Am Ende des Erwerbslebens müssen sich Arbeitnehmer der einen grossen Frage stellen: Soll ich mir mein Altersguthaben aus der Pensionskasse als einmalige Kapitalleistung auszahlen lassen – oder lieber als monatliche Rente? Für die Rente spricht, dass sie lebenslang garantiert ist. Für das Kapital hingegen, dass man in der Regel weniger Steuern zahlt.

Der Steuervorteil ist mehr denn je umstritten. Was daran liegt, dass immer mehr Arbeitnehmende sich für Kapitalbezüge entscheiden – und der Staat so Einnahmen verliert. 2023 bezogen erstmals mehr Versicherte das Kapital (41 Prozent) anstelle der Rente (40 Prozent), der Rest wählte eine Mischform.

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Mehr als die Hälfte der Publica-Versicherten nennt steuerliche Gründe dafür, dass sie sich für das Kapital statt für die Rente entscheiden. Das hat die Pensionskasse des Bundes 2024 untersucht. Inzwischen plant der Bundesrat höhere Steuern beim Bezug des PK-Kapitals.

Steuern sollen beim Entscheid keine Rolle spielen

Der Vorschlag ist derzeit in der Vernehmlassung – doch er dürfte es politisch schwerhaben. Spannend ist deshalb der Gegenvorschlag, den Reto Spring und Reto Leibundgut zur Diskussion stellen. Der Präsident des Finanzplanerverbands Schweiz und der PK-Experte bei der Beratungsfirma C-alm finden, die Steuern sollten beim Entscheid «Rente oder Kapital» keine Rolle mehr spielen.

Doch wie wollen sie das erreichen? Die Idee ist an sich einfach: Die beiden schlagen vor, dass die PK bei der Pensionierung die Steuer direkt abführt. Und zwar auch für Rentenbezüger. Grundlage wäre in beiden Fällen das vorhandene Altersguthaben. Die Steuern fielen dabei gleich hoch aus wie beim Kapitalbezug. Das Modell sei «einfach und gerecht», so Spring.

Der Vorteil aus Sicht der Experten: Die Rente wird attraktiver. Somit würde generell die Versuchung kleiner, das Kapital zu beziehen – was sowieso nicht in jedem Fall die klügste Entscheidung ist. Es gäbe mit einem solchen Systemwechsel ausserdem weniger Leute, die ihr Kapital vorzeitig verbrauchten und dann eventuell der Allgemeinheit zur Last fielen. 

Der Staat soll nicht mehr einnehmen

Die beiden Experten schlagen ausserdem einen pauschalen Steuersatz (Flat Tax) von zehn Prozent vor, also unabhängig von der Höhe des Altersguthabens. Sie betrachten diese Zahl als einen Ausgangswert, der durch die Politik verändert werden kann. Allerdings soll nach ihrer Ansicht die Höhe der Steuer so gewählt werden, dass der Staat nicht mehr einnimmt als heute. 

Was nach dem Steuerabzug übrig bleibt, können die Versicherten als einmalige Kapitalzahlung oder als lebenslange – und dann steuerfreie – Altersrente beziehen. So werde sichergestellt, «dass die Entscheidung zwischen Rente und Kapital nicht durch mögliche Steueroptimierungen beeinflusst wird».

«Bei gut bis sehr gut verdienenden Personen nimmt die Mobilität im Zusammenhang mit der Pensionierung deutlich zu.»

Reto Spring, Präsident des Finanzplanerverbands Schweiz

Heute lohnt es sich teilweise steuerlich, kurz vor dem Bezug des PK-Kapitals umzuziehen oder auszuwandern. Es zeige sich, so die Experten, «dass bei gut bis sehr gut verdienenden Personen die Mobilität im Zusammenhang mit der Pensionierung deutlich zunimmt». Deshalb soll die Besteuerung der PK-Rente und des PK-Kapitals – egal, ob mit einer Flat Tax oder einer progressiven Steuer – in der ganzen Schweiz einheitlich sein. Und auch bei Auswanderung gelten.

Spring sieht das auch als Mittel gegen den «Vorsorgetourismus», bei dem Reiche für den Kapitalbezug in einen Tiefsteuerkanton umziehen. In Hochsteuerkantonen müsste man in Zukunft bei Kapitalbezügen weniger Steuern zahlen als jetzt. 

Eine einheitliche Besteuerung in der ganzen Schweiz – das klingt einfach. Es wäre aber ein Eingriff in die Steuerhoheit der Kantone. Kein Wunder, dass die Politik die Vorlage der beiden Experten bisher nicht aufgenommen hat. Spring sagt, er habe zwar aus der Fachwelt rund 150 positive Rückmeldungen zum Konzept erhalten. Aber kaum welche aus der Politik – und wenn, dann «eher reservierte».

Quellen