Kommentar zum Covid-19-Gesetz
Sie wollen dem Bundesrat einen Denkzettel verpassen
Die Initianten des Referendums gegen das Covid-19-Gesetz wollen die Macht des Bundesrats einschränken, strafen dabei aber Betroffene. Ein Kommentar.
Veröffentlicht am 18. Mai 2021 - 10:44 Uhr
Ein Referendum aus Prinzip? Um dem Bundesrat für seine Coronapolitik einen Denkzettel zu verpassen? Schauen wir uns die Vorlage zum Covid-19-Gesetz genauer an.
Zu Beginn der Pandemie, vor über einem Jahr, rief der Bundesrat die ausserordentliche Lage aus. Damit schuf er die Grundlage für den Erlass des Notrechts. Dann schränkte er das gesellschaftliche Leben stark ein und gab zugleich einen zweistelligen Milliardenbetrag frei, um die Wirtschaft vor dem Kollaps zu bewahren.
«Das Covid-19-Gesetz hat nichts mit den Corona-Schutzmassnahmen zu tun.»
Anina Frischknecht, Beobachter-Redaktorin
Fast zwanzig Entscheide traf der Bundesrat unter Notrecht. Ohne dass das Parlament mitentscheiden konnte. Mit dem Covid-19-Gesetz wurden diese Entscheide letzten September auf eine rechtliche Basis gestellt. Das Gesetz gilt also schon länger. Jetzt stimmen wir nur darüber ab, ob es noch bis Ende Jahr weiterlaufen soll. Auf dann ist es ohnehin befristet.
Einige Leute denken vielleicht, das Gesetz habe etwas mit den Corona-Schutzmassnahmen zu tun. Das ist aber nicht der Fall. Das Herzstück des Gesetzes ist die millionenschwere finanzielle Unterstützung für Unternehmen, Selbstständige, Sportler und Künstler. Bei einem Nein wäre diese Unterstützung gefährdet. Für genau dieses Nein ist der Verein «Freunde der Verfassung». Im Januar reichten sie ein Referendum ein, das von 90'000 Personen unterschrieben wurde. Also von fast doppelt so vielen wie nötig.
Ihre Begründung: Der Bundesrat verdient für seine Coronapolitik einen Denkzettel. Sie finden das Gesetz unnötig. Finanzierungsleistungen liessen sich anders lösen. Sie fürchten, mit diesem Gesetz würden die Weichen für eine Impfpflicht gestellt, und dass das Gesetz dem Bundesrat die Durchsetzung einer autoritären Herrschaft ermögliche.
Der «Denkzettel» ginge an Betroffene
Auch im Parlament wurden die Details zum Gesetz zum Teil heftig diskutiert. Aber fast alle Parteien, Organisationen und Verbände sind sich einig: Demokratiepolitisch ist das Gesetz ein Fortschritt. Dank dem Gesetz bekommt man die Pandemie besser in den Griff. Der Entscheidungsmacht des Bundesrats wurden im Gegensatz zur Zeit unter Notrecht Leitplanken gesetzt. Es gibt keine neuen Massnahmen, ohne dass Parlament, Kantone und Sozialpartner einbezogen werden.
Ich würde sagen: Aussergewöhnliche Situationen rechtfertigen aussergewöhnliche Massnahmen. Bei einem Nein würde die gesetzliche Grundlage für die aussergewöhnlichen Massnahmen wegfallen. Bereits im September würden die Sicherheitsnetze wie die Härtefallhilfe oder die Kurzarbeitsentschädigungen nicht mehr greifen.
Der «Denkzettel» ginge nicht an den Bundesrat, sondern an diejenigen, welche die finanzielle Hilfe nötig haben. Lassen wir Arbeitnehmerinnen, KMUs und die Selbstständigen in dieser Krise im Regen stehen, nehmen Konkurse, Arbeits- und Perspektivlosigkeit zu. Das schadet uns allen.
