Methylenblau: Der Hype um das gefährliche «Wundermittel»
Die Chemikalie Methylenblau wird in den sozialen Medien als Allheilmittel angepriesen. Der Beobachter beleuchtet die Hintergründe dieses riskanten Trends.
Veröffentlicht am 11. Februar 2025 - 15:36 Uhr
Methylenblau wird beworben: Influencer zeigen ihre blaue Zunge.
Im Internet häufen sich derzeit Videos von Leuten, die stolz ihre blau verfärbte Zunge präsentieren und die angeblichen Vorzüge von Methylenblau anpreisen. Sogar der designierte US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. soll die Chemikalie konsumieren. Doch was bewirkt diese blaue Flüssigkeit, und weshalb raten Fachleute dringend von der Einnahme ab? Der Beobachter ist der Sache nachgegangen.
Färbemittel und Notfallmedikament
Methylenblau ist eine Chemikalie, die ursprünglich eingesetzt wurde, um Kleider zu färben. Es gibt jedoch auch eine medizinische Anwendung des Stoffes. In der Schweiz ist Methylenblau als Notfallmedikament zugelassen. Bei Blutvergiftungen durch bestimmte Chemikalien oder Arzneimittel wird es von medizinischem Fachpersonal direkt in die Blutbahn injiziert.
Fragwürdige Theorien
Methylenblau wird allerdings auch anderweitig angewandt. Sogenannte Biohacker verdünnen die Chemikalie mit Wasser und preisen sie im Internet als Nahrungsergänzungsmittel an. Sie wollen ihren Körper erforschen und stellen dabei zum Teil auch fragwürdige Theorien auf. So soll Methylenblau den Alterungsprozess verlangsamen, das Gedächtnis verbessern und sogar Krebs heilen.
Gesundheit wird gefährdet
«Derzeit gibt es keine fundierten klinischen Studien, die diese Vorteile für den Menschen belegen», schreibt der Schweizerische Apothekerverband Pharmasuisse auf Anfrage des Beobachters. Von einer Einnahme rät der Verband ab.
«Methylenblau kann grosse gesundheitliche Risiken bergen, insbesondere wenn es ohne medizinische Notwendigkeit oder in falscher Dosierung konsumiert wird», schreibt Pharmasuisse. Zu den Nebenwirkungen gehören unter anderem Übelkeit, Kopfschmerzen und sogar schwerwiegende Bluthochdruck-Komplikationen.
Kein Verkauf in Apotheken
Auch in der Schweiz scheint Methylenblau auf reges Interesse zu stossen. Hunderte Male wurde der Begriff in den letzten Tagen gegoogelt. Als Medikament ist Methylenblau nicht für den freien Verkauf vorgesehen und als Nahrungsergänzungsmittel nicht zugelassen. «Apotheken verkaufen Methylenblau üblicherweise nicht an Endverbraucher», schreibt Pharmasuisse.
Trotz den Warnungen findet man im Internet zahlreiche Anbieter, die Methylenblau verkaufen. Das liegt daran, dass der Stoff weiterhin als Färbemittel eingesetzt werden kann. Dafür mag er durchaus taugen.
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