber die kann kürzer sein. Darin sagt man dem Anbieter, dass man vom Vertrag zurücktritt, wenn er nicht fertig wird.

Die Fristen müssen «angemessen» sein. Was das heisst, steht nicht im Gesetz und hängt vom Projekt und von den Umständen ab. Bei kleineren Vorhaben sind zehn Tage für die Mahnung und eine Woche Nachfrist nicht verkehrt. Es lohnt sich, die Schreiben eingeschrieben zu verschicken (siehe Musterbriefe).
 

Fester Abgabetermin: Nachfrist genügt

Wenn ein fixes Datum vereinbart wurde und schon vorüber ist, kann man sich die Mahnung sparen. Aber: im Zweifel lieber eine Frist zu viel setzen.


Keine Frist nötig

Die Fristen kann man sich sparen, wenn sie ohnehin nichts brächten – etwa wenn der Anbieter ausdrücklich mitgeteilt hat, dass er ohne das Material nichts tun kann.

Welche gesetzlichen Regeln gelten bei Lieferverzug?

Sobald etwas hergestellt oder geflickt wird und ein klar bestimmter Erfolg vereinbart ist, handelt es sich um einen Werkvertrag. Etwa wenn der Kamin neu verkleidet, die Abwasseranlage saniert, das Badzimmer geplättelt oder das Treppenhaus renoviert wird.

Bei Werkverträgen können je nach Abmachung zwei unterschiedliche Regelwerke zur Anwendung kommen:

  • die Norm SIA 118 («Allgemeine Bedingungen für Bauarbeiten») des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins oder
  • das Obligationenrecht (Bestimmungen zum Werkvertrag).

Das Regelwerk SIA 118 kommt nur zum Zug, wenn es ausdrücklich im Vertrag steht. Falls dort nichts von SIA steht oder es nur mündliche Abmachungen gibt, gilt das Obligationenrecht. Vorsicht: Das meiste, was dort steht, kann im Vertrag oder in den allgemeinen Geschäftsbedingungen geändert werden. Das Gesetz gilt nur, wenn nichts anderes abgemacht ist. Lassen Sie sich beraten, wenn Sie unsicher sind, etwa beim Beratungszentrum des Beobachters.

Rechtsratgeber
Merkblatt «Werkvertrag»

Garagist, Schneider, Handwerker, Coiffeur, Fotograf: Wer die Dienste von diesen Berufsleuten in Anspruch nimmt, schliesst meist einen Werkvertrag ab. Beobachter-Mitglieder erfahren im Merkblatt «Werkvertrag», auf welche Punkte sie beim Vertragsabschluss achten können und erhalten zusätzliche Tipps fürs Bauen und Renovieren.

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Nicole Müller, Ressortleiterin
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