«Meinem Sohn wurden 75 Paar Krücken verrechnet»
Ein 16-Jähriger muss wegen eines Vorfalls am Knie ins Spital. Er bekommt ein Paar Krücken – und später eine Rechnung über 1720 Franken. Verrechnet wurden 75 Paar Krücken.
Veröffentlicht am 31. Januar 2025 - 06:00 Uhr
«Mein Sohn ist bald 16 Jahre alt. Er besuchte im vergangenen Sommer das Jungwacht-Blauring-Lager in Bad Ragaz. An einem Abend im Gemeinschaftszelt stolperte er über eine Sitzbank. Dabei sprang ihm die Kniescheibe aus dem Gelenk.
Fachleute nennen das eine Luxation oder eine Kniescheibeninstabilität. Der Volksmund sagt, man habe die Kniescheibe ‹ausgerenkt›. Das kann sehr schmerzhaft sein, ist aber sonst nicht weiter schlimm. Er konnte die Kniescheibe auch selber wieder richten.
Doch um sicher zu sein, dass keine Bänder verletzt sind, brachten ihn die Lagerleiter ins Spital Walenstadt, das zum Kantonsspital Graubünden gehört. Dort wurde sein Knie geröntgt. Alles war in Ordnung, und er konnte kurz darauf mit einem Paar Krücken wieder ins Lager zurück.
Hilfsmittel für 1720 Franken
Die Rechnung ging vom Spital direkt zur Krankenkasse, eine Kopie erhielt ich nicht. Erst als ich Wochen später von der Krankenkasse die Leistungsabrechnung mit einem Gesamtbetrag von über 2000 Franken erhielt, wurde ich skeptisch.
Der Beobachter-Prämienticker
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Unter dem Begriff ‹Hilfsmittel› waren 1720 Franken aufgelistet. Kurzerhand rief ich im Spital an und erkundigte mich ironisch, ob mein Sohn damals einen Elektrorollstuhl erhalten habe. Die zuständige Person fand das nicht so lustig, immerhin ging man der Sache nach. Später teilte man uns mit, dass unserem Sohn versehentlich 75 Paar Krücken verrechnet wurden.
Ich habe auch die Krankenkasse informiert. Diese forderte den fehlerhaften Betrag vom Spital zurück. Gemäss der korrigierten Leistungsabrechnung kosteten die Stöcke Fr. 23.50. Ich kann kaum glauben, dass niemand diesen Fehler bemerkt hat. Bei der Krankenkasse hat sich nie jemand bei mir bedankt.
So kann niemand prüfen
Mir ist klar, dass die Krankenkasse nicht beurteilen konnte, dass der Betrag zu hoch war. Auf der Rechnung steht ja auch nur ‹Hilfsmittel›. So kann gar niemand überprüfen, ob die Rechnung korrekt ist. Für mich ist klar: Genau solche fragwürdigen Abrechnungen tragen mit dazu bei, dass die Gesundheitskosten immer weiter steigen.»
Aufgezeichnet von Otto Hostettler
Das sagt das Kantonsspital Graubünden dazu
«Wir haben standardmässig im System hinterlegt, dass Rechnungskopien automatisch ausgelöst werden. Im vorliegenden Fall kam es leider zu einem technischen Problem. Dem ursprünglichen Betrag lag schlicht ein Erfassungsfehler zugrunde, wofür wir uns entschuldigen. Hier haben unsere eigenen Prüfungsmechanismen nicht wunschgemäss funktioniert.»
Das sagt die Krankenversicherung Helsana dazu
«Fehlverrechnungen und besonders bewusst missbräuchliche Verrechnungen ahnden wir konsequent – zum Schutz unserer Versicherten, aber auch aus Fairness gegenüber den Partnern, die ihre Leistungen korrekt in Rechnung stellen. Fehler in der Tarifierung, doppelte Rechnungen oder Leistungen, die nicht im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) vergütet werden, werden automatisch herausgefiltert. Zudem versucht eine Spezialabteilung, Unregelmässigkeiten ausfindig zu machen. Jährlich sparen wir bei Helsana 500 bis 600 Millionen Franken zugunsten der Prämienzahlenden. Wir sind sehr froh um Hinweise seitens der Patienten. Denn nur sie wissen, welche Leistungen tatsächlich erbracht wurden.»
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1 Kommentar
Kommt dazu, das der Leitungserbringer gesetzlich verpflichtet ist, dem Patienten die Rechnungskopie zuzustellen! Das unterlassen einige Leistungserbringer lieber.