Streit um «umweltfreundlichen Helikopterflug»
Elite Flights musste die Werbung für ihre «CO₂-neutralen» Heli-Flüge anpassen. Das genüge nicht, sagt der Konsumentenschutz – und reicht Strafanzeige ein.
Veröffentlicht am 26. April 2024 - 18:30 Uhr
Darf man einen Helikopterflug als umweltfreundlich und klimaneutral bewerben? Darüber sind sich der Konsumentenschutz und die Firma Elite Flights uneins. Klar ist: Der Diskurs gipfelte jetzt in einer Strafanzeige, die der Konsumentenschutz am 24. April bei der Luzerner Staatsanwaltschaft eingereicht hat.
Auf der einen Seite der Debatte: der Konsumentenschutz, der in der Auslobung der Helikopterflüge einen klaren Fall von Greenwashing sieht. Hier verpasse eine Firma einem Produkt ein grünes Mäntelchen, das nachweislich schädlich für die Umwelt sei.
Klima-Aussage ist «irreführend und unrichtig»
Elite Flights hatte bis im Februar auf ihrer Homepage damit geworben, sämtliche Helikopterflüge würden zu 100 Prozent klimaneutral durchgeführt. Auf einer Unterseite wurde den Kunden erklärt, die CO₂-Emissionen der Flüge würden mit einem Waldschutz- und Aufforstungsprojekt im brasilianischen Amazonas kompensiert. Diese Aussagen seien insgesamt zu vollmundig und zu wenig überprüfbar, fand der Konsumentenschutz, und reichte im vergangenen Sommer bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission Beschwerde ein.
Die Kommission kam zum Schluss: Die Werbeaussage sei irreführend und unrichtig . Sie empfahl Elite Flights, künftig auf die Aussage «klimaneutraler Helikopterflug» zu verzichten. Die Firma änderte den Text in der Folge zu «umweltfreundlicher Helikopterflug». Im Gütesiegel, das die CO₂-kompensierende Firma Carbon Connect ausstellt, prangte bis einen Tag nach der Strafanzeige aber immer noch das Banner «klimaneutraler Flug».
«Einen Heli-Flug als umweltfreundlich zu bezeichnen, erachten wir als einen krassen Verstoss gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Elite Flights hat den Werbespruch damit noch verschlimmert», sagt Sara Stalder vom Konsumentenschutz zum Beobachter. Ein Verstoss gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe sanktioniert. «Wir hoffen, dass die Staatsanwaltschaft eine Untersuchung einleitet und eine Strafe verhängt», sagt Stalder.
Helikopterfirma kontert Greenwashing-Vorwurf
Auf der anderen Seite des Konflikts ist Philipp Walker und seine Firma Elite Flights. Gegenüber dem Beobachter verteidigt er seine Werbeaussagen: «Seit 2019 engagieren wir uns als einziges Flugreiseunternehmen der Schweiz für umweltbewusste Lösungen und kompensieren sämtliche Helikopterflüge.» Deshalb trage man diese Botschaft stolz nach aussen.
Man habe die Wortwahl auf der Webseite in den vergangenen Monaten «empfindlich angepasst». Zwei Tage nach dem Strafantrag ist nun auch das Wort «umweltfreundlich» von der Webseite verschwunden – «da der Ausdruck für den Konsumentenschutz offenbar nicht konform ist».
Das Netto-null-Ziel des Bundes sei nur durch Kompensation zu erreichen, findet Walker. Jede Bemühung – und sei sie noch so klein – trage einen Teil zum Klimaschutz bei. «Wenn wir für diesen Effort zur Rechenschaft gezogen werden, so ist uns schleierhaft, ob diese Spitzfindigkeit des Konsumentenschutzes wirklich zielführend ist», kontert der Firmeninhaber und ergänzt, man werde sich überlegen, in Zukunft die Kompensationsleistungen allenfalls einzustellen. «Als kleines Unternehmen können wir es uns nicht leisten, deswegen vor Gericht zu prozessieren.»
EU schiebt Greenwashing einen Riegel vor
Konsumentenschützerin Stalder findet, es brauche klare Regeln, welche Aussagen zum Klima und zu Umweltfragen in der Werbung gemacht werden dürfen – ähnlich wie bei Alkohol- oder Arzneimittelwerbung. Die EU ist diesbezüglich bereits im Endspurt. Allgemeine Umweltaussagen und andere irreführende Produktinformationen sind dort künftig verboten, erlaubt sind nur noch anerkannte Zertifizierungssysteme und von staatlichen Stellen eingeführte Nachhaltigkeitssiegel.
«Die Konsumentinnen und Konsumenten müssen sich darauf verlassen können, dass ein Werbeversprechen stimmt oder ein Gütesiegel tatsächlich gut ist für die Umwelt – und dafür braucht es mess- und überprüfbare Kriterien», so Stalder. Darum sei die Beurteilung des Luzerner Gerichts zum «umweltfreundlichen Helikopterflug» wichtig. «Ein Urteil zu dieser Frage hätte Signalwirkung und würde das Thema Greenwashing auf die politische Agenda und ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken.»