Wie hat die Bewerberin gearbeitet? Ist sie belastbar? Kam der Bewerber gut mit den anderen aus? Ist er eher introvertiert oder outgoing? Solche Dinge wollen Personalverantwortliche wissen, bevor sie jemanden einstellen. Und wer weiss das besser als Leute aus dem Umfeld, also aktuelle oder ehemalige Vorgesetzte und Arbeitskolleginnen?

Darum überlegt sich jede Bewerberin gut: Wen soll ich als Referenz angeben? Und vor allem: Wer darf überhaupt wissen, dass ich eine neue Stelle suche?

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Das peinliche Hintenherum

Wie schrecklich peinlich wäre es doch, wenn die HR-Frau, bei der man sich bewirbt, den jetzigen Chef, die jetzige Chefin anruft. Logisch, was die sich denken würden: «Aha, ihr gefällt es nicht mehr bei uns, sie will uns verlassen.» Und bei der nächsten Beförderung oder Lohnerhöhung werden sie ganz bestimmt jemand anderen berücksichtigen.

Unangenehm auch, wenn die HR-Person ausgerechnet mit dem ehemaligen Kollegen plaudert, der einen nie ausstehen konnte. 

Doch genau das passiert bei mehr als der Hälfte der Recruiter und Firmen: Sie kontaktieren Personen, die Bewerberinnen gar nicht angegeben haben. Das geht aus der Arbeitsmarktstudie des Personalvermittlers Von Rundstedt und des Magazins «HR Today» hervor. Befragt wurden 936 HR-Manager und Führungskräfte in der ganzen Schweiz. 

Dieses Hintenherum-Kontaktieren ist gesetzlich verboten. Nur kümmert das offenbar kaum jemanden. 

Das sagt das Gesetz

Ist jemand introvertiert, fachlich top und kollegial? Das sind besonders schützenswerte Personendaten. Und die darf man nur unter einer Voraussetzung «bearbeiten» – also etwa Fragen dazu stellen und beantworten. Laut Datenschutzgesetz muss die Bewerberin/der Bewerber ausdrücklich eingewilligt haben. Personalverantwortliche dürfen also nicht bei der aktuellen Chefin oder dem ehemaligen Arbeitskollegen nachfragen. Und diese dürfen auch nichts sagen -, ausser wenn Betroffene sie ausdrücklich als Referenzen angegeben haben.  

Zudem: Angefragte dürfen nur Informationen geben, die für die neue Tätigkeit entscheidend sind – insbesondere also, wie sich jemand am Arbeitsplatz verhalten und welche Leistungen jemand erbracht hat. 

Und was passiert, wenn sich Personalverantwortliche nicht ans Gesetz halten?

Wer schützenswerte Personendaten bearbeitet, obwohl die betroffene Person nicht ausdrücklich eingewilligt hat, der verletzt jemanden in seiner/ihrer Persönlichkeit. Für den Fall gibt das Gesetz Betroffenen verschiedene Rechte: Sie können etwa verlangen, dass bestimmte Daten nicht bearbeitet werden dürfen, Personendaten gelöscht oder vernichtet werden. 

Aber diese Rechte bringen ja nichts!

Stimmt. Denn erstens erfahren Bewerberinnen und Bewerber in den seltensten Fällen überhaupt davon, wenn jemand hinter ihrem Rücken über sie geplaudert hat. Zwar könnte man ein Auskunftsbegehren stellen, wenn man einen Job nicht bekommt – aber wer hat schon Lust dazu? Und zweitens: All die Rechtsansprüche bringen nichts mehr, wenn zwei unerlaubt zusammen geredet haben.  

Was können Bewerberinnen und Bewerber also tun?

Faktisch kann man nicht verhindern, dass Recruiter und Firmen mit Leuten reden, die nicht als Referenz aufgeführt sind. «Hier stösst das Gesetz an seine Grenzen», sagt eine Sprecherin des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten. 

In der Hand hat man aber, welche Informationen man von sich über die sozialen Medien verbreitet – insbesondere über Plattformen wie LinkedIn. Klar, dass potenzielle Arbeitgeber auch dort schauen, wie sich jemand präsentiert. Und dann auch sehen, wo man vorher gearbeitet hat.  «Je mehr Sie auf sozialen Medien wie LinkedIn preisgeben, desto mehr Infos werden eingeholt», so die Sprecherin des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten. Allerdings: Die sozialen Medien gar nicht zu nutzen, hat auch seinen Preis – schliesslich helfen Netzwerke auch bei der Jobsuche.

Quellen für diesen Artikel
  • Datenschutzgesetz (Artikel 6 Absatz 7c, Artikel 25, Artikel 30 und 31)
  • Medienmitteilung zur Studie zum Schweizer Arbeitsmarkt 2024: «Rekrutierungspraxis im Kontext von Fachkräftemangel und KI» 
  • Gespräch mit Daniela Wittwer, Sprecherin des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten