Darf der Staat Masken und Quarantäne vorschreiben und Treffen von mehr als 15 Personen verbieten?

Ja, wenn bestimmte Bedingungen eingehalten werden (siehe «Wann der Staat eingreifen darf»). Das schränkt zwar das Recht auf persönliche Freiheit und das Recht auf Versammlungsfreiheit ein – doch solange ein öffentliches Interesse besteht, zum Beispiel im Sinne der Volksgesundheit, darf der Staat das.

Darf die Polizei heimlich eine Person überwachen?

Die Verfassung garantiert den Schutz der Privatsphäre: Alle haben Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihres Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs. Doch auch dieses Grundrecht kann eingeschränkt werden, wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Die Strafprozessordnung liefert die gesetzliche Grundlage dafür. Wenn anzunehmen ist, dass eine Person ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat und die Ermittlungen sonst aussichtslos wären oder unverhältnismässig erschwert würden, dann dürfen Strafbehörden eine verdächtige Person an allgemein zugänglichen Orten verdeckt beobachten und dabei Bild- oder Tonaufzeichnungen machen Überwachungskameras Sie werden gerade gefilmt .

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Dürfen Angestellte streiken?

Grundsätzlich ja, gestützt auf das Grundrecht auf Koalitionsfreiheit. Streik ist danach zulässig, wenn er Arbeitsbeziehungen betrifft – und wenn keine Verpflichtung besteht, den Arbeitsfrieden zu wahren oder Schlichtungsverhandlungen zu führen. Bestimmten Berufsgruppen kann das Streiken allerdings verboten werden, etwa Polizeibeamten oder Spitalpersonal.

Ein Nachbar hat zu Unrecht eine Baubewilligung bekommen. Müssen die mir jetzt auch eine geben?

Nein. Die Verfassung verankert zwar einen Anspruch auf rechtsgleiche Behandlung. Dieses Grundrecht wird insbesondere verletzt, wenn Personen ohne vernünftige Gründe ungleich behandelt werden. Aber: Daraus lässt sich kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht ableiten.

Was ist mit Grundrechten eigentlich gemeint? Mehr dazu am Ende des Artikels unter «Grundrechte genauer erklärt».

Darf Religionsunterricht für obligatorisch erklärt werden?

Nein. Die Religionsfreiheit verankert nicht nur das Recht, einer Religionsgemeinschaft anzugehören oder religiösem Unterricht Schule Ist der Religionsunterricht obligatorisch? zu folgen. Es wird auch die Freiheit geschützt, das nicht zu tun.

Rechtsratgeber
Checkliste «Observation durch Sozialversicherung»

Wie dürfen Behörden der Sozialversicherungen zum Beispiel IV-Rentner überwachen? Was rechtlich erlaubt ist und was nicht, erfahren Sie als Beobachter-Mitglied in der Checkliste «So darf Sie die Versicherung überwachen».

Darf ein Gefängnisinsasse heiraten?

Ja. Das Grundrecht auf Ehe und Familie gilt für alle. Das bedeutet aber nicht, dass man einen Anspruch auf eine grosse Champagner-Feier mit vielen Gästen hat. Ebenfalls aus dem Grundrecht auf Ehe und Familie ergibt sich etwa das Recht, Kinder zu haben und zu erziehen. Eine Zwangssterilisation oder erzwungene Empfängnisverhütung Expertin zu Intimbesuchen «Verzicht auf Sex ist nicht Teil der Strafe» verstiesse gegen dieses Grundrecht.

Darf die Lehrerin einer öffentlichen Schule aus religiösen Gründen auf ihrem Kopftuch bestehen?

Nein. Die Lehrerin kann sich zwar auf ihre Religionsfreiheit berufen. Doch aus dem verfassungsmässigen Grundrecht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit ergibt sich auch, dass der Staat konfessionell neutral sein muss. Das Bundesgericht musste diese beiden Rechte gegeneinander abwägen. Die obersten Richter kamen zum Schluss, dass die Pflicht zur Neutralität schwerer wiegt und die Lehrerin nicht mit Kopftuch Burka-Initiative Darum geht es beim Verhüllungsverbot unterrichten darf. Aus dem gleichen Grund wäre es etwa verboten, in einem Schulzimmer oder einem Gerichtssaal ein Kruzifix aufzuhängen.

