Wie Coop und Migros ihre Preise hoch halten
Im Detailhandel gebe es keinen wirksamen Wettbewerb, kritisiert der Preisüberwacher. Darauf deutet auch ein Fruchtriegel hin.
Veröffentlicht am 26. April 2023 - 09:08 Uhr
Die Preispolitik bei Coop ist eigentlich klar: je grösser der Laden, desto günstiger die Ware. Wer sparen will, muss deshalb in einen Coop Megastore. Auch die Migros kennt diese ungeschriebene Regel.
Doch keine Regel ohne Ausnahme. Das zeigt auch das Beispiel des Fruchtriegels Nakd. Im kleinen Coop Pronto im Bahnhof Chur kostet er CHF 1.15. Verkauft wird er dort in einer Viererpackung. Im Coop Megastore in Zürich-Altstetten dagegen gibt es den Riegel nur einzeln – und er kostet CHF 1.95. Das sind 70 Prozent mehr.
Die Pronto-Lädeli dürfen das. Sie gestalten ihre Sortimente unabhängig von den Coop-Supermärkten. Sie werden im sogenannten Franchisesystem geführt, also von selbständigen Unternehmerinnen und Unternehmern. Diese interessieren sich offensichtlich nicht so brennend für das Preisniveau, das Coop und Migros vorgeben. Denn auch bei der Migros werden die Nakd-Riegel nur einzeln verkauft – zum exakt gleichen Preis wie bei Coop.
Vieles kostet gleich viel
Der Riegel zeigt, was passiert, wenn zwei grosse Lebensmittelhändler einen Grossteil des Marktes dominieren: Sie schreiben sich gegenseitig die Preise ab. Der Wettbewerb verliert an Kraft.
Weitere Beispiele: Bei Coop kosten Hartweizen-Spaghetti in der günstigsten Version exakt gleich viel wie bei der Migros. Genauso ist es bei Nature-Cornflakes, Langkornreis, Butter, Mozzarella, Orangensaft, Bio-Rindshackfleisch oder Olivenöl extra vergine. Selbst bei getrockneten Morcheln setzt eine unsichtbare Hand die gleichen Preise: In der Bio- wie in der Standardversion kosten 100 Gramm bei Coop und Migros gleich viel.
Die vielen Übereinstimmungen sorgen für Kritik. So schrieb der Preisüberwacher im Januar, dass «der Preiswettbewerb eingeschränkt und der Begriff Wettbewerb im Schweizer Detailhandel zu relativieren ist». Von wirklich wirksamem Wettbewerb könne «höchstens im Discountbereich ausgegangen werden».
Migros und Coop dementieren
Laut Migros und Coop trifft das in keiner Weise zu. Die Migros schreibt, der Wettbewerb im Schweizer Detailhandel sei hart. Migros und Coop seien Konkurrenten. Es seien insbesondere günstige Produkte, die sich in einer ähnlichen Preisspanne bewegten. Und das sei wegen des intensiven Wettbewerbs so – und weil die Margen im Detailhandel bescheiden seien.
Coop schreibt, der Detailhandelsmarkt sei in der Schweiz «so umkämpft wie nie zuvor». Der Wettbewerb werde angetrieben durch den Einkaufstourismus und die Discounter. Coop setze die Preise individuell fest. Der Preis von CHF 1.95 pro Nakd-Fruchtriegel entspreche zum Beispiel dem «Marktpreis». Es gebe davon keine Viererpackungen, weil die Nachfrage danach zu gering sei.
Einige Pronto-Shops sehen das anders. Sie quetschen die günstige Viererpackung Nakd-Riegel in ihre paar Quadratmeter Fläche. Ganz nach dem Motto: Wenn zwei orange Riesen sich bei einem «Marktpreis» finden, freut sich ein Dritter.
Etikettenschwindel, falsche Preisangaben, haarsträubende Werbung oder sonst ein Reinfall: Für Ärger von Konsumentinnen und Konsumenten ist leider nur allzu häufig gesorgt. Auch Beobachter-Redaktorinnen und -Redaktoren fühlen sich öfters für dumm verkauft. Was sie dabei erleben, lesen Sie unter dieser Rubrik.
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2 Kommentare
Schweizer Volks-Politik = klar, bewusst mitverantwortlich für die Volks-Ausbeutung durch MIGROS, COOP und CO!!
Aus unseren Cumulus-Abrechnungen geht hervor, dass sich die Gesamtausgaben für unsere Einkäufe in den Migros-Geschäften in den letzten 18 Monaten mehr als halbiert haben. Es gibt ja zahlreiche Alternativen. Mittelmässige Qualität zu überhöhten Preisen brauchen wir nicht.