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5 Kommentare
etwas spät, aber besser als nie; persönlich finde ich diesen Beitrag als sehr kompakt, kurzweilig, informativ und gut gesprochen! Aber bitte sucht nächstes mal ein besseres Standbild, nicht dass ich als Mama bei meiner Tochter persönlich nachgefragt muss, ob sie das sei!?!? lg N.Frischknecht-Kamer
In der Arena vom 28. Mai haben sich die offenen Fragen geklärt. Wie Bundesrat Alain Berset in Minute 51 bestätigte, fallen bei einem Nein zum Covid-Gesetz auch alle nach dem 25.9.2020 eingeführten Verschärfungen dahin. Seine Antwort auf die Klärungen von David Trachsler - ein einfaches schlichtes "das stimmt".
Es lohnt sich die ganze SRF Arena vom 28.5.2021 auf SRF Play anzuschauen.
Was Sie hier sagen ist schlicht falsch.
Ein Nein zum Covid Gesetzt bedeuten ein Nein zu allen Ergänzungen die seit letztem September gemacht wurden. Zb den Artikel 3a11 Geimpfte Personen:
1 Personen, die mit einem Covid-19-Impfstoff geimpft sind, der zugelassen ist und erwiesenermassen gegen die Übertragung schützt, wird keine Quarantäne auferlegt.
Es ist schlicht Nötigung zwei eigentlich unabhängig Gesetzte so zu verbinden, dass man Ja zu massiven Grundrechtsbeschneidungen, der Umkehr der Unschuldsvermutung uvm. sagen muss, nur damit zwingend nötigen finanziellen Unterstützung nicht wegfallen!
Das sehe ich auch so. Der Bunderat rühmt sich, in der Corona-induzierten Krise rasch gehandelt zu haben. Es ist nicht nachvollziehbar, warum dies bei dem Themengemisch, das das Covid-19-Gesetz darstellt, nicht auch möglich sein soll im Sinne einer sauberen Trennung von Inhalten. Somit würde der Souverän nicht vor die Wahl gestellt, ob die rechte oder die linke Hand hergeben. Wer will schon Unternehmen und Selbständigen, die unverschuldet in wirtschaftliche Not geraten sind, Staats-Entschädigungen versagen? Wer aber gleichzeitig nicht Tür und Tor für ein „umfassendes“ wenn auch nutzloses Contact Tracing mit mangeldhaftem Datenschutz und Impfungen mit bedingter Zulassung wegen laufender Studien öffnen möchte, könnte geneigt sein, dennoch für das gefährliche Gesetz zu stimmen. Aber zum Glück zeigt ein Teil des Parlamentes, was auch in dieser Situation rasches und vernünftiges Handeln bedeutet: Die Staats-Entschädigungen können in ein gesondertes Gesetz überführt werden. Dies wurde bereits von 20 Parlamentariern angestossen und kann in der Sommersession umgesetzt werden! Somit werden notwendige wirtschaftliche Hilfen von gefährlichem Unrecht entkoppelt, neue oder alte Fassung im Abstimmungsbüchlein hin oder her. Denn ungleich unserem nördlichen Nachbarn gilt in der Schweizer immer noch: Es gibt Alternativen, und zwar viel bessere.
Einen "Denkzettel" verpassen? Wie kindisch ist das denn!
Pandemien bekämpft man nicht mit Volksabstimmungen, sondern mit raschem, zielgerichteten Handeln. Vom Ausmass der Pandemie überrascht, passierten der Regierung bei ihren Massnahmen Fehler, da Erfahrungen fehlten, diese erst gesammelt werden mussten.
Die Gegner sprechen vom "Souverän" (damit sind wir gemeint) der über solche Dinge entscheiden soll. Wollen wir bei der nächsten Seuche in einer Volksabstimmung über die Massnahmen entscheiden? Wer von uns Otto Normalschweizer könnte das? Ich nicht, das überlasse ich gerne einer handlungsfähigen kompetenten Regierung.
Dass Geimpfte und Genesene von Covid Einschränkungen befreit werden, ist für mich selbstverständlich, da nicht mehr notwendig. Deshalb verstehe ich nicht, warum Impfgegner und Quirldenker wollen, dass Geimpfte und Genesene weiterhin denselben Einschränkungen unterworfen werden wie sie.