Ein «Schnäbi-Sarg»
Auf Plakaten mit Unterhosenwerbung der Firma John Kiss steht «Rest in Peace». Das ist unfreiwillig komisch, schreibt Beobachter-Redaktorin Andrea Haefely in ihrem offenen Brief.
Veröffentlicht am 18. November 2019 - 16:49 Uhr
Ein offener Brief an den Herrn, der das männliche Glied zu Grabe trägt.
Lieber Herr Kiss
Sie schreiben auf Ihrer Website: «Werber sind bekanntlich furchtbar kreativ und witzig. Sind sie dagegen nicht witzig oder kreativ, sind sie einfach nur furchtbar.»
Sie denken in die richtige Richtung, zumindest in der Theorie: Die Plakatkampagne Ihrer Unterhosenfirma John Kiss ist, allerdings unfreiwilig, komisch. Aber durchaus auch ein bisschen furchtbar.
Die riesigen Plakate zeigen einen Mann vom Bauchnabel bis Mitte Oberschenkel, die heikle Mitte in einen schwarzen Slip gekleidet. Daneben steht in Monsterbuchstaben: Rest in Peace.
Tönt gut, ist aber doof. Der Satz heisst auf Deutsch «Ruhe in Frieden», auf Lateinisch «Requiescat in Pace». Davon leitet sich das Kürzel RIP ab, das manchem bekannt vorkommen dürfte. Es steht auf so ziemlich jedem älteren Grabstein. Und, um das Ganze für unsere jüngeren Leser in die Neuzeit zu verfrachten, auch auf unzähligen Halloween-Artikeln. Dort ergibt der Spruch ja auch einen Sinn. Es geht schliesslich um Tote.
Aber in Unterhosenwerbung? Was genau wollen Sie dem unglaublich virilen Kerl verkaufen, der angeblich in so ziemlich jedem Mann schlummern soll? Eine Ruhestätte für sein bestes Stück? Ein Ort, an dem sich der Penis für immer und ewig von den Strapazen erholen kann, die ihm sein Superbock zeitlebens abverlangt hat? Ein Schnäbi-Sarg für Hochbetagte, die gar keinen Drang mehr verspüren, nicht einmal mehr zum Urinieren? Und wie steht es mit der Geruchsentwicklung?
Nächstes Mal nur ein kleines bisschen weiter denken. Muss ja nicht gleich so weit sein, wie unsereins überlegt.
Furchtbar herzlich und höchst amüsiert
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Andrea Haefely, Redaktorin
Etikettenschwindel, falsche Preisangaben, haarsträubende Werbung oder sonst ein Reinfall: Für Ärger von Konsumentinnen und Konsumenten ist leider nur allzu häufig gesorgt. Auch Beobachter-Redaktorinnen und -Redaktoren fühlen sich öfters für dumm verkauft. Was sie dabei erleben, lesen Sie unter dieser Rubrik.
1 Kommentar
Wo bleibt der HUMOR, Frau Häfeli?
Die Frauen sind doch froh, wenn sie in Ruhe gelassen werden...!
Ich kann Ihre Einwände nicht nachvollziehen.
Herzliche Grüße