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Willkommen zu «Das war richtig wichtig». Hier ordnen wir immer freitags die wichtigsten Nachrichten der vergangenen Woche für Sie ein.

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Anrede

Das Zitat der Woche

2023 war ein dunkles Jahr für den Journalismus in der Schweiz. Und das neue Jahr hat im selben Stil begonnen: Fast alle grossen Verlage haben kräftig gespart – mehrere Hundert Medienschaffende haben ihren Job verloren. So etwas habe sie in derartigem Tempo und in diesem Umfang in ihren 25 Jahren als Mediengewerkschafterin noch nicht erlebt, sagt Stephanie Vonarburg dazu. Aber sie sieht nicht nur schwarz.

«Der Abbau schafft auch Platz für neue Angebote.» – Stephanie Vonarburg, Gewerkschafterin bei Syndicom

Durch den Abbau würden nämlich auch publizistische Lücken entstehen. Und diese würden andere, alternative und kleinere Medien füllen, hofft sie. Hoffen wir mal, dass sie recht behält.

Wohnungsnot: Behörden wollen den Bau förder

Darum gehts: Bund, Kantone, Städte, Mieter- und Vermieterverbände haben am Dienstag einen Aktionsplan vorgestellt, mit dem sie die Wohnungsknappheit bekämpfen wollen. Er enthält 35 Massnahmen und zielt darauf, dass mehr, schneller, verdichteter und günstiger gebaut werden soll. Allerdings sind die wenigsten dieser Massnahmen neu – und bei den meisten geht es darum, dass erst mal etwas geprüft wird. Zum Beispiel, wie Baubewilligungsverfahren beschleunigt werden könnten. 

Warum das wichtig ist: Die Mieten steigen, und ein Ende ist nicht in Sicht. Eine bezahlbare Wohnung zu finden, gehört heute zu den grössten Sorgen der Menschen in der Schweiz. Das Problem ist: Es gibt zu wenig Wohnraum für die wachsende Bevölkerung. Und trotz grosser Nachfrage sieht es nicht danach aus, dass bald genügend neue Wohnungen gebaut werden – im Gegenteil. 

Das sagt der Beobachter: Wohnungsknappheit und teure Mieten sind ein Problem, und zurzeit kann es der Markt nicht lösen. Warum das so ist, hat der Beobachter bereits vor einem Jahr aufgezeigt. Jetzt scheinen das auch die Politikerinnen und Politiker erkannt zu haben, und zwar aller Couleur. Immerhin. Im Aktionsplan fehlt aber der Wille, konkret auf mehr günstigen Wohnraum hinzuarbeiten – aus Rücksicht auf die mächtige Immobilienlobby. Dabei gäbe es vielversprechende, ganzheitliche Ansätze wie die 10-Minuten-Nachbarschaften. Sie benötigen aber entschlossenes politisches Handeln, vor allem in der Raumplanung.

⇒ Jetzt lesen: Uns gehen die Wohnungen aus

Über «Das war richtig wichtig»

Was hat die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher gemacht? Und wo gings eher rückwärts? Wo weiterlesen, wenn Sie es genauer wissen möchten? Wir liefern Ihnen immer freitagmittags drei bis vier wirklich wichtige Nachrichten – kompakt, verständlich und mit Haltung aufgeschrieben. Auch als E-Mail abonnierbar.

Cyberkriminalität: Hacker verkaufen Handynummern

Darum gehs: Auf einem russischen Internetmarktplatz wird aktuell ein Tool angeboten, mit dem Hacker die Handynummern eines «grossen Schweizer Providers» kapern können. Allerdings ist der Preis dafür – 12’000 Dollar – ziemlich tief. Mehrere Fachleute, die der Beobachter kontaktiert hat, zweifeln darum an der Seriosität des Angebots. Unklar ist auch, um welchen Provider es sich handelt. 

Warum das wichtig ist: Mit dem Tool, so es denn echt ist, könnten Kriminelle Ihre Passwörter zurücksetzen und sich in Websites einloggen, die damit verknüpft sind – etwa ins Onlinebanking. Ein Hacker berichtet, er habe mit dem Tool mehrere Dutzend Nummern kapern können. Swisscom, Salt und Sunrise sagen auf Anfrage, sie sähen keine Anzeichen, dass sich jemand unbefugt Zugang verschafft habe.

