Höchstens eine halbe Million Franken wollte Familie Schatzmann für einen Anbau an ihr Bauernhaus in Anglikon AG ausgeben. Weil in ihrem Haus drei Generationen unter einem Dach zusammenleben, braucht die Familie immer mehr Platz. Walter Schatzmann und sein Sohn Matthias planten deshalb, anstelle der alten Scheune ein zusätzliches Wohnhaus zu bauen, und beauftragten eine Architektin mit der Bearbeitung des Projekts. «Von Anfang an lautete unsere Vorgabe, dass dieser Bau maximal 500'000 Franken kosten dürfe», sagt Walter Schatzmann.

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Preisanstieg um 70 Prozent



Für Schatzmann gelten Wort und Handschlag noch etwas - doch anscheinend nicht für die Architektin: «Nach mehr als einjähriger Planungsphase eröffnete sie uns plötzlich, dass das Projekt 50 Prozent mehr kosten würde», so Schatzmann. Daraufhin lud die Familie einen Architekten ein, sich die Lage vor Ort anzuschauen. Dieser Experte kam zum Schluss, dass zusätzlich bis zu 100’000 Franken für eine Hangsicherung und für Anschlussgebühren zu budgetieren wären. Gesamtkosten: 850’000 Franken. Angesichts solcher Überraschungen ist Walter Schatzmann die Lust am Bauen vergangen. «Der Anbau war uns am Ende zu teuer.» Vorerst ist das Projekt auf Eis gelegt.

Laut Luzius Theiler vom Hausverein Schweiz stellen Baupfusch und Kostenüberschreitungen die häufigste Ursache für Probleme beim Bauen dar. «Verzögerungen, Baumängel und Mehrkosten sind an der Tagesordnung und gehen oft Hand in Hand.» Bezeichnend ist für Theiler schon allein die Tatsache, dass in der Schlussabrechnung Bauten oft teurer, aber kaum je günstiger werden.

Die Unternehmer kämpfen mit harten Bandagen - und dementsprechend gross ist die Versuchung, Offerten bewusst tief zu halten. Bei Neubauten machen es sich Verkäufer zudem zunutze, dass die Kundschaft auf «Schnäppchen» aus ist - ein möglichst grosses Eigenheim zum tiefstmöglichen Preis.

Für die Anbieter geht diese Rechnung umso besser auf, weil heute ein grosser Teil der neu erstellten Häuser ab Plan verkauft wird. Architekt Samuel Gerber aus Zürich nennt die Risiken: «Ein noch nicht gebautes Haus ist kein klar spezifiziertes Produkt.» Im Klartext: Wer ein Haus ab Plan kauft, riskiert, die Katze im Sack zu kaufen.

Die Wahrheit gibts nur in Häppchen



Zwar halten Verkäufer meist fest, wie viel sie etwa für Küche, Bad, Bodenbeläge oder Umgebungsarbeiten vorsehen. Diese Budgets werden jedoch oft bewusst tief angesetzt im Wissen, dass sich die wenigsten Käufer für die billigste Ausführung entscheiden. Wie teuer die Wohnung oder das Haus wirklich wird, realisieren viele Käufer erst bei der Schlussabrechnung.

Wenn im Baubeschrieb Brutto- oder Nettopreise aufgeführt sind, ist mancher Käufer am Ende seines Lateins. «Brutto» sind in der Regel jene Preise, die in Ausstellungen und Katalogen angeschrieben sind. Ein Installateur, Architekt oder Generalunternehmer kann die Produkte aber meistens mit grosszügigen Rabatten zu Nettopreisen beziehen. Ein Küchenbudget von «20’000 Franken netto» ist deshalb meist mehr wert als eines von «25’000 Franken brutto».

Wer sich für ein Haus oder eine Wohnung interessiert, sollte darauf achten, dass die Budgetpositionen in einem angemessenen Verhältnis zum Gesamtpreis liegen. Für eine Küche in einem gängigen Standard sind 15’000 bis 25’000 Franken einzusetzen, für ein Bad rund 5000 Franken - und bei Bodenbelägen kostet auch preiswertes Parkett zwischen 90 und 120 Franken pro Quadratmeter.

Es gilt viele Fallstricke zu beachten



Selbst Generalunternehmer, die mit dem Slogan «Termine und Kosten garantiert» auf Kundenfang gehen, bieten nur begrenzte Sicherheit. Auch sie verbuchen Projektänderungen und zusätzliche Arbeiten auf dem Konto «Unvorhergesehenes»; je nach Anbieter oder Unternehmer fallen auf allen Änderungen zusätzliche Honorare von 20 Prozent und mehr an. Speziell teuer wird es, wenn die Planung schon weit gediehen ist oder wenn die Bauarbeiten bereits im Gang sind.

Käufer sollten sich vor allem vergewissern, ob der vertraglich vereinbarte Leistungskatalog vollständig ist. Bei Verkäufen von Fertig- oder Systemhäusern ist es gut möglich, dass Vorbereitungsarbeiten, der Aushub einer Baugrube, Nebenkosten, Anschlussgebühren sowie Garten- und Umgebungsarbeiten nicht im Preis inbegriffen sind.

Architekt Samuel Gerber empfiehlt allen Eigenheimkäufern, sich gängiger Hilfsmittel zu bedienen: Dazu zählt unter anderem der detaillierte Baukostenplan, der in der Branche Standard ist. Diese Aufstellung umfasst sämtliche Details eines Bauprojekts - vom Architektenhonorar über Erdarbeiten, Bodenbeläge und Blitzschutz bis zu Kanalisations- und Elektroleitungen auf dem Grundstück. Gerber: «Als Käufer würde ich prüfen, ob der Baubeschrieb wirklich alles enthält, was da erwähnt ist.»

Wer diesen Aufwand scheut, tut trotzdem gut daran, nicht blindlings den Verkaufsunterlagen zu vertrauen. Als Alternative bietet sich an, die Verkaufs- und Vertragsunterlagen zuerst einem unabhängigen Experten vorzulegen. «Die vergleichsweise geringen Ausgaben für eine fachliche Begleitung sollten Hauskäufer nicht scheuen», sagt der Winterthurer Bauherrenberater Hansueli Füllemann. Wer die Zeit für eine gründliche Prüfung oder für die Expertenhonorare sparen will, wird dies am Ende teuer bezahlen müssen.