Vor rund 15 Jahren schwoll mein Bein plötzlich stark an. Der Arzt diagnostizierte eine genetisch bedingte Thrombose. Ich bekam Medikamente verschrieben, und mein Zustand stabilisierte sich schnell. Lange Zeit hatte ich keine Beschwerden mehr. 

Halbe Dosis, gleicher Preis

Nach meiner Covid-Erkrankung litt ich wieder verstärkt unter der Thrombose, diesmal in beiden Beinen. Mein Angiologe (Gefässspezialist) verschrieb mir zunächst täglich 20 Milligramm des Medikaments Xarelto, reduzierte die Dosis später jedoch auf 10 Milligramm.

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Nach dem Bezug dieser neuen Tabletten stellte ich jedoch Erstaunliches fest: Der Wirkstoff betrug nur noch die Hälfte, der Preis aber blieb unverändert bei 260 Franken pro Packung.

Der Beobachter-Prämienticker

Der Prämienticker schaut Lobbyisten und Profiteuren des Gesundheitswesens auf die Finger, deckt Missstände auf und sammelt Erfahrungen von Patienten, die unnötige Ausgaben vermeiden konnten.

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Der Versuch, zu sparen 

Ein Geizhals bin ich zwar nicht, sparsam hingegen schon. So erwog ich, die 20-Milligramm-Tabletten einfach zu halbieren, um auf diesem Weg an die 10 Milligramm zu kommen. 

Als ich diesen Vorschlag meinem Arzt unterbreitete, lehnte er schroff ab. Er meinte, es sei verboten, die Tabletten zu halbieren, weil der Wirkstoff innerhalb der Tablette ungleich verteilt sein könnte. Auch mein anschliessendes Nachhaken beim Apotheker endete mit der Aufforderung, ich müsse die 10-Milligramm-Tabletten nehmen.

Ein Merkblatt des Genfer Universitätsspitals bestätigte, dass man Xarelto-Tabletten teilen kann.

Ich konsultierte darauf noch eine andere Apothekerin. Sie fand im Internet ein Merkblatt des Genfer Universitätsspitals, das bestätigte, dass man Xarelto-Tabletten teilen kann.

Auch das Kantonsspital Aarau hat ein solches Merkblatt, wo man nachschauen kann, ob eine Tablette teilbar ist. Meine Hausärztin verschreibt mir seither 20-Milligramm-Tabletten mit dem Vermerk «zum Teilen». 

Krankenkasse spart 500 Franken 

Seit bald drei Jahren nehme ich täglich eine halbe 20-Milligramm-Tablette zu mir und habe keinerlei Beschwerden. Auch medizinisch wurde mir vor kurzem im Rahmen einer Untersuchung bestätigt, dass alles in Ordnung sei.

Zudem spart meine Krankenkasse dadurch pro Jahr ungefähr 500 Franken.

Ich benutze einen Tablettenteiler, eine kleine Halterung, mit der es einfach und präzise klappt.

Ich verstehe bis heute nicht, wieso mir wiederholt davon abgeraten wurde, die Tabletten zu halbieren. Der einzige mögliche Grund, den ich fand, war, dass die Tablette vielleicht zu klein für eine exakte Teilung sei.

Ich benutze aber einen Tablettenteiler, eine kleine Halterung, mit der es einfach und präzise klappt.

Wenn mir ein Arzt ein Medikament oder eine Therapie verschreibt, versuche ich immer, nachzufragen und das Gespräch mit dem medizinischen Fachpersonal zu suchen.

Ausserdem würde ich mir wünschen, dass die Pharmaindustrie ihre Geschäftspraktiken überdenkt und Medikamente mit niedrigerer Dosierung auch zu einem günstigeren Preis anbietet. Es wäre nicht nur für Patienten, sondern auch für das Gesundheitssystem eine spürbare Entlastung.

Daniel Mühlemann; aufgezeichnet von Alexander Lüthi

Das sagt man bei Bayer AG, Herstellerin des Medikaments Xarelto: 
Auf die Frage des Beobachters, warum Xarelto-Tabletten nicht geteilt werden dürfen, heisst es bei der Bayer AG: «Patientinnen und Patienten sollten sich mit Fragen zur Dosierung und Einnahme spezifischer Medikamente immer direkt an die behandelnde Ärztin wenden. Wenn die Tabletten nicht als Ganzes eingenommen werden, kann die korrekte Dosierung nicht gewährleistet werden, was schwere gesundheitliche Folgen nach sich ziehen kann.» Weil die Kosten für Forschung, Entwicklung, Produktion und Vertrieb für die Tabletten trotz unterschiedlicher Dosierung gleich hoch seien, sei derselbe Preis für verschiedene Dosierungen gerechtfertigt.

Das sagt der zuständige Gefässspezialist:
Der Angiologe, der dem Patienten erklärte, das Teilen von Tabletten sei verboten, nahm auf Anfrage des Beobachters keine Stellung.

Stellungnahmen des Universitätsspitals Genf und des Kantonsspitals Aarau:
Sowohl das Universitätsspital Genf als auch das Kantonsspital Aarau, die Xarelto auf ihren Listen von teilbaren Tabletten aufführen, raten auf Anfrage des Beobachters davon ab, ohne Rücksprache mit dem behandelnden Arzt dauerhaft ein Medikament anders als zugelassen einzunehmen.