Ärger beim Zürcher Turnverband
Junge Zürcher Turntalente zahlen neu teilweise mehr als das Doppelte. Ein Teil der zusätzlichen Gelder fliesst in den Ausbau der Geschäftsleitung des kantonalen Turnverbands. Das stösst auf Kritik.
Veröffentlicht am 21. Januar 2022 - 09:00 Uhr
Der Zürcher Turnverband ZTV schraubt an den Beiträgen, die seine rund 140 jungen Spitzensportlerinnen und -sportler leisten müssen. Die gute Nachricht: Die Stundensätze für Trainings wurden um 25 Rappen auf Fr. 3.35 gesenkt. Die Kehrseite der Medaille: Neu muss jedes Mitglied einen fixen Betrag von 100 Franken pro Monat zahlen.
Die Jahresbeiträge steigen damit teils um über 100 Prozent. Das sorgt für Unmut. «Bisher haben wir knapp 1000 Franken für das Training unserer Tochter bezahlt. Neu sind es über 2000», sagt Dominik Messmer* (Name geändert). Einige Eltern haben ihre Kinder nun gar aus dem Training genommen.
Folge der Mängel in Magglingen
Der Turnverband begründet den Aufschlag mit erhöhten Anforderungen im Spitzensport. «Die Untersuchungen um die Vorfälle im nationalen Sportzentrum in Magglingen haben klare Mängel in der Betreuung von Spitzensportlerinnen aufgedeckt. Die daraus resultierenden Empfehlungen des Bundes sind nur mit Hilfe der geplanten Investitionen umzusetzen.»
Gemeint sind Investitionen von über 250'000 Franken. Ein Drittel davon – rund 80'000 Franken – wird gemäss Verband für eine neue Chefposition für Akrobatik, Rhythmische Gymnastik und Trampolin verwendet. Der zweite Drittel fliesse in die Infrastruktur und Trainerstellen, der dritte in die Athletenbetreuung, die psychologische Unterstützung und die Weiterbildung der Trainerinnen.
«Lieber in die Basis investieren»
Betroffene kritisieren das. «Es herrscht grosser Mangel an Trainern. Doch statt in die Basis wird ein grosser Teil des Geldes in die Geschäftsleitung investiert», sagt Dominik Messmer. Die Eltern müssten so für etwas bezahlen, wovon ihre Kinder keinen direkten Nutzen hätten. Beim Turnverband sieht man es anders: «Dank der engeren Führung und Betreuung der Trainer sowie die Weiterbildungen investieren wir in ihre direkten Bezugspersonen.»
Der nationale Turnverband heisst es auf Anfrage, die kantonalen Verbände handelten bei der Festsetzung der Mitgliederbeiträge autonom. Die Begründungen seien aber «nachvollzieh- und somit vertretbar. Sie stärken das Turnen und stellen den Betrieb im Sport sicher.»
Die Spitzensportlerinnen tragen insgesamt 44 Prozent der Kosten für die neuen Investitionen. Den Rest bezahlen die Spitzensportvereine und die rund 55'000 Breitensportler des grössten kantonalen Turnverbands.