Leasing-Kunden mies beraten
Der Beobachter wollte wissen, wie seriös Garagen Interessenten über Leasing informieren. Die Resultate sind schockierend.
Veröffentlicht am 3. Februar 2009 - 08:12 Uhr
Garagen auf dem Prüfstand
Der Beobachter bat zehn Personen, sich in einer Garage über die Leasingkonditionen eines Wagens zu informieren. Sie stellten konkrete Fragen, deren Beantwortung auf Richtigkeit hin überprüfbar war, und verlangten die Vertragsunterlagen.
Resultate der Stichproben (PDF, 50 kb)
Mai 2008: Bettina Halter (Name geändert) will bei einer Garage in Weesen SG einen Toyota Avensis leasen. Doch der Garagist legt der verdutzten Kundin einen Kaufvertrag zur Unterschrift vor. «Wir benötigen ihn nur für den Leasingantrag», beruhigt er die 54-jährige Davoserin. Bettina Halter unterschreibt. Als sie dem Garagisten zwei Tage später mitteilt, sie habe sich gegen den Wagen entschieden, beharrt dieser auf dem Kaufvertrag. Halter schaltet einen Anwalt ein. Ohne Erfolg. Sie muss den Wagen mit allen ihren Ersparnissen kaufen.
Bettina Halter ist kein Einzelfall. Fast täglich melden sich beim Beobachter Ratsuchende mit Problemen aus Leasingverträgen. Viele klagen, sie seien bei den Verhandlungen nicht richtig beraten worden. Der Beobachter wollte es genauer wissen und bat zehn Personen, sich in zufällig ausgewählten Autogaragen nach den Leasingkonditionen für einen bestimmten Wagen zu erkundigen. Folgende Punkte wurden untersucht:
- Wie ernsthaft wird die Bonität des Interessenten abgeklärt? Laut Gesetz muss geprüft werden, ob sich ein Interessent das gewünschte Fahrzeug auch tatsächlich leisten kann. Dazu muss der Garagist mit dem Kunden ein realistisches Budget erstellen und sich nach dem Einkommen und sämtlichen Ausgaben wie Miete, Steuern oder Versicherungen erkundigen.
- Wer vorzeitig aus einem Leasingvertrag aussteigt, muss mit hohen Kosten rechnen, weil sich die Leasingraten wegen der verkürzten Laufzeit nachträglich massiv erhöhen. Die Testpersonen fragten nach, welche finanziellen Konsequenzen eine vorzeitige Vertragskündigung hätte, sollte sich ihre berufliche oder familiäre Situation einmal ändern. Der Garagist musste in seiner Antwort auf die hohen Ausstiegskosten hinweisen.
- Viele Konsumenten halten Leasing für eine Art Kauf auf Abzahlung. Zu Unrecht. Die Testpersonen erkundigten sich beim Garagisten, ob ihnen der Wagen nach Bezahlung aller Raten automatisch gehöre oder ob sie das Recht hätten, ihn nach Ablauf des Vertrags zum Restwert zu kaufen. Der Garagist musste beides verneinen und den Unterschied zwischen Kauf und Leasing erklären.
- Manche Garagen lassen den Kunden einen Kaufvertrag unterzeichnen. Die Testpersonen sollten herausfinden, ob auch «ihre» Garage mit diesem Trick versucht, das gesetzlich vorgeschriebene Widerrufsrecht im Leasingvertrag zu umgehen.
- Weiter wurde geprüft, ob Kunden korrekt auf ihr siebentägiges Widerrufsrecht hingewiesen und ob ihnen die mehrseitigen Vertragsunterlagen vor der Unterschrift ausgehändigt werden.
Das Resultat der Stichprobe ist schockierend. Nur gerade drei Garagen erhalten eine genügende oder gute Note. Der Rest ist blamabel. Die meisten Tester wurden gar nicht oder falsch informiert, einzelne sogar angelogen.
Bei der Kreditfähigkeitsprüfung schnitten alle Garagen schlecht ab. Eine erkundigte sich nur nach dem Einkommen und der Miete der Testperson. «Der Leiter Kundendienst alberte mit seinem Chef rum. Er interessierte sich weder für meine Ausgaben noch für die Tatsache, dass ich Teilzeit arbeite», erzählt die Testerin. Eine andere Testperson: «Meinem Garagisten war es egal, ob ich das Auto finanzieren kann, Hauptsache, ich unterschreibe den Vertrag.» Eine dritte: «Meinen Garagisten interessierte nur, wie viele Kilometer ich pro Jahr fahre.»
Nicht viel besser sieht es bei den übrigen Garagen aus. Regelmässig unberücksichtigt blieben die Autokosten (Vollkaskoversicherung, Steuern, Unterhalt und Reparaturen), obwohl diese gemäss Erfahrungswerten des TCS selbst bei einem Kleinstwagen mindestens 400 Franken pro Monat betragen.
Besonders krass: Eine hochschwangere Testerin wurde vom Garagisten ermuntert, beim Budget falsche Angaben zu machen. «Geben Sie lieber ein bisschen tiefere Beträge an», meinte er, als er ihre Daten in den Computer eintippte. Als klar wurde, dass sie mit ihrem Teilzeitlohn und der Miete die Kreditfähigkeitsprüfung nicht bestehen würde, fragte der Verkäufer nach dem Einkommen des Ehemanns, obwohl dieses Vorgehen klar gesetzwidrig ist. «So, jetzt passt das Budget aber sicher», sagte er sichtlich zufrieden, als er den Lohn des Ehemanns addierte. Und zur bevorstehenden Geburt des zweiten Kindes, das er im Budget hätte berücksichtigen müssen, meinte er: «Zurzeit haben Sie ja nur ein Kind.»
Auch über die hohen Kosten bei einem vorzeitigen Ausstieg wurde falsch informiert. Zwei Garagen wiesen auf die Kosten hin, bezifferten diese aber nicht. Andere erwähnten keine Kosten oder machten falsche Angaben. «Sie müssen die Raten bis Vertragsende weiterzahlen», behauptete ein Garagist, was klar falsch ist. Ein anderer empfahl eine Versicherung, die zwar für offene Raten aufkommt, jedoch nur bei Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Invalidität, nicht aber, wenn der Kunde den Vertrag wegen eines Auslandsaufenthalts auflösen möchte. Und ein Garagist muss sich erheblich verrechnet haben. Er erwähnte Mehrkosten in der Höhe von 300 Franken. Tatsächlich hätte die Testperson aber fast 5000 Franken nachzahlen müssen, wenn sie den geleasten Wagen nach einem Jahr zurückgegeben hätte.
Dass auch eine korrekte Information möglich ist, beweisen zwei Garagen. Eine erwähnte, dass eine vorzeitige Vertragskündigung sehr teuer sein werde. Die andere riet der Testerin sogar explizit vom Leasingvertrag ab, falls sie beabsichtige, bald ins Ausland zu verreisen.
Selbst einfache Fragen haben die Garagisten falsch beantwortet. Etwa die nach dem Unterschied zwischen Kauf und Leasing. Sechs der getesteten Garagisten behaupteten mit einer Selbstverständlichkeit, dass das Auto am Vertragsende zum Restwert gekauft werden könne, obwohl in den Verträgen, die den Testpersonen ausgehändigt wurden, steht: «Dem Leasingnehmer steht kein Recht zu, das Leasingobjekt zu erwerben.» Drei Garagen informierten korrekt, eine davon versuchte aber, der Testperson neben dem Leasingvertrag auch noch einen Kaufvertrag unterzujubeln.
Diesen Trick versuchten auch zwei andere Garagisten. «Während des ganzen Besuchs war nie von Kauf die Rede. Doch der Garagist schickte mir per Post einen Kaufvertrag zur Unterschrift mit der Begründung, er brauche diesen für die Bestellung», erzählte die betroffene Testerin. Hätte sie den Kaufvertrag unterzeichnet und sich später gegen den Leasingvertrag entschieden oder diesen widerrufen, hätte sie unter Umständen 15 Prozent des Kaufpreises oder rund 2500 Franken als Schadenersatz bezahlen müssen.
