Fürs Interesse bezahlen?
Sie gehen an eine Wohnungsbesichtigung – und müssen nur schon für das Interesse 120 Franken bezahlen. Dieses Vorgehen ist zwar «branchenüblich», aber rechtswidrig.
aktualisiert am 19. Oktober 2016 - 11:43 Uhr
Manuel Lienhard* sucht seine erste eigene Wohnung. Er besichtigt eine Dreizimmerwohnung in Glattfelden ZH. Sie gefällt ihm, er meldet sich als Mietinteressent an und bekommt kurz darauf tatsächlich den Vertrag zugeschickt. Weil ihm aber die Mietbedingungen weniger gefallen, unterschreibt er am Schluss doch nicht.
Als er telefonisch absagt, staunt Lienhard. Der Vermieter fordert 120 Franken Umtriebsentschädigung. Und verweist auf eine kleingedruckte Klausel im Formular für das Mietinteresse: Wenn aufgrund des Mietinteresses und einer Zusage ein Mietvertrag erstellt werde, man diesen aber nicht unterzeichne, sei mit einer Entschädigungsforderung zu rechnen.
Wird man also für das reine Interesse schon zur Kasse gebeten? Eine solche Klausel sei absolut branchenüblich, meint der Vermieter, das Architekturbüro Oskar Meier AG aus Bülach ZH.
Beobachter-Experte Davor Smokvina sieht das ganz anders. Allein mit dem Ausfüllen des Interesseformulars entsteht noch keine vertragliche Bindung – daher fehlt der Klausel die Rechtsgrundlage. Bis hin zur Unterschrift bleibt ein Mietvertrag eine Offerte und ist als solche kostenlos. Für reines Mietinteresse muss niemand etwas zahlen. Deshalb rät er, ein solches Interessenformular zwar zu unterschreiben, den Betrag anschliessend allerdings nicht zu bezahlen.
Ein Blick in die Fallverwaltung des Beobachters zeigt, dass die fragwürdige Praxis immer öfter aufzutauchen scheint und Ratsuchende schon für Beträge bis zu 200 Franken belangt wurden.
Im Fall Lienhard gegen Oskar Meier wurde dem jungen Mann nach eigener Aussage sogar eine Betreibung angekündigt. Während der Wohnungssuche ist das eine speziell brisante Drohung. Später krebste das Architekturbüro dann doch noch zurück.
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