Onlinehändler erhöht plötzlich Preis – dürfen die das?
Digitec Galaxus verschickt günstige Ware und will im Nachhinein mehr Geld. Der Beobachter erklärt, was bei Preisen gilt.
Veröffentlicht am 14. Februar 2025 - 13:41 Uhr
«Systemfehler» beim Preis: Digitec Galaxus, Zentrallager in Wohlen AG
Ein Kunde bestellt eine Skibrille für Fr. 58.90. Und bekommt bald eine Mail von Digitec Galaxus: Der Preis sei durch einen Systemfehler zustande gekommen, die Skibrille koste eigentlich 208 Franken mehr. Wenn ihm das zu teuer sei, könne er den Artikel zurückschicken. Dabei bezieht sich der Shop auf seine allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Das berichtet der «Tages-Anzeiger».
Sind Preise denn nicht verbindlich?
Doch, das sind sie grundsätzlich. Sobald der Kaufvertrag geschlossen ist, können weder Käufer noch Verkäufer den Preis ändern. Entscheidend ist der Zeitpunkt, zu dem sich beide über Gegenstand und Preis einig sind. Also bei einer Onlinebestellung der Moment, in dem der Kunde den Button klickt, um verbindlich zu bestellen.
Weshalb soll dann Digitec Galaxus nachträglich den Preis erhöhen können?
Aus zwei Gründen. Erstens steht im Gesetz, dass sich ein Vertragspartner wehren kann, wenn er sich geirrt hat. Aber nur dann, wenn der Irrtum ein wesentlicher ist. Im Gesetz stehen Beispiele. Wesentlich ist ein Irrtum, «wenn der Irrende eine Leistung von erheblich geringerem Umfange sich hat versprechen lassen, als es sein Wille war». Das ist ein sogenannter Erklärungsirrtum: Die Firma Digitec Galaxus hat etwas anderes erklärt, als sie eigentlich wollte.
Zweitens steht in den AGB von Digitec Galaxus, dass ein Angebot stets unter der «auflösenden Bedingung» steht, dass der Preis fehlerhaft angegeben war.
Ist das rechtlich überzeugend?
Das Schweizerische Konsumentenforum (KF) sagt gegenüber dem «Tages-Anzeiger», dass für die Wesentlichkeit des Irrtums nicht nur der eigentliche Preis zum Zeitpunkt des Kaufs entscheidend ist. Sondern auch Preise, die vorher galten. Wenn die Skibrille zum Beispiel schon einmal für 100 Franken zu haben war, könnte der Irrtum kein wesentlicher mehr sein – weil die Differenz zu klein ist.
Und die Klausel in den AGB? Schliesslich geht sie sehr weit – der Shop gibt sich damit die Freiheit, bei allen möglichen Preisfehlern auszusteigen. Auch bei nicht erheblichen: zum Beispiel, wenn die Skibrille fälschlicherweise für 266 statt für 267 Franken angeschrieben gewesen wäre. Ein Gericht könnte die Klausel als unüblich und damit nicht verbindlich beurteilen, sagt das KF. Es hat wegen der Klausel Beschwerde eingereicht beim Staatssekretariat für Wirtschaft.
Was können Kundinnen und Kunden tun?
Wer ein Produkt schon erhalten hat und hartgesotten ist, kann es darauf ankommen lassen und schauen. Das geht so: den Gegenstand behalten und nur den tieferen, bei der Bestellung akzeptierten Preis bezahlen. Dann müsste der Verkäufer aktiv werden. Etwa indem er für die Preisdifferenz eine Betreibung einleitet. Dagegen können Käuferinnen Rechtsvorschlag erheben. Damit ist das Verfahren gestoppt und geht erst weiter, wenn der Shop vor Gericht geht. Aber das ist mit Aufwand verbunden und lohnt sich bei kleinen Beträgen nicht.
Allerdings: Wer hart bleiben will, braucht starke Nerven. Und wer weiss schon, was eine Richterin entscheiden würde?
- «Tages-Anzeiger»: Plötzlich war das Schnäppchen bei Digitec Galaxus 208 Franken teurer
- Obligationenrecht: Artikel 24
- Beobachter-Merkblatt: Überrissene Preise