Die Beobachter-Stichproben zeigen: Die Garagen schlampen bei der Kreditfähigkeitsprüfung und beraten ihre Kunden lausig. Das erstaunt nicht. Kein Garagist hat ein wirkliches Interesse daran, einen Kunden vom Vertragsabschluss abzuhalten. Schliesslich verdient er sein Geld mit dem Abschluss von Verträgen. Kann der Kunde später die Leasingraten nicht bezahlen, muss sich nicht der Garagist, sondern die Leasingbank mit dem säumigen Zahler herumschlagen.
Allerdings sind die Leasingbanken mitverantwortlich an dieser Misere. Sie könnten den Garagisten vorschreiben, sich nach allen möglichen Ausgaben zu erkundigen und Belege zu verlangen. Doch auch sie nehmen die Kreditfähigkeitsprüfung nicht besonders ernst, wie sie selber beweisen. Erstaunlich auch, wie Leasingzusagen gemacht werden: Will ein Kunde eine Hypothek oder einen Betriebskredit, so muss er bei jeder Bank persönlich vorsprechen und Belege mitbringen. Nicht so beim Autoleasing. Die Leasingbank stellt den Vertrag aus, ohne den Interessenten nur ein einziges Mal gesehen zu haben.
Von den geprüften Garagen und ihren Leasingbanken verzichtete die Hälfte auf eine Stellungnahme (siehe nachfolgende Box «Wie die Garagen und Leasingbanken reagieren»). Die andere Hälfte wandte mehrheitlich ein, die Stich-probe des Beobachters sei nicht repräsentativ. Doch das Ergebnis deckt sich mit den Erfahrungen unseres Beratungszentrums. Fazit: Wer einen Wagen least, fährt riskant. Ganz besonders, wenn er sich auf die mündlichen Auskünfte eines Garagisten verlässt.
Stellungnahmen: Wie die Garagen und Leasingbanken reagieren
Fidis Finance (Suisse) SA: «Wir verwenden bei der Kreditfähigkeitsprüfung das in der Branche übliche Modul. Zudem berechnen wir einen durchschnittlichen Prämienbetrag für Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung. Auf weitere Kosten hat uns die Kundin nicht hingewiesen.»
Amag AG: «Man mag es als vernünftig betrachten, wenn Kaskoversicherung, Gesundheitskosten und auswärtige Verpflegung bei der Kreditfähigkeitsprüfung mit eingerechnet werden, vom Gesetz her ist dies aber nicht vorgeschrieben.
Die Amag rechnet freiwillig automatisch einen Betrag für Fahrkosten zum Arbeitsplatz ein.»
Uetli-Garage AG: «Um ein Fahrzeug bestellen zu können, benötigen wir für den Importeur einen rechtsgültig unterzeichneten Kaufvertrag. Dieser Kaufvertrag wird beim Unterzeichnen des Leasingvertrags durch den Leasingvertrag ersetzt. Unter der Rubrik Extraausrüstung weisen wir auf die Leasingaktion hin.»
Multilease AG: «In unseren allgemeinen Geschäftsbestimmungen sind das Widerrufsrecht und die Bedingungen für eine vorzeitige Vertragsauflösung klar und umfangreich formuliert.»
PSA Finance Suisse SA: «Das Widerrufsrecht ist unter den Vertragsbedingungen aufgeführt und wird somit vom Kunden unterschrieben.»
Auto Kaiser AG: «Dank Ihrer Stichprobe sind wir sicher wieder sensibilisiert und werden alles daransetzen, dass wir die Leasingberatung im Sinne des Kunden durchführen werden.»
GE Money Bank : «Unsere Bank stellt durch transparente Vertragsdokumentationen sicher, dass entscheidrelevante Informationen beim Konsumenten ankommen, selbst wenn einmal ein Kunde durch den Garagisten unvollständig oder fehlerhaft informiert werden sollte. Ihre Ergebnisse bestärken uns darin, unsere Anstrengungen bei der Schulung unserer Vertragspartner weiter zu intensivieren.»
Auto Züri West AG: «Unserem Unternehmen ist die Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen und insbesondere des Konsumkreditgesetzes sehr wichtig. Entsprechend prüfen wir unsere Abläufe regelmässig und begrüssen solche Tests.»