SBB lehnen eigene Karte ab
Mit viel Trara werben die SBB für ihr Halbtaxabonnement mit Kreditkarte. Doch die Bahn akzeptiert ihre Visa-Karte nicht einmal in den eigenen Zügen.
Veröffentlicht am 9. Juni 2009 - 09:59 Uhr
Die Freude von Rolf Buholzer währte nur kurz: Er hatte seinen Anschlusszug gerade noch erwischt, als er aus Deutschland nach Hause fuhr. Mit seinem brandneuen Halbtaxabo inklusive Visa-Karte wollte Buholzer im Zug ein Billett für die Schweizer Strecke nachlösen. Doch die Kondukteurin erklärte dem verdutzten Passagier, dass sie diese SBB-Karte nicht akzeptieren könne. Da Buholzer nicht mehr genug Bargeld bei sich hatte, schickte ihm die Bahn schliesslich eine Rechnung mit einem Zuschlag von 30 Franken. «Diesen hohen Zuschlag empfand ich als Busse», sagt er.
Seit letztem Herbst gehen die SBB bei ihren über zwei Millionen Halbtaxabonnenten mit der Kreditkarte auf Kundenfang; das Abo mit Visa bietet sie gar 25 Franken günstiger an als jenes ohne. Zusätzlichen Auftrieb bekam die Karte, als sie diesen Frühling in einem breit angelegten Vergleich des Internetdienstes Comparis in Zusammenarbeit mit der TV-Sendung «Kassensturz» sehr gut abschnitt.
Wer sich für das Halbtax mit Visa-Karte entscheidet, kann zwischen zwei Varianten wählen: einer Kredit- und einer Prepaidkarte. Die Prepaid-Variante wird mit Guthaben aufgeladen und ist deshalb streng genommen gar keine Kreditkarte. Trotzdem wird sie von den SBB als «vollwertige Visa-Karte» angepriesen.
Anders als bei der konventionellen Kreditkarte muss der Verkäufer mit einem Lesegerät online überprüfen, ob die Prepaidkarte genügend Guthaben aufweist. Aber ausgerechnet die eigenen Kondukteure haben die SBB nicht mit Lesegeräten ausgerüstet. Konventionelle Kreditkarten dürfen sie deshalb blind annehmen, aber nur bei kleineren Beträgen.
Nach unbestätigten Informationen des Beobachters müssen sie die Karte ab einem Betrag von 80 Franken überprüfen – und zwar telefonisch, wie in den Anfangszeiten der Kreditkarten. Bei den Prepaidkarten funktioniert dies nicht, weshalb das Zugpersonal sie generell nicht annimmt.
Dennoch leitet SBB-Sprecher Reto Kormann daraus gar einen Vorteil ab: «Falls einem Kunden einmal eine Karte abhandenkommen sollte, kann ein ‹Finder› im Zug keine Dienstleistungen auf Kosten des Kartenbesitzers bezahlen.» So gesehen müssten Kartenbesitzer dankbar sein für jede Verkaufsstelle, die ihre Karte nicht akzeptiert.
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