Im März 2025 hält Arsenije Nikolic den Vorbescheid der SVA Zürich in den Händen. Die IV-Stelle spricht ihm eine volle Rente zu. Nikolic, der tatsächlich anders heisst, ist erleichtert. Doch das fast zwanzigjährige Verfahren hat Spuren hinterlassen und ihn an seine körperlichen und psychischen Grenzen gebracht.

Im vergangenen Sommer hatte sich Nikolic an den Beobachter gewandt. Ohnmächtig. Er berichtete, wie ihn die Firma Pmeda 2023 begutachtete – wie ihm das rechtliche Gehör versagt wurde, wie er als Lügner verunglimpft wurde, wie wichtige Feststellungen nicht Eingang in die Akten fanden und wie er von einem Psychiater traumatisiert wurde. Die IV-Stelle kümmerte das nicht. Sie stützte sich im März 2024 vollumfänglich auf die Pmeda-Gutachten. Und für Nikolic bedeutete das: keine Rente. 

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Pmeda wurde schon seit Jahren kritisiert

Allerdings stand Pmeda zu diesem Zeitpunkt schon jahrelang in der Kritik. Das Bundesamt für Sozialversicherungen kündigte der Gutachterfirma die Zusammenarbeit, weil die Eidgenössische Kommission für Qualitätssicherung in der medizinischen Begutachtung gravierende Fehler festgestellt hatte. Und: Kurz vor dem IV-Bescheid in Sachen Nikolic hatte das Bundesgericht sogar entschieden, dass sich Betroffene, die durch Pmeda begutachtet worden waren und in der Folge einen ablehnenden IV-Bescheid erhalten hatten, neu begutachten lassen können. 

Doch Arsenije Nikolic hadert. Sich nochmals begutachten lassen? Sich nochmals völlig einem Arzt oder einer Gutachterin ausliefern? «Ich hatte einfach keine Kraft mehr, und ich hatte extrem Angst vor einer Retraumatisierung.» Doch dann rafft sich der 54-Jährige nochmals auf. Ein letztes Mal, wie er sagt. 

Einschätzung um 180 Grad geändert

Als er die Namen der neuen Gutachterinnen und Gutachter erfährt, schickt er diesen den Beobachter-Artikel zu seinem Fall. Er hat grossen Respekt vor den Terminen. Zum Glück kennt sich die zuständige Psychiaterin mit Retraumatisierungen aus. Sie kommt zum Schluss: «Gesamthaft besteht eine schwerwiegende Beeinträchtigung der psychischen Funktionen.» Diesem Fazit folgt dann auch die IV-Stelle und ändert ihre Einschätzung innerhalb eines Jahres um 180 Grad. Mit dem guten Ausgang für Nikolic. «Ich bin erleichtert. Endlich hat man mir geglaubt.»  

Doch: Arsenije Nikolic ist kein Einzelfall. Die Firma Pmeda hat Tausende von Gutachten erstellt. Mittlerweile ist auch die Politik aktiv geworden. In der Frühjahrssession 2025 hat der Nationalrat eine Motion angenommen. Eine Gesetzesänderung soll garantieren, dass Versicherte ein Gesuch um Revision stellen können, wenn die Zusammenarbeit mit der Gutachterstelle, von der sie begutachtet worden waren, aufgrund einer Empfehlung der Kommission für Qualitätssicherung eingestellt wurde.