Willkür bei Kinderrenten
Rentner heiraten Thailänderinnen und fordern Schweizer Renten für deren Kinder – eine Lotterie.
Veröffentlicht am 11. April 2019 - 16:12 Uhr,
aktualisiert am 9. April 2019 - 16:23 Uhr
Viele der Thaikinder kennen ihren Stiefvater kaum und leben bei den Grosseltern. Als Berichte darüber publik wurden, verschärfte die Schweizerische Ausgleichskasse (SAK) ihre Praxis – auch weil sie immer mehr Kinderrenten nach Thailand ausgezahlt hatte: 2017 rund 300 000 Franken an 420 Rentner – doppelt so viel wie sechs Jahre zuvor. Ob die Rentner für die Kinder aufkommen, überprüft die SAK nicht. Und wer Kinderrenten erhält, scheint willkürlich.
Das legt der Fall von Rolf Baumgartner nahe. Er wanderte mit 65 nach Thailand aus . Ein Jahr später lernte er eine Frau kennen. Sie zogen zusammen, heirateten 2015. Die Frau brachte eine elfjährige Tochter aus erster Ehe mit. «Selbstverständlich» habe er alle Ausgaben für sie gedeckt. Als der heute 75-Jährige an einem Rentnertreffen hörte, dass die SAK solche Ausgaben erstattet, stellte er Antrag. Er hoffte, dass er für die Zeit von 2010 bis zum 18. Geburtstag der Tochter die Unterstützung erhalte.
In Thailand sei es unüblich, einen Umzug der Einwohnerkontrolle zu melden, bestätigt die Schweizer Botschaft.
Er fügte dem Antrag auf Kinderrente eine Liste von Zeugen bei, die die gemeinsame Wohnsituation bestätigen. Doch keiner wurde kontaktiert, der Antrag abgelehnt. Baumgartner habe keinen offiziellen Beleg, dass das Kind am gleichen Ort wohne. Er sagt: «Wir drei sind vor einem Jahr umgezogen, aber noch teilweise im alten Haus registriert.»
In Thailand sei es unüblich, einen Umzug der Einwohnerkontrolle zu melden, bestätigt die Schweizer Botschaft.
Baumgartner zog den Entscheid weiter, scheiterte aber vor Bundesverwaltungsgericht. Unter anderem weil er keine Quittungen für seine Ausgaben hatte. Die SAK erklärt nun aber, dass «in Bezug auf Unterhaltsbeiträge keine Belege oder Quittungen» einzureichen seien.
Die Rechtslage wäre klar: Für eine Rente muss das Kind bei den Eltern wohnen, und sie müssen zum grössten Teil die Lebenskosten tragen. Das werde nur in Ausnahmefällen geprüft, so die SAK. Was ein Ausnahmefall ist, sagt sie nicht. Warum sie Baumgartners Antrag ablehnte, auch nicht.