Rechnung ohne Bestellung
Zahlreiche Ratsuchende, die bei der Beobachter-Hotline anrufen, ärgern sich über Trustcore und Stay Free Hotel. Denn für Gutscheine, die sie gar nicht bestellt haben, flattern nun Mahnschreiben ins Haus.
Veröffentlicht am 9. September 2015 - 09:52 Uhr
«Ich habe ein Riesenproblem», sagt Alfred Frattini an der Beratungs-Hotline des Beobachters. Das Inkassobüro Trustscore in Hünenberg ZG bedrängt ihn mit drohenden Mahnschreiben: Wenn er nicht zahle, wirke sich das negativ auf seine Kreditwürdigkeit aus. Die «erforderlichen Schritte für eine Zivilklage» seien schon vorbereitet.
Trustscore will CHF 288.– für Hotelgutscheine, die Frattini bei der Stay Free Hotel bestellt, aber nicht bezahlt habe. Doch er hat nie solche bestellt. Bei einem Werbeanruf der Stay Free Hotel hat der Aargauer bloss Ja gesagt zur Zusendung von Unterlagen, um sich das Angebot ansehen zu können. Genauso wie die allermeisten andern Ratsuchenden auch, die sich in der gleichen Angelegenheit an den Beobachter gewandt haben.
Die Stay Free Hotel Ltd. mit Sitz in Cham ist erst seit Juni 2015 im Handelsregister eingetragen. Sie vertreibt per Telefon Hotelgutscheine. Der Beobachter bat nicht nur die junge Firma, sondern auch das Inkassobüro Trustscore um einen Beweis für die behauptete Bestellung im Fall Alfred Fattinis. Zuerst antwortete Trustscore: «Gerne werden wir Ihnen den Nachweis zusenden.» Dann machte sie einen Rückzieher: «Aus Datenschutzgründen sind wir nicht berechtigt, Gesprächsaufnahmen zu senden, wenden Sie sich an die Stay Free Hotel.»
Diese behauptet: «Jeder einzelne Kunde hat der kostenpflichtigen Zusendung eines Gutscheins zugestimmt.» Doch auch sie will den Beweis dafür, nämlich eine entsprechende Gesprächsaufnahme, «aus Datenschutzgründen» nicht herausgeben. Dabei macht sie auch gleich klar: «Wir werden gegen sämtliche falschen Vorwürfe juristisch vorgehen.»
Einen weiteren, allerdings berechtigten Vorwurf gibt es in der Tat: Stay Free Hotel ruft auch Personen an, die einen Sterneintrag im Telefonbuch haben. Dass sie damit unlauteren Wettbewerb betreibt, weist sie mit Hinweis auf die «Schweizer Rechtssprechung» zurück, bleibt aber auch hier den entsprechenden Beweis schuldig.
Fazit: Viel Gerede und offenbar nichts dahinter. Was Alfred Frattinis «Riesenproblem» rasch erledigt. Denn ohne Vertragsbeweis muss er selbstverständlich nicht zahlen. Ebenso wie alle andern Ratsuchenden, die nur Unterlagen bestellt haben. Und wer trotz Stern im Telefonbuch einen Werbeanruf von Stay Free Hotel bekommen hat, kann beim Staatssekretariat für Wirtschaft Seco eine Beschwerde einreichen.