Das Portal nennt sich «Talentsucher» und Miriam Heller meldete sich spontan für eine Arbeit im Onlinebusiness. «Flexible Arbeitszeiten im Homeoffice», hiess es.

Die Frau, die eigentlich anders heisst, erhoffte sich einen Nebenverdienst. Doch statt täglich 200 bis 350 Franken zu verdienen, war sie in Kürze 6000 Franken ärmer.

Den Link zum angeblichen Jobvermittler fand sie auf einem Stellenportal im Internet. Bei «Talentsucher» musste sie lediglich ihren Namen und ihre Telefonnummer im Onlineformular eintragen. Wenige Minuten später meldete sich «Jessica von Galaxus» per Whatsapp. 

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Schritt-für-Schritt-Anleitung ins Desaster

Was Miriam Heller nicht wusste: «Jessica» kontaktiert andere Bewerber auch im Namen der Migros oder anderer bekannter Unternehmen.

«Jessica» ist womöglich auch keine Frau, mit Sicherheit aber eine Person mit betrügerischen Absichten. Und: Das betrügerische Bewerbungsportal ist zuvor auch schon in Deutschland negativ aufgefallen. «Jessica» versprach Miriam Heller, die Arbeit benötige nur ein bis zwei Stunden täglich, sie müsse lediglich Produkte von Galaxus bewerten.

Sobald diese «Tasks» erledigt waren, sollte Miriam Heller eine Vergütung erhalten.

Miriam liess sich darauf ein – was sie bis heute bereut. Gleichzeitig schämt sie sich, den Betrug nicht früher erkannt zu haben. 

Schritt für Schritt wurde sie angeleitet: Zuerst erhielt sie Zugang zu einem Onlineshop, der demjenigen von Digitec Galaxus täuschend ähnlich sah, aber eine Fälschung war.

Im Gegensatz zu der Masche mit den gefälschten Webshops, die Betrüger für Phishing nutzen, wollen sie ihre Opfer direkt zur Zahlung von Geld verleiten.

Miriam Heller musste jeweils 38 Produkte positiv bewerten, um angeblich den Absatz der Waren zu fördern. Sobald diese «Tasks» erledigt waren, sollte Miriam Heller eine Vergütung erhalten. Doch zuerst musste sie Geld einzahlen.

Einzahlung, um Lohn zu erhalten

Abgewickelt wurden diese Transaktionen über eine Krypto-App, hier hatte sie eine Art elektronisches Portemonnaie. Um in der Kryptowährung eine Zahlung auszulösen, musste sie zuerst per Kreditkarte ihr Konto «aufladen».

Die versprochenen Provisionen, so weit sie überhaupt flossen, wurden von der Krypto-App auf ihre Kreditkarte gutgeschrieben.

Weil Miriam Heller keine Ahnung von Kryptowährungen hatte, leitete «Jessica» sie an – Schritt für Schritt: App herunterladen, installieren, Konto erstellen, Kryptogelder kaufen – mit der eigenen Kreditkarte.

«Jessica» schickte ihr für jeden Schritt ein Bildschirmfoto. Bald entstand ein vertrauter Austausch.

«Als ich aber anschliessend 60 Franken ausbezahlt erhielt, glaubte ich, dass dieses System funktioniert.»

Miriam Heller (Name geändert)

Nur kurz hinterfragte Miriam Heller das Ganze, als sie das erste Mal für 53 Franken ihr Konto «aufladen» sollte. Sie wollte ja eigentlich Geld verdienen und nicht bezahlen. «Als ich aber anschliessend 60 Franken ausbezahlt erhielt, glaubte ich, dass dieses System funktioniert.» 

Die Beträge, die sie bezahlen musste, wurden grösser, bald waren es mehrere Hundert Franken. Es kam auch immer wieder Geld zurück, allerdings nicht viel. Gesamthaft gerade mal 65 Franken.

Die Beträge, die sie einzahlen musste, nahmen hingegen stetig zu. Mal musste sie 900 Franken bezahlen, später 2300 und schliesslich waren es 5000 Franken. Immer mit der Aussicht, gleich einen wesentlich höheren Betrag vergütet zu bekommen.

Kreditkartenlimit erreicht – zum Glück

Doch plötzlich war sie mit ihrer Kreditkarte am Anschlag, ihre Limite ausgeschöpft. Das war letztlich Miriam Hellers Glück.

«Jessica» bot zwar an, sie könne die 5000 Franken auch in zwei Tranchen bezahlen. Aber: «Ich hatte keine Möglichkeit mehr, weiteres Geld einzuzahlen.» 

Heute schaut sie selbstkritisch zurück: «Ich hätte es merken müssen» sagt Miriam Heller. Sie habe auch nie hinterfragt, weshalb es bei einem neuen Job nie zu einem persönlichen Gespräch gekommen sei. 

Betrüger verstecken sich hinter Krypto-Plattform

Was Miriam Heller nicht wusste: Die Betrüger manipulierten sie von A bis Z. Kein seriöser Arbeitgeber verlangt von Angestellten einen Vorschuss zur Auszahlung eines Lohns.

Und: Ermittler beobachten in jüngster Zeit vermehrt, dass Betrüger ihre Identität dank Krypto-Transaktionen erfolgreich verstecken können. Denn Überweisungen finden direkt zwischen zwei Personen statt – wer Geld bezahlt, hat keine Kontonummer (IBAN) des Empfängers. Folglich kann dieser auch nicht direkt identifiziert werden.

«Ich rechne nicht damit, dass ich von den 6000 Franken etwas zurückerhalte.»

Miriam Heller (Name geändert)

Miriam Heller ist ernüchtert: «Ich rechne nicht damit, dass ich von den 6000 Franken etwas zurückerhalte.» Sie hat zwar Strafanzeige eingereicht.

Das wird aber nichts an der Tatsache ändern, dass man der Hintermänner kaum habhaft werden kann. 

Digitec Galaxus konnte inzwischen immerhin die betrügerische Website sperren lassen. Ein Sprecher sagt: «Wir kommunizieren mit unseren Bewerbenden nicht per Whatsapp.»

In keinem Moment des Bewerbungsprozesses müssten Stelleninteressierte «Anzahlungen» leisten.

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So erkennen Sie betrügerische Inserate

  • Prüfen Sie bei Stellenportalen, ob ein vollständiges Impressum aufgeführt ist. 
  • Bewerbungen oder Bewerbungskorrespondenz via Whatsapp sind unseriös. 
  • Eine Bewerbung bei einer seriösen Firma läuft nach einem geordneten Prozedere ab (Bewerbungsschreiben mit Lebenslauf, Motivationsschreiben, Bewerbungsgespräch et cetera).
  • Senden Sie nie per Whatsapp oder E-Mail persönliche Daten oder Kopien von Identitätspapieren an Unbekannte. 
  • Nehmen Sie kein Geld von Unbekannten entgegen, das Sie womöglich an eine (unbekannte) Person oder Firma weiterleiten sollen.