Die Efas-Vorlage zur Gesundheitsfinanzierung
Am 24. November 2024 stimmen wir über die einheitliche Finanzierung der Gesundheitsleistungen (Efas) ab. Die wichtigsten Infos zu einer komplexen Vorlage.
Veröffentlicht am 4. November 2024 - 11:28 Uhr
Worum geht es?
Ambulante Eingriffe werden heute zu 100 Prozent von den Krankenkassen bezahlt. Bei stationären Behandlungen, wenn also die Patientin oder der Patient im Spital übernachten muss, beteiligt sich der Kanton zu mindestens 55 Prozent an den Kosten. Die Krankenkasse muss höchstens 45 Prozent bezahlen.
Die Efas-Vorlage möchte das ändern. Neu soll bei der Bezahlung ein einheitlicher Schlüssel gelten – unabhängig davon, ob die Behandlung ambulant oder stationär erfolgt. Auch der Pflegebereich soll neu nach diesem Schlüssel finanziert werden.
Die Krankenkasse zahlt maximal 73,1 Prozent der Gesamtrechnung, der Kanton mindestens 26,9 Prozent. Den Kantonen steht es frei, einen höheren Anteil zu übernehmen. Je weniger die Krankenkassen zahlen müssen, desto tiefer sind die Prämien im Kanton. Ein klarer Standortvorteil.
Was sind die Argumente der Befürworter?
Mit Efas können gemäss den Befürwortern jährlich 440 Millionen Franken an Prämiengeldern gespart werden. Dieser Spareffekt soll vor allem dadurch zustande kommen, dass mehr Eingriffe ambulant statt stationär durchgeführt werden. Ambulante Eingriffe sind günstiger, weil die teure Spitalinfrastruktur mit ihrem 24-Stunden-Betrieb nicht beansprucht wird.
Ein weiteres Pro-Argument: Dank Efas wird der Anstieg der Gesundheitskosten gleichmässig auf die Prämien- und die Steuerzahler verteilt. In der Vergangenheit sind die Kosten für die Versicherungen prozentual stärker angestiegen als diejenigen der Kantone. Das sorgte für einen starken Prämienanstieg in den letzten Jahren. Für alle – also auch für Geringverdienende.
Als Drittes soll Efas die Koordination in der Gesundheitsversorgung stärken. Doppeluntersuchungen oder unnötige Arztbesuche sollen so reduziert werden.
Was sind die Argumente der Gegner?
Wenn Efas angenommen wird, werden neu auch die Pflegekosten nach dem einheitlichen Verteiler finanziert. Die Krankenkassen müssten dabei im Vergleich zu heute mehr Kosten übernehmen. Die Gegner befürchten deshalb eine Erhöhung statt einer Senkung der Prämien.
Der Kantonsanteil wird neu nicht direkt zu den Leistungserbringern fliessen, sondern zu den Krankenkassen. Diese werden damit rund 13 Milliarden Franken mehr verwalten. Für die SP ist das eine Blackbox: Die demokratische Kontrolle über die Verwaltung dieses Geldes werde verschlechtert. Ausserdem werde bei der Pflege die Kostenbeteiligung der Patientinnen und Patienten steigen, weil die heutige Höchstgrenze mit Efas aufgehoben würde.
Wer befürwortet die Vorlage?
Eine breite politische Allianz von Bund, Kantonen und Gemeinden sowie Parteien, darunter die Mitte, die Grünliberalen, die SVP und die FDP. Zudem befürwortet eine grosse Anzahl der Akteure im Gesundheitswesen die Vorlage. Etwa der Ärzteverband FMH, der Spitalverband H+, der Schweizerische Apothekerverband sowie Interpharm.
Wer lehnt die Vorlage ab?
Über Efas stimmen wir ab, weil der Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) das Referendum ergriffen hat. Der Vorlage ablehnend gegenüber stehen auch der Schweizerische Gewerkschaftsbund und die SP. Die Grünen und die Gewerkschaft Travailsuisse haben Stimmfreigabe beschlossen.
3 Kommentare
NEIN zu EFAS: Drei gute Gründe
Krankenkassenprämien steigen: Mit der Reform würden die Kosten der Pflegeheime und Spitex neu hauptsächlich von den Krankenkassen übernommen. Der Anteil der Kantone sinkt. Die ungerechten Kopfprämien für alle drohen noch schneller zu steigen als heute schon! Dazu kommt: In 17 Kantonen, darunter Zürich, Bern, Basel und Luzern, würden die Prämien sofort um rund 310 Millionen Franken steigen.
Mehr aus der eigenen Tasche zahlen: Wer im Heim oder zu Hause gepflegt wird, muss sich zusätzlich zu den Prämien an den Kosten beteiligen. Der Beitrag ist derzeit auf maximal 15.- pro Tag für Pflege zu Hause und 23.- im Pflegeheim begrenzt. Die Reform streicht diese Höchstgrenzen aus dem Gesetz!
Mehr zahlen fürs Spital: Wer ins Spital muss, soll künftig aus Franchise und Selbstbehalt für die gesamten Behandlungskosten zahlen, statt wie bisher nur für 45 Prozent. Für eine ganz gewöhnliche Blinddarm-Operation heisst das zum Beispiel: 371 Franken mehr aus der eigenen Tasche zahlen.
NEIN zu EFAS: Es wären noch höhere Krankenkassenprämien zu erwarten.
Bei EFAS handelt es sich im Wesentlichen um eine einfache Machtverschiebung von den öffentlichen Trägerschaften zu den Krankenkassen. EFAS verleiht den Krankenkassen noch mehr Macht, da sie zusätzlich zu den Krankenkassenprämien auch Milliarden Franken an Steuergeldern erhalten werden.
EFAS ermöglicht es den kantonalen Behörden, die Verantwortung für Alters- und Pflegeheime sowie die Langzeitpflege abzuwälzen. Dieser Bereich gilt als lukrativ und wird von profitorientierten Unternehmen und multinationalen Konzernen ins Visier genommen.
EFAS unterwirft das Personal in Heimen und der Altenpflege einem gewinnorientierten System, was zu Lasten der Pflegequalität und der Arbeitsbedingungen geht.
Und: Die Bevölkerung wird diesen Ausverkauf durch höhere Krankenkassenprämien finanzieren müssen!
NEIN zu EFAS: Kantonsfinanzen nicht auf Kosten der Versicherten sanieren!
Da die Kantone als Besitzer der öffentlichen Spitäler und die Privatspitäler ein ökonomisches Interesse an einer guten Spitalbelegung haben, und die Kantone gemäss EFAS nur noch 26,9% - statt den bisherigen 55% - der Kosten übernehmen müssten, käme es nicht zur erwünschten Verlagerung von einer stationären zu einer ambulanten Behandlung.
Zusätzlich käme es mit EFAS zu vermehrten (unnötigen) Hausarztbesuchen, weil die Kantone rund einen Viertel der ambulanten Kosten übernehmen würden.
Auch bei der Langzeitpflege entlasten sich die Kantone auf Kosten der Selbstzahlenden und der Krankenkassen. Diese Kosten werden wegen der Überalterung der Gesellschaft in Zukunft noch ansteigen.
Nein zu dieser Mogelpackung!