Gasthaus zum knausrigen Wirt
Weil sie die Kommission sparen wollen, verweigern manche Beizer ihren Angestellten, Trinkgeld per Karte anzunehmen. So reagieren Sie als Gast am besten.
Veröffentlicht am 23. Juni 2022 - 15:00 Uhr
Das Essen war gut, die Bedienung freundlich und aufmerksam. Gerne hätte man die Rechnung grosszügig aufgerundet. Doch der Kellner winkt ab: Bei Kartenzahlung könne er leider kein Trinkgeld annehmen. Weil man kein Bargeld bei sich hatte, gabs für den tollen Service nur warme Worte.
«Leider habe ich das auch schon erlebt», sagt Nicolas Kern, Präsident der Vereinigung Gastro Stadt Zürich. Seiner Erfahrung nach komme es zwar immer seltener vor. Wenn doch, hat er dafür aber kein Verständnis. «Den Angestellten ein Trinkgeld vorzuenthalten, geht gar nicht.»
Kern kann sich nur einen Grund vorstellen, warum manche Wirte das tun: Bei jeder Zahlung per Karte entfällt eine Kommission an die Bank oder die Kreditkartenfirma. Rundet man die Rechnung von 180 Franken auf 200 Franken auf, muss der Wirt die Kommission auch auf die 20 Franken zahlen, die nicht er, sondern die Bedienung als Trinkgeld erhält.
Allerdings beträgt sie lediglich ein bis zwei Prozent, bei 20 Franken also 20 bis 40 Rappen. Über einen Monat mache das zwar schon einige Hundert Franken aus, sagt Kern. «Trotzdem muss es selbstverständlich sein, dass man als Gast mit der Karte Trinkgeld geben kann.»
Seit der Pandemie zahlen bis zu 90 Prozent der Gäste mit Karte, schätzt der oberste Zürcher Beizer. Er selber wirtet im Zürcher Ausflugsrestaurant Degenried. Anfängliche Bedenken, es gebe weniger Trinkgeld, hätten sich nicht bewahrheitet.
Mit der Karte ein Trinkgeld zu geben, ist auf verschiedene Arten möglich. In manchen Restaurants und Cafés kann man einen Extrabetrag für den Service ins Kartenlesegerät eingeben. Viele Gäste empfinden das aber als fordernd. «Sie runden lieber selber auf und sagen ‹machen Sie 20› oder 50 oder 100, und dann gibt das Servicepersonal diesen Betrag als Rechnung ein», sagt Kern. Die Differenz zwischen dem Betrag der Bestellung und dem Betrag, der schliesslich verrechnet wurde, macht am Ende der Schicht das Trinkgeld aus.
Im Restaurant von Nicolas Kern geht das Geld direkt an den jeweiligen Kellner oder die Kellnerin. Einen kleinen Teil geben sie in einen gemeinsamen Topf ab, aus dem auch die Köchinnen und Köche, die Tellerwäscher und Putzfrauen ihren Anteil erhalten. In anderen Betrieben gibt es nur ein Portemonnaie, und das Trinkgeld wird unter allen Mitarbeitenden aufgeteilt.
Beides sei gut, sagt der Präsident von Gastro Stadt Zürich. Nur kein Trinkgeld erhalten, obwohl der Gast ohne Bargeld etwas geben will, das gehe nicht. «Mein Wunsch wäre: Wenden Sie sich als Gast an den Chef oder die Chefin und sagen Sie, dass Sie für den Service gerne ein Trinkgeld geben möchten. Vielleicht kommen solche Wirte dann zur Besinnung.»
3 Kommentare
Noch nie erlebt, ging bis jetzt immer problemlos, offenbar sind diese knausrigen Wirte in der Minderheit.
Trinkgeld? Das ist doch im Preis inbegriffen. Darüber haben wir doch mal befinden. Ich möchte mich nicht an den Lohnkosten der knausrigen Wirtinnen beteiligen welche keine ordentliche Kalkulation machen können.
Am besten zahlt man per Karte so wie ausgewiesen oder nur wenig aufgerundet und drückt der Bedienung etwas Bares in die Hand. Schwierig wird es dort wo einem mehrere Kellner bedienen ohne feste Tischzuweisung.