Schuhkrise an bester Lage
Ein Schuhgeschäft nach dem anderen schliesst. Selbst Traditionsmarken kämpfen um ihre Existenz. Vor allem in Zürich ist die Branchenkrise deutlich sichtbar.
Veröffentlicht am 9. Dezember 2019 - 10:38 Uhr
In der Stadt Zürich schliessen die Schuhläden in Serie. Die Krise trifft auch einst gefeierte Stars der Branche. Zum Beispiel den Denner-Erben Philippe Gaydoul, der mit Navyboot grosse Pläne hatte. Das Geschäft in Dietlikon ZH und eine Filiale in der Zürcher Innenstadt sind bereits Geschichte. Am Zürcher Bellevue soll Ende Jahr Schluss sein, in Zürich-Altstetten Ende März. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Filialen in Pratteln BL und Bern-Wankdorf ist nur noch die Frage offen, wann ihr letzter Arbeitstag sein wird. Wie lange Gaydoul seine Outlet-Geschäfte noch offen hält, will er partout nicht sagen.
Um die Konkurrenz steht es nicht besser. Vögele Shoes sieht sich «aufgrund der Marktentwicklung und der veränderten Kundenbedürfnisse» gezwungen, 2019 schweizweit 15 Filialen abzubauen. Das Zürcher Schuhcafé hat nach 29 Jahren seine zwei Filialen für immer geschlossen. Bei der einzigen Schweizer Filiale der Berliner Shoepassion ist Ende Jahr Schluss.
4,7 Prozent weniger Umsatz als im Vorjahr – es steht schlecht um die Kleider- und Schuhbranche.
Das Schuhhaus Walder betrieb in der Blüte 50 Filialen, jetzt noch 38. Daniel Walder, der es in sechster Generation führt, sagt: «Filialen, die keine Freude machen, die macht man zu.» Ende Januar wird er den Standort St. Gallen aufgeben.
Auch an Jelmoli in Zürich geht die Krise nicht vorbei, die Zahl der Mitarbeitenden scheint zu sinken. «Jelmoli führt nach wie vor die grösste Schuhwelt der Schweiz», beschwichtigt Marketingleiterin Monica Monsch. «Die Anzahl der Mitarbeitenden variiert in der Einsatzplanung von Woche zu Woche oder gar von Tag zu Tag.»
Vögele Shoes und Walder betonen zwar, sie hätten auch einzelne Filialen eröffnet. Doch die Zeichen stehen insgesamt sehr schlecht. Die Kleider- und Schuhbranche hat laut Credit Suisse zwischen Januar und September 4,7 Prozent weniger Umsatz gemacht als im Vorjahr.
In Wahrheit sei der Rückgang noch grösser, sagt Alex Wick, der mit Wick Shoes zwei Geschäfte in Zürich besitzt. «Bei meiner Filiale am Rennweg ist der Umsatz in den letzten Jahren durchs Band um 8 bis 12 Prozent zurückgegangen.» Nur mit ständigen Ausverkäufen könne man das Minus noch klein halten. Doch Wick weigert sich bisher standhaft, seine rahmengenähten Schuhe mit Rabatt zu verkaufen.
Der Abwärtstrend werde andauern, das Lädelisterben weitergehen, sagt Credit-Suisse-Ökonomin Tiziana Hunziker. Immer mehr Umsatz gehe an den Onlinehandel und da vor allem an ausländische Anbieter wie Zalando . Der deutsche Online-Riese habe letztes Jahr in der Schweiz Waren im Wert von rund 800 Millionen Franken verkauft. Das ist ein Zehntel des gesamten Bekleidungs- und Schuhmarktes. Und Zalando werde dieses Jahr weiter zulegen, so Hunziker.
Horrende Ladenmieten und der Einkaufstourismus haben die Krise noch verstärkt. Zum Problem geworden sind auch die Rabatte. «Die Leute haben sich daran gewöhnt und kaufen regelmässig im Ausverkauf», sagt Jan Wengeler, ehemaliger Chef der Mall of Switzerland in Ebikon LU. Früher gab es nur den Sommer- und Winterschlussverkauf – heute ist ständig «Sale».
Der Schuhhandel müsse deutlich innovativer werden, meint Dosenbach-Chef Jürgen Pinggera. «Künftig werden jene Konzepte erfolgreich sein, die den stationären und den Onlinehandel am besten verschmelzen lassen.» Ochsner-Chef Patrik Pörtig rechnet mit weiteren Schliessungen und fordert ein Umdenken. Es werde in Zukunft weniger um den reinen Produktverkauf gehen. Man müsse der Kundschaft künftig «mehr relevante Erlebnisse und Services» bieten.
Auch das wird das Lädelisterben nicht aufhalten. Schon jetzt ist klar: Verlieren wird das Personal. Die meisten entlassenen Verkäuferinnen und Verkäufer werden wohl die Branche wechseln müssen.
Ob übers Internet, im grenznahen Gebiet oder während eines Ferienaufenthalts: Wer im Ausland einkauft, darf den Zoll nicht vergessen. Beobachter-Mitglieder erfahren, woran sie seriöse Onlineshops erkennen und erinnert sie zudem an die aktuellen Bestimmungen bei der Einfuhr von Waren.
1 Kommentar
Vor ein paar Wochen wollte ich in einer Vögele shoes Filiale Winterschuhe kaufen. Ich trage als Frau Grösse 42. Nachdem ich den ganzen Laden abgesucht hatte nach Schuhen dieser Grösse, fragte ich eine Verkäuferin wo ich denn diese finden könne.
Nirgends, sie führten keine Schuhe Grösse 42 mehr im Sortiment. Einzelne Filialen hätten noch einzelne Paare. Ich solle doch online bestellen. Dies möchte ich eben nicht, deshalb ging ich ja in die Filiale. Aber was bleibt mir anderes übrig, wenn das Angebot im Laden immer kleiner wird und ich die gesuchte Grösse nur noch online kaufen kann?