Das sagt der Beobachter: Die Schweiz wird immer beliebter bei russischen Cyberkriminellen. Sie ist lukrativ, weil hier viele namhafte und damit wertvolle Unternehmen ihren Sitz haben, sagte der IT-Security-Experte Abdelkader Cornelius letztes Jahr zum Beobachter. Da lohnt es sich, zumindest jene Vorkehrungen zu treffen, die man selbst in der Hand hat.

⇒ Wie, erklären wir im Video: Jeder Nutzer ist für Hacker interessant

Schweiz verletzte Menschenrecht: Asbest-Opfer bekam kein faires Verfahren

Darum gehts: Die Schweiz muss die Klage von Hinterbliebenen eines Asbest-Opfers neu beurteilen, das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entschieden. Das Bundesgericht hatte argumentiert, der Fall sei verjährt. Der Europäische Gerichtshof hält hingegen fest, dass eine durch Asbest verursachte Krankheit bis zu 45 Jahre nach dem Kontakt auftreten kann – und die Schweiz das berücksichtigen müsse.

Warum das wichtig ist: Der EGMR hat die Schweiz damit – noch nicht rechtskräftig – wegen Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren verurteilt. «Wenn das Bundesgericht dem Urteil folgt, öffnet das Asbest-Opfern, denen die Verjährung bis jetzt im Weg stand, die Türe für den Gang vor Gericht», sagt Beobachter-Rechtsexpertin Julia Gubler.

Das sagt der Beobachter: Bereits im Jahr 2014 hat der EGMR die kurzen Fristen in der Schweiz in einem Asbest-Fall gerügt. Erst ganze sechs Jahre später hat sich das Parlament dazu durchgerungen, die Verjährungsfrist für solche Fälle von 10 auf 20 Jahre zu verlängern. Im Wissen, dass dies bei Krankheiten mit langen Latenzzeiten noch immer zu kurz ist. Trotzdem hielt das Parlament an den 20 Jahren fest. Es bleibt abzuwarten, ob die Schweiz Beschwerde gegen das Urteil einlegt oder ob das Bundesgericht dem Urteil folgt und damit die Frist und den Willen des Parlaments aushebelt. Folgerichtig wärs.

Konsumentenrechte: Im Ausland prozessieren wird einfacher – nicht für Personen in der Schweiz

Darum gehts: Die EU will es ihren Bürgerinnen und Bürgern erleichtern, gerichtlich gegen Personen und Firmen aus anderen Ländern vorzugehen. Dafür schafft sie eine digitale Anlaufstelle. Schweizerinnen und Schweizer können sie aber nicht nutzen. Man sehe keine Möglichkeit dafür, sich irgendwie an die neue Anlaufstelle anzubinden, heisst es beim Bund diese Woche lapidar.

Warum das wichtig ist: Ob das Handykabel von Amazon oder die Ferienwohnung auf Airbnb – wir konsumieren immer internationaler. Umso wichtiger ist es, dass wir auch ennet der Grenze für unsere Rechte kämpfen können, wenn die Anbieter nicht halten, was sie versprechen. Heute lohnt sich eine Klage jedoch fast nie, weil sie zu teuer und aufwendig ist. 

Das sagt der Beobachter: Was für EU-Bürgerinnen möglich ist, soll auch für Schweizer möglich sein. Ob bei Sammelklagen oder dem Schutz vor überhöhten Preisen – die Schweizer Politik hält Konsumentenrechte generell klein. Umso nötiger ist Druck. Auch von den Medien. Der Beobachter bleibt dran.

Was gab noch zu reden? Am meisten wohl das Schlitten-Mietverbot für Juden in Davos. Der Urheber – ein Wirt einer Skihütte – bat inzwischen um Entschuldigung, ihm droht eine Anklage wegen Diskriminierung. Einmal nachdenken und innehalten, bevor man verallgemeinert und alle in einen Topf wirft – was so einfach gesagt und oft so schwierig umzusetzen ist, wäre fürs Wochenende doch ein guter Vorsatz, finden wir.

Geschrieben haben diesen Überblick diesmal Raphael Brunner, Oliver Fuchs und Julia Gubler.

Bis nächste Woche. Wir bleiben für Sie dran.