Papierkrise spitzt sich zu
Das Geschäft mit Zeitungen und Zeitschriften wird schwieriger. Die Preise für Papier sind explodiert. Die Krise hat aber noch weitere Folgen.
Veröffentlicht am 1. April 2022 - 16:12 Uhr
Ob Abstimmungsunterlagen oder Windeln, Lebensmitteletiketten oder Fresszettel – Papier ist in unserem Alltag eine Selbstverständlichkeit. Eine, die nun zur Mangelware wird.
Seit Beginn der Pandemie stiegen die Preise für Papier, seit Anfang Jahr explodieren sie förmlich. «Viele Papiersorten sind seit dem Januar im Vergleich zu Ende 2021 um 20 bis 25 Prozent teurer geworden. Und im Februar gleich nochmals 30 bis 40 Prozent», schreibt der Schweizer Arbeitgeberverband der Druckindustrie (Viscom) auf Anfrage.
Die Gründe sind so vielfältig wie der Rohstoff selbst. Im Schatten der Digitalisierung schrumpfte der Markt für Papier. Das Büro wird digitaler , und die Medien setzen mehr auf digitale als gedruckte Ausgaben. Die Nachfrage nach Zeitungspapier in Westeuropa brach um 35 Prozent ein, wie Perlen Papier schreibt, die einzige Fabrik, die in der Schweiz noch Zeitungspapier herstellt. Statt Papier werde lieber Karton produziert. Das schenkt ein, E-Commerce benötigt Paket um Paket. Und ist der Zellstoff erst einmal im Kartonkreislauf, ist er für die Papierproduktion verloren. Deshalb fehlt es auch an Altpapier. Das treibt den Preis weiter an.
Akutes Versorgungsproblem in der Etikettenbranche
Zu schaffen macht der Branche auch der wegen des Ukrainekriegs rasant gestiegene Strompreis. Es braucht viel Energie, um Holz in Zellstoff zu zersetzen, ihn dann zu Papier zu waschen und zu pressen. Ein A4-Blatt verschlingt so viel Strom wie eine LED-Lampe in neun Stunden. Hinzu kommt ein anhaltender Streik in der finnischen Papierindustrie, der Papier noch teurer macht; Finnland ist wichtiger Produzent von Papier und Zellstoff. Kurz: Der Papiersektor ist mitten in einem Sturmtief, dessen Auswirkungen weit reichen.
So warnte Intergraf, der europäische Dachverband der Druckindustrie: Der Papiermangel betreffe auch die Lieferketten für lebenswichtige Produkte wie Lebensmittel und Medikamente und könne erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft haben. Bereits akut sei das Versorgungsproblem in der Etikettenbranche. Laut Intergraf wissen viele Etikettendruckereien nicht mehr, wie sie an genügend Papier kommen sollen.
84 Prozent teurer ist das Papier für den Beobachter in einem Jahr geworden.
Auch die Schweizer Medien, die mit sinkenden Auflagen und wegbrechenden Einnahmen kämpfen, bekommen das teure Papier zu spüren.
Auf eine Umfrage des Beobachters hiess es vor allem bei kleineren Verlagen und Zeitungen, dass die Preise sie umtreiben. «Felix», eine Lokalzeitung aus Arbon TG, schreibt, dass man für Papier 80 Prozent mehr zahlen müsse und für das laufende Jahr mit Mehrkosten von fast 14'000 Franken rechne. Beim Ostschweizer Kulturmagazin «Saiten» macht der höhere Papierpreis 7,5 Rappen pro Heft und 0,7 Prozent des Budgets aus. Komplett CO2-neutral zu produzieren, koste «Saiten» dagegen nur 2,5 Rappen pro Heft. Noch seien diese Mehrkosten verkraftbar.
Auch der Beobachter ist betroffen. Das Papier, auf dem dieser Text im aktuellen Beobachter-Heft gedruckt wurde, wurde in den letzten zwölf Monaten 84 Prozent teurer. Einen einheitlichen Preis gibt es nicht, er hängt von der Papierart und der eingekauften Menge ab.
Die Papierkrise und ihre Folgen bereiten dem Schweizer Verlegerverband Sorgen. Noch hätten zwar viele Verlage und Druckereien genügend Papier an Lager, doch wenn es weiterhin so teuer bleibe und gleichzeitig auch die Zustellungstarife der Post weiter stiegen, würden die ohnehin schon strapazierten Budgets der Verlage weiter leiden.
«Umso wichtiger wäre das vom Volk abgelehnte Medienpaket gewesen», so Geschäftsführer Stefan Wabel. Man müsse jetzt mit Hochdruck Alternativen zur Medienförderung finden. Eine schnelle Lösung aber fehlt bis jetzt. Für die Medien wie für die Papierbranche.
1 Kommentar
Medienförderung: Wider den Markt!
Subventionierung, sei sie noch so gut gemeint, heisst Marktverzerrung, heisst Abkehr vom Leistungsprinzip, Abkehr vom Grundsatz der freien Marktwirtschaft, dass nur Geld verdient, wer etwas herstellt, was dem Bedürfnis eines anderen entspricht. Es ist eine Abkehr vom der Marktwirtschaft inne wohnenden Altruismus, der Notwendigkeit, etwas für eine Nachfrage herzustellen. Das ist nicht nur ökonomisch falsch, es ist auch moralisch problematisch – sowohl bei den Medien, wie beim Filmgesetz und bei den hunderten von weiteren Subventionen des Staates.