Die Migros will billiger werden. Im November kündigte sie an, die Preise von 1000 Produkten zu senken. Das wird auch Fleischprodukte betreffen. Und hier werden Abstriche gemacht. Migros-Chef Mario Irminger bestätigte, dass die Migros das Ziel aufgegeben habe, bei Importfleisch gleiche Mindeststandards zu garantieren wie bei Schweizer Fleisch.

Das kritisieren nun Tierschützer. 68 Tierschutzorganisationen haben einen offenen Brief an die Migros gerichtet. Man habe «mit Bestürzung zur Kenntnis genommen, dass die Migros den eingeschlagenen Pfad zur Verbesserung des Tierwohls verlassen will».

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Es solle demnach «ganz bewusst Fleisch in die Schweiz eingeführt werden, das nicht den hiesigen minimalen Tierhaltungsanforderungen entspricht und somit im Sinne der schweizerischen Gesetzgebung als tierquälerisch einzustufen ist», schreiben sie.

«Versprechen an Generation M verletzt»

Das widerspreche dem von Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler geprägten Grundsatz der gesellschaftlichen Verantwortung der Migros, so die Organisationen. Darunter sind die Stiftung für das Tier im Recht (TIR), Pro Nutztier und der Dachverband Berner Tierschutzorganisationen.

Durch den Entscheid verletze die Migros auch ihr konkretes «Versprechen an die Generation M, die Schweizer Tierhaltungsstandards bei all ihren Produkten aus dem Ausland einzuführen».

Migros weist Vorwürfe zurück

Dieser Vertrauensbruch mache das beteuerte Nachhaltigkeits-Engagement der Migros unglaubwürdig. Die Organisationen fordern die Migros auf, ihre Verantwortung für das Tierwohl wieder ernst zu nehmen und die ursprünglichen Standards beizubehalten respektive sogar auszubauen.

Die Migros sagt dazu gegenüber dem Beobachter, die Vorwürfe seien unzutreffend und stünden in keinem Zusammenhang mit ihrer Tiefpreisstrategie.

Die Migros sei die erste Schweizer Detailhändlerin, die die Tierwohlbewertung für Fleisch mit dem M-Check transparent ausweise. Es könne sein, dass Importfleisch eine schlechtere Bewertung als konventionelles Schweizer Fleisch habe, gibt man bei der Migros zu. Durch den M-Check fördere man aber Transparenz und gebe «unseren Kundinnen und Kunden die Freiheit, bewusst zu entscheiden».

«Gefahr für inländische Fleischproduzenten»

Die Tierschützer kritisieren derweil weiter, der Import von ausländischem Billigfleisch habe zur Folge, dass einheimische Anbieter es schwer hätten, konkurrenzfähig zu produzieren. Dadurch seien die Existenz von Betrieben und Arbeitsplätze im Inland gefährdet.

Bei der Migros heisst es dazu, man lege grossen Wert darauf, lokale Rohstoffe zu nutzen, und betreibe deshalb eigene Schlacht- und Verarbeitungsbetriebe in der Schweiz. Man importiere Fleischsorten, bei denen die lokale Produktion nicht ausreiche, um die Nachfrage zu decken, wie etwa bei Pouletfleisch.

Huhn oder Ei?

Die Tierschützer greifen Migros-Chef Irminger auch direkt für seine Aussage an, die Abkehr von früheren Nachhaltigkeitszielen habe damit zu tun, dass man die Leute nicht «erziehen» wolle, sondern verkaufe, was nachgefragt sei. Diese Annahme sei realitätsfern, so die NGOs. «Menschen greifen zu Produkten, die attraktiv und günstig sind – auch wenn sie sich damit selbst oder anderen schaden.»

Es sei nicht die Nachfrage, die das Angebot bestimmt, sondern umgekehrt: Der Handel präge das Konsumverhalten durch die Produkte, die er anbiete und bewerbe. Eine Huhn-oder-Ei-Frage.

Die man bei der Migros so beantwortet: Man biete neben tierischen Produkten auch pflanzliche Alternativen – da beides nachgefragt würde. Ziel sei es, transparent zu informieren, wie viel Tierwohl im Produkt stecke.

Quellen