Ist es legal, Unwahrheiten zu verbreiten?

Es kommt darauf an. Grundsätzlich gilt die Meinungsfreiheit. Sie schützt prinzipiell auch unwahre Behauptungen sowie provozierende oder schockierende Äusserungen. Das bedeutet aber keinen absoluten Freipass: Es ist strafbar, etwa ehrverletzende Aussagen über jemand anderen zu verbreiten. Ebenso Äusserungen, die Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie, Religion oder sexuellen Orientierung herabsetzen oder diskriminieren.

Wann der Staat eingreifen darf

Grundrechte einzuschränken, ist möglich – aber dafür müssen alle der folgenden Bedingungen erfüllt sein:

  • Es braucht eine gesetzliche Grundlage.
  • Es muss ein öffentliches Interesse bestehen, etwa die öffentliche Sicherheit oder Gesundheit. Oder der Schutz der Grundrechte einer anderen Person rechtfertigt die Einschränkung.
  • Die Einschränkung muss verhältnismässig, das heisst geeignet und erforderlich sein. Wenn der verfolgte Zweck mit einer weniger einschneidenden Massnahme erreicht werden könnte, muss diese angewendet werden.
  • Der Kerngehalt des Grundrechts muss respektiert werden, es darf also nicht vollkommen ausgehebelt werden.
Grundrechte genauer erklärt

Was sind Grundrechte?
Sie sichern ein Mindestmass an Rechten, die für ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit und Würde unerlässlich sind. Menschen haben das Grundrecht, selbständig zu entscheiden, wie sie ihr Leben gestalten. Grundrechte sind meist in einer Verfassung verankert und können vor Gericht eingeklagt werden.
 

Welche Grundrechte gibt es?
Die Bundesverfassung listet rund 30 Grundrechte auf. So etwa das Recht auf Meinungsfreiheit, auf Schutz der Privatsphäre oder auf Rechtsgleichheit. Grundrechte können sich auch aus der kantonalen Verfassung, der Europäischen Menschenrechtskonvention oder einem anderen völkerrechtlichen Vertrag ergeben.
 

Wen schützen sie?
Grundrechte sind Menschenrechte und stehen allen zu. Erwachsenen genauso wie Minderjährigen oder Personen, die unter umfassender Beistandschaft Beistandschaft Ein Beistand nach Mass stehen. Auch die Herkunft spielt keine Rolle.
 

Sind Grundrechte unantastbar?
Nein. Eine Einschränkung darf aber nicht weiter reichen, als zur Verfolgung eines legitimen Ziels unbedingt nötig ist. Und es braucht Abwägungen, wenn der Anspruch auf das eine Grundrecht ein anderes Grundrecht verletzt (siehe «Wann der Staat eingreifen darf»).
 

Wer muss die Grundrechte einhalten?
Die Grundrechte verpflichten in erster Linie den Staat. Wer staatliche Aufgaben wahrnimmt, verpflichtet sich, zur Verwirklichung der Grundrechte beizutragen.
 

Müssen sich auch Private an die Grundrechte halten?
Nicht direkt. Wenn die Grundrechte unmittelbar unter Privaten gälten, dürfte man beispielsweise im Testament die Lieblingsenkelin nicht bevorzugen, weil das gegen Rechtsgleichheit und Willkürverbot verstiesse. Grundrechte fliessen aber indirekt in die rechtlichen Beziehungen unter Privaten ein: Bei einem Streit werden die Gesetze nämlich grundrechtskonform ausgelegt.

Es gibt wenige Ausnahmen, wo Grundrechte unter Privaten direkt anwendbar sind. So kann sich zum Beispiel eine Angestellte direkt gegenüber dem Arbeitgeber auf die in der Verfassung verankerte Lohngleichheit für Mann und Frau berufen.
 

Wie wehrt man sich, wenn Grundrechte verletzt werden?
Man kann grundsätzlich ein Rechtsmittel gegen einen Entscheid ergreifen und sich bis vor Bundesgericht dagegen wehren. Unter Umständen können Bundesgerichtsentscheide an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg weitergezogen werden.

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